Die Vinetaner - Rusana
mir bekannten Vinetaner erstellen, die freiwillig oder unfreiwillig für Otruna arbeiten, damit Ihr möglichst viele Gegner kennt. Ich habe übrigens nie gewagt, mit Euch Kontakt aufzunehmen, weil ich Angst um meine Familie hatte und nicht zu hoffen wagte, dass Ihr mir Glauben schenken würdet.“
Rusana schenkte Alwin ein kleines Lächeln:
„Das verstehe ich.“
Alwin atmete tief durch und entspannte sich etwas.
„Ich nehme an, Ihr wollt den Übergang um ein Uhr durchqueren, da um diese Zeit die körperliche Belastung am Geringsten ist?“
„So ist es.“
„Dann werde ich jetzt, mit Eurer Erlaubnis, alles Notwendige für den Übergang besorgen sowie einen Fischkutter, damit ich Euch und Christian zum Riff bringen kann.“
„Ich wäre dir dankbar, Alwin.“
Dieser neigte, bevor er das Esszimmer verließ, seinen Kopf und erklärte:
„Ich bin Euch dankbar, Meju Rusana, dass Ihr mir Euer Vertrauen schenkt. Ich werde Euch nicht enttäuschen.“
Christian war vollkommen durcheinander. Als potenzielles Opfer durch die Gegend geschleppt zu werden war schon schwer zu verkraften, aber sein Verstand weigerte sich zu begreifen, dass sich die Legende um Vineta nach und nach als Wahrheit entpuppte. In was war er da hineingeraten? Spielten ihm Rusana und die anderen Theater vor? Aber warum sollten sie das tun? Sie konnten doch nicht alle verrückt sein, oder? Und überhaupt, was hatte Alwin mit ‚Riff’ gemeint? Sein Blick traf Rusanas, die ihn stumm musterte.
„Was hat Alwin damit gemeint?“
„Womit?“, fragte sie unschuldig.
„Mit dem Riff! Er meinte doch wohl nicht das sogenannte Vinetariff! Wie weit von der Küste ist es weg? Einen Kilometer? Und was sollen wir dort? Ohne Tauchausrüstung ins Wasser hüpfen, weil sich der Übergang auf dem Meeresboden befindet? Und was sollte die Anspielung auf die körperliche Belastung?“
Rusana biss sich auf die Unterlippe. Christians Vermutungen waren richtig und sie hätte ihm diesen Weg gerne erspart. Aber es ging nicht.
„Ich habe dir ja schon erklärt, dass ich das U-Boot vorziehen würde.“
Christian starrte sie fassungslos an.
„Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich mitten in der Nacht in die Ostsee springe, um dann zu ertrinken. Vineta gibt es nicht!“
„Du wirst nicht ertrinken, Christian. Außerdem hast du keine Wahl“, wisperte Rusana ohne ihn anzublicken. Sie zog es vor, auf die Tischdecke zu stieren und mit ihrem Finger die Linien der aufgestickten Rosen nachzuziehen.
„Du glaubst nicht, dass es Vineta gibt?“, mischte sich Otto ein und grinste Christian an. „Wenn du hier aufgewachsen wärst, würdest du das sicher anders sehen. Ich an deiner Stelle würde Rusana gerne begleiten. Es ist ein Traum von mir, die Stadt zu sehen.“
„Wenn das hier vorbei ist, werde ich dir und Alma die Stadt zeigen“, versprach Rusana.
„Ehrlich?“, Otto verbarg seine Freude nicht und strahlte über das ganze Gesicht. Er schob seinen Stuhl nach hinten, stand auf und schlug Christian unsanft auf den Rücken:
„Nun stell dich mal nicht so an, min Jung. Das bisschen Tauchen wirst du schon schaffen. Ehrlich gesagt habe ich mich ja über die Handschellen gewundert. Wie kann man so eine Schönheit wie Rusana nicht freiwillig begleiten wollen?“
Er warf seiner Frau einen entschuldigenden Blick zu und redete weiter auf Christian ein:
„Entspann dich! Wir schließen alle Türen ab und öffnen auch das Restaurant heute Abend nicht. Alwin wird schon die Wahrheit gesagt haben und du bist vorläufig in Sicherheit. Ich gehe uns jetzt was Leckeres kochen, denn mit leerem Magen reist es sich schlecht.“
Er verließ das Esszimmer und Christian konnte ihm nur hinterherstarren. Wo war er hier gelandet? Er brauchte dringend eine Auszeit. An Alma gewandt frage er:
„Darf ich Ihr Bad benutzen?“
„Sicher, junger Mann. Komm, ich zeige es dir.“
Christian folgte ihr, ohne Rusana anzusehen, denn trotz seiner eigenen Verwirrtheit war ihm der Kummer in ihren Augen nicht entgangen. Aber er wollte ihn nicht sehen und sein Verständnis für sie irritierte und ärgerte ihn. Sie hatte ihm diesen Schlamassel eingebrockt. Ihn entführt! Wieso also machte er sich ihretwegen Sorgen? Warum wollte er ihr nicht wehtun? Weder körperlich noch verbal? Er musste dringend seine Gefühle in den Griff bekommen und für ein paar Minuten in Ruhe nachdenken.
8. Alma und Otto
Alma lächelte Rusana unsicher an, als sie ins Esszimmer zurückkam.
„Ich habe Christian ins Gästebad gebracht und
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