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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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    Der Mensch wird ge­bo­ren, um zu ster­ben. Viel­leicht ist er al­lein von al­len Tie­ren der Er­de sich die­ses un­ver­meid­li­chen Ab­le­bens be­wußt. Die­se Tat­sa­che kann man in der Tat als den Fluch vom Baum der Er­kennt­nis an­se­hen. In dem Au­gen­blick, als sich der Geist des Men­schen über die Igno­ran­ten, ge­dul­di­gen Tie­re em­por­hob, um sein Los durch die ihm er­mög­lich­te Vor­aus­pla­nung zu ver­bes­sern, war er in der La­ge, sein Schick­sal, das die Na­tur für ihn be­reit­hielt, zu er­ken­nen.
    Psy­cho­lo­gen sa­gen, wenn ei­ne Per­son mit vor­zei­ti­gem Tod kon­fron­tiert wird, durch­wan­dert sie nor­ma­ler­wei­se fünf Sta­di­en. Das ers­te lau­tet AB­LEUG­NEN : Sie wei­gert sich schlicht, die­se schreck­li­che Tat­sa­che zu glau­ben. Das zwei­te ist WVT : Warum pas­siert das mir und nicht an­de­ren? Es ist ein­fach nicht fair, und man ist wü­tend. Das drit­te ist FEIL­SCHEN MIT GOTT ; Sie be­tet zu Gott um Ver­scho­nung von die­sem Ur­teil und ver­spricht, sich zu bes­sern, wenn nur ihr Le­ben ge­ret­tet wird. Manch­mal wird sie wirk­lich ver­schont, und manch­mal löst sie das Ver­spre­chen auch ein. Aber wenn die­ser Ap­pell schei­tert, ge­langt sie zum vie­ren Sta­di­um: D EPRES­SI­ON . Warum soll man wei­ter­ma­chen, wenn das Ur­teil ab­so­lut ist und es kei­nen Aus­weg gibt? Doch schließ­lich ge­langt sie zum fünf­ten Sta­di­um: AK­ZEP­TIE­REN . Mit der Si­tua­ti­on im rei­nen, ord­net sie die welt­li­chen Din­ge und be­rei­tet sich auf das En­de vor.
    Die An­nah­me scheint plau­si­bel, daß sich das gan­ze Le­ben des Men­schen auf ähn­li­chen Be­wußt­seins­stu­fen ab­spielt, auch wenn der Tod nicht vor­zei­tig er­war­tet wird. Als Kind leug­net man den Tod: Er liegt jen­seits der Vor­stel­lung. Aber wenn man rei­fer wird, zwingt ei­nem der Tod von Ver­wand­ten, Freun­den, Be­kann­ten oder auch Frem­den das Be­wußt­sein von der Rea­li­tät des To­des auf, und man rea­giert wü­tend, in­dem man sich ver­schie­de­nen, den Tod her­aus­for­dern­den Tä­tig­kei­ten hin­gibt, um sei­ne Un­ver­letz­lich­keit zu be­wei­sen. Mit fort­schrei­ten­der Rei­fe wird es sub­ti­ler: Der Mensch wird re­li­gi­ös und ak­zep­tiert die The­se, daß der kör­per­li­che Tod nicht das En­de be­deu­tet, son­dern nur einen Wech­sel, ei­ne Trans­for­ma­ti­on zum ‚Nach­le­ben’. Viel­leicht ent­sprin­gen sämt­li­che Re­li­gio­nen die­sem Trieb, den Tod zu ne­gie­ren: Man kann nicht mit Gott feil­schen, wenn Gott nicht exis­tiert. Doch die Angst vor dem Tod wird durch die Re­li­gi­on nicht voll­stän­dig auf­ge­ho­ben. Man er­kennt die Diens­te der ver­schie­de­nen Kir­chen le­dig­lich als Ri­tua­le an, und das Ver­trau­en schwin­det. Das un­ver­meid­li­che Nä­her­rücken des To­des in Form fort­schrei­ten­den Al­ters de­pri­miert den Men­schen. Doch am En­de re­si­gniert er, paßt sich an, macht sein Tes­ta­ment, sorgt für die Ver­tei­lung der Hin­ter­las­sen­schaft und schei­det mit ei­ner ge­wis­sen Wür­de. Er hat das Un­ver­meid­li­che ak­zep­tiert.
     
    Sie stan­den auf der Stra­ße nach Da­mas­kus und starr­ten in die Rich­tung, in die Pau­lus von Tar­sus ge­gan­gen war. Der Mann, durch sein Lei­den be­reits lahm und ge­zeich­net, war durch das Er­leb­nis ge­blen­det wor­den, und es ging ihm schlecht. Doch Bru­der Paul wuß­te, er wür­de sich wie­der er­ho­len. Bru­der Paul selbst war durch die Be­geg­nung mit die­sem Mann, des­sen Na­men und Prin­zi­pi­en er an­ge­nom­men hat­te, er­schüt­tert. Der Na­me blieb – aber Bru­der Paul konn­te sich nicht mehr als An­hän­ger je­ner Prin­zi­pi­en be­zeich­nen.
    „Ich bin im­mer noch bei dir“, be­merk­te Je­sus. „Warum ha­be ich mich nicht auf­ge­löst? Ich seh­ne mich nach der Ver­ei­ni­gung mit mei­nem Va­ter im Him­mel.“
    „Ich weiß es nicht“, gab Bru­der Paul zu. „Ich bin nicht si­cher, warum ich nicht in mei­nen ei­ge­nen Be­zugs­rah­men zu­rück­ge­kehrt bin. Die­se Ani­ma­tio­nen schei­nen noch lan­ge wei­ter­zu­ge­hen, auch wenn ihr Zweck schon er­reicht ist. Ihr un­mit­tel­ba­rer Zweck je­den­falls. Ich hat­te ge­dacht, ich keh­re

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