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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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bald wird es schal und ist dann nicht mehr gut ge­nug, die Tie­re zu trän­ken. An­dern­falls kämen mehr Her­den hier­her, denn das Was­ser ist kost­bar.“
    „Ja, in der Tat“, stimm­te Bru­der Paul ihm zu. „Ich wür­de ger­ne schwim­men ge­hen.“
    „Schwim­men?“
    Je­sus war ver­dutzt.
    „Mein Volk lebt am Was­ser“, er­klär­te Paul. „Wir schwim­men ger­ne. Du nicht?“
    Ver­le­gen zuck­te Je­sus die Ach­seln. „Ich kann nicht schwim­men.“
    Ein Ge­birg­ler, nicht an tie­fes Was­ser ge­wöhnt. Nun, zu Bru­der Pauls Zei­ten konn­te die Hälf­te der Men­schen nicht schwim­men, und die Be­din­gun­gen hier wa­ren wahr­schein­lich schlech­ter. „Ich wür­de mich freu­en, es dir zei­gen zu kön­nen.“
    Je­sus dach­te nach. „Wie ich schon sag­te, hier sind Rui­nen, ver­mut­lich von ei­nem heid­nischen Tem­pel. Jetzt sind sie von Was­ser be­deckt, aber wenn dir dein Glau­be ver­bie­tet, sich ih­nen zu nä­hern …“
    „Ich er­ken­ne dei­ne War­nung an“, sag­te Bru­der Paul. „Aber mein Glau­be kann kaum durch ei­ne heid­nische Rui­ne ver­gif­tet wer­den. Viel­leicht hat­te He­se­kiels vier­ge­sich­ti­ger Be­su­cher hier ein Haus. Das wür­de mei­nen Glau­ben stär­ken, weil es die Be­stä­ti­gung der Be­schrei­bung in der Schrift be­deu­ten wür­de.“
    Je­sus lach­te. „Der, der sich er­höht, wird er­nied­rigt wer­den, und der, der sich er­nied­rigt, soll er­höht wer­den. Ich bin nicht si­cher, in wel­che Ka­te­go­rie du hin­ein­paßt.“
    „Es ist kei­ne Schan­de, schwim­men zu ge­hen“, mein­te Bru­der Paul. „Es ist ei­ne nütz­li­che Fä­hig­keit, falls man ein­mal einen Schiff­bruch er­lebt. Es wä­re dumm zu er­trin­ken, wenn einen ein we­nig Vor­be­rei­tung da­vor be­wah­ren kann.“ Na­tür­lich – der rich­ti­ge Je­sus war über das Was­ser ge­gan­gen, wenn das auch ei­ne Il­lu­si­on ge­we­sen sein moch­te. An hei­ßen Ta­gen sah man in Hohl­we­gen Bil­der wie von Was­ser, und es spie­gel­ten sich so­gar na­he ge­le­ge­ne Ob­jek­te dar­in. War Je­sus über ei­ne sol­che Stel­le ge­gan­gen?
    Je­sus nick­te. „Es steht ge­schrie­ben: ‚Wahr­lich, kein Mensch kann um sich feil­schen oder Gott den Preis sei­nes Le­bens be­zah­len.’ Was nützt es dem Men­schen, wenn er die gan­ze Welt er­rän­ge und näh­me doch Scha­den an sei­ner See­le?“
    Kei­ne Fra­ge: Das war Je­sus, spä­ter als Chris­tus be­kannt. Wo aber war der Zau­ber, der die Men­schen ver­führ­te, ih­re Ge­schäf­te fal­len­zu­las­sen und ihm zu fol­gen, ihr Le­ben hin­zu­ge­ben, um sei­ne Sa­che zu un­ter­stüt­zen?
    „Bist du Schrift­ge­lehr­ter?“ frag­te Bru­der Paul vor­sich­tig. Er be­nutz­te das Wort Bi­bel nicht, weil sich die Bi­bel erst im Ver­lauf der Jahr­hun­der­te her­aus­ge­bil­det hat­te, und zu Zei­ten Je­su stand der Um­fang und ge­naue In­halt noch lan­ge nicht fest. Ei­gent­lich war die Bi­bel an­fangs gar kein rich­ti­ges Buch ge­we­sen, son­dern ei­ne Samm­lung ka­no­ni­scher Schrif­ten, ei­ne re­li­gi­öse Bi­blio­thek.
    Je­sus lä­chel­te mit mil­der Selbst­ver­ach­tung. „Ich bin noch nicht alt ge­nug, Rab­bi zu sein.“
    Noch kei­ne drei­ßig, das Al­ter der in­tel­lek­tu­el­len Rei­fe. „Aber du bist fast so alt. Du mußt dein Wis­sen über die Schrift schon mit an­de­ren dis­ku­tiert ha­ben.“ Ver­füh­re­ri­sche Fra­gen – oh, doch es war ihm wich­tig si­cher­zu­stel­len, wie­viel vom Bild Je­su, das die Kir­chen­his­to­ri­ker an­bo­ten, der Rea­li­tät ent­sprach und wie­viel da­zu­ge­dich­tet war. War Je­sus wirk­lich ein groß­ar­ti­ger Leh­rer ge­we­sen, der im Al­ter von drei­ßig Jah­ren plötz­lich zum Le­ben er­wacht war?
    „Oh ja, mein Freund Paul, vie­le Ma­le. Aber mei­ne Lands­leu­te sind Bau­ern, Schä­fer und Fi­scher. Sie küm­mern sich we­nig um den Zau­ber der Schrift und be­trach­ten mich als … mü­ßi­gen Jun­gen aus dem Dorf, der flei­ßig sei­ne Ver­se lernt.“
    „Aber das Al­te Tes­ta­ment ist nichts Mü­ßi­ges.“
    Je­sus brei­te­te die Hän­de aus. „Nicht für mich, nicht für dich. Aber was geht es den Bau­ern an, der sich um Re­gen und Schol­le und Saat­gut küm­mert? Dort liegt das

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