Die vierte Zeugin
Titel:
Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Tanja u.a. Kinkel
,
Oliver Pötzsch
,
Martina André
,
Peter Prange
,
Titus Müller
,
Heike Koschyk
,
Lena Falkenhagen
,
Alf Leue
,
Caren Benedikt
,
Ulf Schiewe
,
Marlene Klaus
,
Katrin Burseg
dem Gericht und dem Rat der Stadt Köln, die ich keinesfalls dulden werde! Kraft meines Amtes schließe ich Euch daher ab sofort vom weiteren Fortgang des Prozesses aus und verweise Euch des Saales! Die Verhandlung ist vertagt auf morgen früh zur zehnten Stunde.«
Der Hammer ging nieder.
KAPITEL 4
13. 11. 1534
Am Abend des zweiten Verhandlungstages
A schfahl fiel das letzte Licht des Tages durch das Butzenglasfenster in Richard Charmans Kammer. Helmbert Bellendorf lief vor ihm auf und ab, nachdenklich und noch immer angespannt, während Charman mit hängenden Schultern auf der strohgefüllten Bettstatt saß und nur ab und an zu seinem Advokaten aufblickte.
»Er hat es tatsächlich getan! Dieser verfluchte Richter Hauser hat dem Antrag doch tatsächlich zugestimmt!«, rief Helmbert Bellendorf und fuhr plötzlich mitten im Schritt herum, so dass seine weiße Löwenmähne zitterte. »Doch noch ist nichts verloren!« Seine Augen funkelten. Mit fahrigen Bewegungen schenkte sich Bellendorf Wasser aus dem tönernen Krug in einen Zinnbecher ein und stürzte es in einem Zug herunter, als wollte er verhindern, dass das wütende Feuer in ihm noch höher loderte. Hastig wischte er ein kleines Rinnsal weg, das von seinem Kinn troff.
»Ich habe gewusst, dass dieser von Küffen uns Ärger machen wird. Ich habe es Euch gesagt, doch Ihr habt mein Bauchgefühl abgetan.«
»Das ist richtig, Herr Charman«, gestand Bellendorf ein und trat näher zu seinem Mandanten. »Doch ich schwöre Euch, dass ich das nicht auf mir sitzen lassen werde!«
Charman sprang auf und starrte seinen Advokaten zornig an. »Nichts soll sie bekommen! Gar nichts, versteht Ihr! Betrogen hat sie mich, diese falsche Schlange.«
»Das wird sie nicht, Herr Charman. Agnes Imhoff wird für ihren Betrug bezahlen, das verspreche ich Euch, so wahr ich hier stehe. Und dieser Augustin von Küffen wird uns mit seinem edelmütigen Geschwätz auch nicht mehr in die Quere kommen, nachdem ihm Mathis von Homburg gekündigt hat.«
Charman dachte an den Moment im Gerichtssaal, als der vorlaute Junge vor aller Augen von seinem Mentor entlassen und vom Richter hernach des Saales verwiesen worden war. Er lächelte verbittert. »Zumindest eine kleine Genugtuung.«
»Wir sollten vorsorglich den einäugigen Clewin als Zeugen laden. Er wird Agnes Imhoff das Genick brechen«, sagte der Advokat kämpferisch.
»Nein!« Charman schüttelte den Kopf. »Ich habe es Euch bereits gesagt: Clewin benennen wir nur, wenn es zum Äußersten kommt. Aber wir sollten dem Gericht zumindest anonym einen entsprechenden Hinweis zukommen lassen.«
»Wie Ihr meint. Ich werde mich darum kümmern.« Bellendorf zuckte die Schultern. Dann schnappte er sich seine rindslederne Dokumentenmappe und verabschiedete sich: »Genug der Worte für heute. Eine geruhsame Nacht wünsche ich. Wir treffen uns morgen wie vereinbart, dann besprechen wir das weitere Vorgehen.«
Noch lange sah Richard Charman gedankenverloren auf die geschlossene Kammertür. Wenn Bellendorf wüsste, von wem er das Wissen um Clewin und dessen Beteiligung am Betrug hatte, wäre er nicht so gelassen. Aber er, Charman, konnte und wollte es nicht sagen. Niemandem. Es würde den gesamten Sachverhalt verrücken, seinen Prozesssieg gefährden.
Sein Magen knurrte unvermittelt. Seit heute Morgen hatte er nichts mehr gegessen. Charman erhob sich von der Bettstatt und beschloss, sich vom Wirt aus der Schänke einen Würzwein und eine Talgleuchte kommen zu lassen, denn die Dämmerung war bereits hereingebrochen, und etwas Alkohol würde helfen, trübe Gedanken an einäugige Flussschiffer, verlorenes Silber und geraubte Gefühle zu vertreiben.
Es klopfte.
Verwundert öffnete Charman die Tür einen Spaltbreit und lugte hinaus.
Es war der Schankwirt, und als hätte er Richard Charmans Gedanken gelesen, trug er ein Talglicht, einen Krug Wein und einen Teller mit Braten und Brot auf einem Tablett. Die Gerüche des Fleisches stiegen Charman verführerisch in die Nase.
»Verzeiht, werter Herr Herrmann«, grüßte der Wirt mit leiser Stimme, »ich dachte, dass Ihr nach diesem anstrengenden Tag bei Gericht eine Stärkung für Leib und Seele vertragen könntet. Darf ich eintreten?«
Wortlos öffnete Charman die Tür, so dass sich der dicke Mann hindurchschieben konnte. Dieser räumte den Wasserkrug und den Zinnbecher auf dem Tisch zur Seite und stellte das Tablett ab.
Kurz darauf hielt er seinem verdutzten Gast einen dampfenden Becher Wein hin und
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