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Die verzauberten Frauen

Die verzauberten Frauen

Titel: Die verzauberten Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Schulz
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er gehen. Aber er vergeudete nur seine Nacht, er besaß keine Aufgabe.
    Er erreichte sein Haus.
    Hinter einem der Fenster im ersten Stock brannte ein schwaches Licht. Es bewegte sich jetzt.

    Natürlich steckte Velsmann der Besuch der drei Bullen noch in den Knochen. Das war nicht nur Polizei. Das war Staatsmacht. Er hatte eine Sphäre berührt, in der es ungemütlich wurde.
    Er rief Karen Breitenbach im Präsidium an und berichtete ihr von der Sache. Beiden war danach klar, dass ihr Diensttelefon abgehört wurde. Velsmann wusste nicht, ob das inzwischen auch auf seinen Anschluss zutraf. Auf alle Fälle wollte er Breitenbach nicht in Schwierigkeiten bringen. Sie sollte ihn auch nicht mit ihrem Handy, sondern nur noch von einer öffentlichen Telefonzelle aus anrufen, obwohl es in Fulda kaum noch welche gab. Unzureichende Vorsichtsmaßnahmen, das war Velsmann klar. Aber er wollte es der anderen Seite nicht unnötig leicht machen, sie nur ärgern. Er verabschiedete sich in aller Deutlichkeit mit schönen Grüßen an die Mithörer.
    Velsmann beschloss, Andrea gegenüber das Gespräch mit den Beamten zu verschweigen. Aber als sein Sohn ihm von seinen Entdeckungen berichtet hatte, war er nicht mehr sicher, ob das richtig war. Sie würde es auf jeden Fall erfahren.
    Denn für ihn gab es jetzt kein Zurück mehr. Velsmann war entschlossener denn je, weiterzumachen.
    Die ganze Sache stank doch zum Himmel!

    Tibor hatte sich jede einzelne der Jahreszahlen vorgenommen, die auf der Kopie des Pergamentes standen. Martin Velsmann verfolgte gebannt, wie sein Sohn in den Welten geheimnisvoller Daten und Zahlenreihen operierte. Es gab ja inzwischen virtuelle Archive, die von jedermann angezapft werden konnten.
    Aber die Archive streikten in diesem Fall. Sie gaben die Geheimnisse aller Jahreszahlen auf dem Pergament nicht preis. Schon über die ersten beiden Daten, 53 und 1346, war nichts Gravierendes in Erfahrung zu bringen. Zumindest im mitteleuropäischen Raum hatte sich nichts ereignet, was im Zusammenhang mit dem Fall gesehen werden konnte.
    1648 war eindeutiger. Der Dreißigjährige Krieg war endlich mit dem Westfälischen Friedensschluss zu Ende gegangen. Und der Führer der englischen Deisten, Herbert von Cherbury, war ermordet worden. Das musste damals ein Schock gewesen sein.
    1777 ergab auch nichts Verwertbares. Für 1801 siebte Tibor den scheußlichen Mordfall auf der Loreley und die legendäre Rheinreise von Clemens von Brentano und Achim von Arnim aus den Filtern. Mehr Ereignisse, die infrage kamen, ergab die Goldwäsche in historischen Gewässern nicht.
    Auch für 1946 schwiegen die Archive. Nur regionale Aufbauarbeiten nach dem Krieg, neue Bündnisse, transatlantische Wirtschaftsprogramme, Reden vor Parlamenten. Das konnte wohl nicht gemeint sein.
    1961 war in Berlin die Mauer gebaut worden, die Schandmauer, der antifaschistische Schutzwall. Und Martin Velsmann hatte als Junge Kloster Eberbach besucht. Es war die Zeit gewesen, in der man das mysteriöse Grab geöffnet hatte. Dies war ein Datum, das im Fokus stehen konnte. Aber wohl kaum für einen Verfasser in früheren Jahrhunderten!
    Denn Velsmann setzte voraus, dass die ominöse Warnung auf dem Pergament alt, also echt war. Daran ließen die Polizeilabore wohl inzwischen keine Zweifel.
    Das Jahr 1983. Velsmann hatte den scheußlichen Mord in Fulda erlebt. Aber auch hier galt: Wenn das ein Datum war, auf das die historische Prophezeiung anspielte, dann war Velsmann in Gefahr, den Verstand zu verlieren.
    Und 2012? Weltende nach dem Kalender der Maya-Völker und der christlichen Prophezeiungen. Auch der unverwüstliche Nostradamus sah für dieses Jahr, zu Herbstbeginn, die finale Katastrophe voraus.
    Wie ließ sich das alles zusammenbringen? Das waren doch alles disparate Ereignisse, jedes für sich genommen von gewisser Bedeutung, in einer Reihe, aber ohne Sinn.
    Tibor versuchte noch einmal am Computer, über die fraglichen Jahresdaten etwas herauszufinden, bekam aber nur nichtssagende Resultate.
    Er versuchte ein paar weitere Zahlenspiele. Vielleicht könnten die Zahlen Drei und Sieben, von denen sein Vater ihm erzählt hatte, von Bedeutung sein. Im Werk Brentanos spielten sie ja immerhin eine zentrale Rolle. Und schließlich setzten sich die Jahreszahlen auf dem Pergament im Wesentlichen daraus zusammen.
    Clemens war am 9.   September 1778 im Haus seiner Großeltern in Ehrenbreitstein geboren worden, er bestand aber später darauf, es sei der 7.   September 1777

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