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Die verzauberten Frauen

Die verzauberten Frauen

Titel: Die verzauberten Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Schulz
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Hier, wo deine Frau ist!«
    »Vielleicht sollten wir Kinder kriegen? Dann wüssten wir, wo wir zu sein haben.«
    »Bist du verrückt? Kinder als Druckmittel? Das ist typisch männlich!«
    »Hör auf mit dem Quatsch, Andrea! Es geht nicht um Ideologie, sondern um unser gemeinsames Leben. Immerhin haben wir beide gewisse Träume, die wir mit unserer Hochzeit zu verwirklichen versuchten.«
    »Ja eben! Und kaum habe ich das Hochzeitskleid in den Schrank gehängt, da verschwindest du nach Kloster Eberbach! Ich hätte wissen müssen, dass eine Ehe mit einem Polizisten nicht zu führen ist. Aber ganz unmöglich ist sie mit einem Spinner. Das ist doch abartig!«
    »Etwas zieht mich dorthin! Ich gebe zu, es mag eigenartig aussehen. Aber offensichtlich habe ich dort etwas aufzuarbeiten, was mich beschäftigt. Es ist jedenfalls keine Flucht vor dir, bitte glaub mir das!«
    »Vor was denn sonst?«
    »Ich weiß es nicht. Ich nehme an, es hat überhaupt nichts mit Flucht zu tun.«
    »Also gut. Und was machen wir nun?«
    »Lass uns ein Kind machen.«
    Ihre Züge waren verhärtet, enttäuscht. Doch langsam entspannten sie sich. Andrea begann zu lächeln.

    Mitten in der Nacht klingelte das Telefon. Velsmann schreckte auf, rieb sich die Augen. Andrea schlief neben ihm. Der Gedanke an das, was sie vor wenigen Stunden getan hatten, ließ ein weiches Gefühl in ihm aufsteigen. Er tastete nach dem Hörer.
    »Ja?«
    »Stehen Sie auf«, vernahm er die Stimme von Staatsanwalt Amendt.
    »Wie spät ist es denn?«, wollte Velsmann gähnend wissen.
    »Es ist Zeit«, sagte Amendt. »Pfedder ist hier, Küchler und Schwan kommen gerade. Nur Sie fehlen noch.«
    »Was ist denn los?«
    »Die Hölle hat ihre Pforten geöffnet, Inspektor.«
    Velsmann hatte den Staatsanwalt, einen ruhigen, felsenfesten Mann noch nie so erlebt. Seine Stimme glich einem unfreiwilligen Flüstern, so als hielte ihm jemand ein Messer an die Gurgel.
    »Was ist passiert?«
    »Wir haben einen Mord reingekriegt. Und was für einen.«
    »Wo?«
    Amendt nannte eine Adresse am Petersberg.
    »Ich komme.«
    Velsmann krabbelte an seine Frau heran und küsste sie auf das rechte Ohr. Sie regte sich, seufzte.
    »Was ist denn Martin?«
    »Amendt, ich muss los, Liebling. Ich melde mich. Schlaf weiter.«
    Als er die Schlafzimmertür hinter sich zuzog, blickte er zurück. Andrea saß aufrecht im Bett. Fünf Minuten später an der Wohnungstür küsste sie ihn wortlos.
    Während der Autofahrt versuchte Velsmann das Bild zu verdrängen, das Andrea ihm geschenkt hatte. Glück, Befriedigung, Seligkeit. Je näher er dem Petersberg kam, umso lauter hörte er ein metallisches Geräusch in sich anschwellen. Es war die Tatortmusik. Er kannte sie, seit er im Dezernat für Schwerverbrechen war. Der Lärm der Gewalt.
    Vor dem fraglichen Einfamilienhaus standen Einsatzwagen mit Blaulicht, alles war abgesperrt. Schwan empfing ihn.
    »Es ist oben im ersten Stock«, sagte er. »Wappnen Sie sich. So was haben Sie noch nicht gesehen.«
    »Beschreiben Sie es«, bat Velsmann.
    »Lieber nicht, Inspektor. Mir kommt das Kotzen.«
    Martin Velsmann blickte ihn missbilligend an und betrat das Haus. Es war Montagmorgen, fünf Uhr dreißig. Sie gingen vom Eingangsbereich die Treppe hinauf.
    In dem Augenblick, als sie das große Zimmer betraten, war für Velsmann nichts mehr wie vorher.
    Er sah das Blut überall. Die Klumpen von feuchtem Fleisch. Den Torso eines Menschen in einem verschmierten Lehnstuhl. Ein Rest, der einmal ausgesehen hatte wie ein Mensch. Und die Menschenhaut. Aufgespannt vor dem Fenster, zwischen dem Fenstergriff und dem Garderobenständer. Es tropfte auf den ehemals hellen Teppich. Dort, wo der Kopf sein musste, wo jetzt blondes Haar ergeben herabgesunken war, zeigten sich der herausgeschnittene Mund und die herausgeschnittenen Augen.
    Velsmann stand wie erstarrt. Lass es nicht wahr sein, dachte er. Mach es ungeschehen. Er versuchte an Andrea zu denken. Es gelang ihm nicht.
    Er ging tiefer in den Raum hinein.
    »Kurzfassung, Küchler«, sagte er fassungslos.
    Der Assistent räusperte sich. Er stand geduckt da, wie auf dem Sprung. Seine Stimme glich einem Kratzen. »Nachbarn haben die Polizei gerufen. Der Hund schlug unaufhörlich an. Jemand hörte Geräusche.«
    »Was für Geräusche.«
    »Wie von etwas Elektrischem.«
    »Wo ist der Hund jetzt?«
    »In der Garage. Offenbar vergiftet.«
    »Sind die Nachbarn vernehmungsfähig?«
    »Nein. Sie werden aber von Sanitätern betreut.«
    »Was gibt es sonst

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