Die vierte Schlinge: Thriller (German Edition)
Zusammentreffen.
Diane schaute auf die Uhr. Es war schon spät. Wenn sie in dieser Nacht noch etwas Schlaf bekommen wollte, durfte sie nicht auch noch dieses Skelett vollständig untersuchen, obgleich ihr Interesse jetzt natürlich geweckt war.
»Das alles hier ist schon sehr spannend«, murmelte sie vor sich hin, als sie den Schädel zurück in seinen Behälter legte. Sie schloss das Knochenlabor ab und ging zum Kriminallabor hinüber. Sie war froh, dass ihre Crew heimgegangen war. Sie alle brauchten dringend Schlaf. Die Nachtwächterin saß an ihrem Tisch und las ein Buch. Diane winkte ihr zu.
Diane benutzte nur ganz selten den Privataufzug des Kriminallabors, der es ihr erlaubte, zu kommen und zu gehen, ohne einen Fuß ins eigentliche Museum setzen zu müssen. Sie war immer froh, durch die großen Ausstellungsräume gehen zu können, wenn sie sich zuvor mit all diesen grausigen Aspekten von Kapitalverbrechen hatte auseinandersetzen müssen. Es beruhigte sie, denn es war eine ganz andere Welt. Statt der glänzenden, antiseptischen, metallenen Labormöbel und der weißen Wände gab es hier dunkle Edelholzwände, Granitböden und gewölbte Decken. Und über allem hing der süßliche Geruch von Möbelpolitur. Von der Empore in der zweiten Etage blickte sie hinunter in den hohen Dinosauriersaal im Erdgeschoss und sah dort im schwachen Lichtschein David auf einer Bank sitzen. Wahrscheinlich schaute er sich wieder einmal die Wandmalereien an. Die Darstellungen von Dinosauriern waren vielleicht nicht so beruhigend wie ein Vermeer, aber auch sie selber setzte sich gerne zur Entspannung auf eine dieser Bänke, um die Bilder oder eines der anderen wundervollen Dinge in diesem Museum in Ruhe auf sich wirken zu lassen.
Sie fuhr mit dem Museumsaufzug hinunter und betrat den Dinosauriersaal mit seinen beeindruckenden Skeletten des dem T. Rexähnelnden, sieben Meter fünfzig langen Albertosaurus,des von der Decke hängenden Pteranodons, der mit seinen knochigen Flügeln fast den gesamten Raum überspannte, des im Wasser lebenden Tylosaurus, des dreihornigen Triceratops und des erst vor kurzem aufgestellten Brachiosaurus.
Sie setzte sich neben David auf die Bank. »Entspannst du dich?«
»Ich schaue mir dieses kleine Einhorn da an.«
Die zwölf Wandgemälde des Museums waren in einem etwas altmodischen Realismus gemalt, der ihnen eine charmante, leicht nostalgische Note verlieh. Einzigartig waren aber die winzigen Einhörner, die in jedem Bild versteckt waren. Diane wurde nie müde, sie zu betrachten. Offensichtlich ging es David ähnlich, denn sie hatte ihn schon oft neben den Dinosauriern aus dem Mesozoikum oder im Pleistozänsaal sitzen sehen.
»Woran denkst du, wenn du dieses Einhorn siehst?«
»Manchmal befürchte ich, dass es von diesen riesigen Dinosauriern zertrampelt werden wird. Dann glaube ich wieder, dass es ganz gut mit diesen Riesentypen klarkommt.«
»Sie werden niemals zertrampelt«, sagte Diane. »Sie sind magische Tiere.«
»Gut zu wissen. Manchmal habe ich Angst um sie.«
»Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
Davids Stimme klang ruhiger als gewöhnlich. »Heute wurde meine Scheidung rechtskräftig«, sagte er.
Noch ein Opfer unserer Arbeit, musste Diane denken.
»Kommst du damit zurecht?«
»Ja, wenn ich ehrlich bin. Ich fühle eigentlich fast überhaupt nichts. Eigentlich liebe ich Carolyn noch immer, aber … ich fühle es einfach nicht mehr – was ich da sage, ergibt wohl alles keinen großen Sinn.«
»Ich glaube, ich verstehe, was du meinst.«
»Ich dachte, wir kommen vielleicht wieder zusammen. Sie war wirklich begeistert, als ich diesen Job hier im Museum bekommen habe.«
»Und dann fand sie heraus, dass du immer noch Kriminalfälle untersuchst?«
»Stimmt.«
»Du weißt, David …«
»Ich muss das einfach tun. Ich muss da einfach mithelfen … Und außerdem ist dies trotz der diversen politischen Unterströmungen ein guter Platz zum Arbeiten.«
»Ja, das ist er, trotz all dieser politischen Unterströmungen – wenn man schwimmen kann.«
David lächelte. »Das war prima – Neva mit der Überprüfung des gefundenen Wagens zu beauftragen. Sie ist erst vor kurzem heimgegangen. Sie erzählte mir, sie habe etwas Blut, ein paar Fasern und ein paar unbedeutende Kleinigkeiten gefunden. Außerdem hat sie einen Durchsuchungsbefehl für Mayberrys Wohnwagen beantragt.«
»Blut, das ist aber gar nicht gut.«
»Es war nicht sehr viel. Wer weiß? Vielleicht gibt es doch noch ein Happy
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