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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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    Und das Kind, Ca­ro­lyn – war sie nur ei­ne Hal­lu­zi­na­ti­on? Das Son­der­ba­re war, daß sie ihm all­mäh­lich be­kannt vor­kam, wenn er auch un­ver­hei­ra­tet und kin­der­los war. Wie konn­te er sich al­so an sie er­in­nern? Die Ma­ni­fes­ta­tio­nen der Ani­ma­tio­nen konn­ten viel­leicht die Welt sei­ner Sin­ne ver­än­dern, hat­ten aber bis­lang sei­ne Ver­stan­des weit un­be­rührt ge­las­sen. Sein fes­ter Glau­be an die Un­an­tast­bar­keit sei­ner grund­sätz­li­chen Iden­ti­tät hat­te ihn wäh­rend die­ses au­ßer­ge­wöhn­li­chen Aben­teu­ers auf­recht ge­hal­ten; wenn sei­ne Selbst­ein­schät­zung, sei­ne Wür­de, sein Selbst­bild ihn ver­lie­ßen oder ir­gend­wie be­ein­träch­tigt wur­den, war er ver­lo­ren. Er woll­te nicht mit sei­nem Ver­stand spie­len las­sen.
    Er kon­zen­trier­te sich und ver­such­te, aus der Vi­si­on aus­zu­bre­chen. Ca­ro­lyn dreh­te sich ihm mit großen blau­en Au­gen zu. „Dad­dy … al­les in Ord­nung?“
    Bru­der Paul ver­gaß sein Vor­ha­ben. Wenn er die­se Vi­si­on ver­ließ – was wür­de aus ihr wer­den? Ver­mut­lich be­saß sie au­ßer­halb sei­ner Phan­ta­sie kei­ner­lei Rea­li­tät, aber ir­gend­wie hat­te er den Ein­druck, sie sei in et­was ge­fan­gen, aus dem der Haupt­dar­stel­ler ent­flo­hen war. Ent­setz­li­cher Ge­dan­ke! Er muß­te sie si­cher nach Hau­se brin­gen – oder wo­hin auch im­mer. Dann konn­te er ver­schwin­den. Ent­spre­chend den Spiel­re­geln.
    Der Flug­ha­fen von Bo­ston war wie je­der an­de­re Flug­ha­fen auch in den Ta­gen vor dem großen Ex­odus von der Er­de. Nur die Um­ge­bung der Stadt schi­en ver­än­dert, zu­sam­men­ge­schrumpft. Aber nicht wie die meis­ten heu­ti­gen Städ­te, denn hier gab es noch Strom, und in den Wol­ken­krat­zern brann­te auch in den obe­ren Stock­wer­ken Licht, was auf Be­woh­ner schlie­ßen ließ. Son­der­bar, sehr son­der­bar!
    Der Bo­den flog auf sie zu. Die Rä­der setz­ten auf. Das Flug­zeug brems­te und roll­te schließ­lich lang­sam vor dem Ge­bäu­de aus. „Ge­schafft“, mur­mel­te Bru­der Paul.
    Sie stie­gen aus und be­fan­den sich im Haupt­an­kunfts­ge­bäu­de. Den Tickets zu­fol­ge hat­ten sie nun ei­ni­ge Stun­den Auf­ent­halt, ehe die nächs­te Ma­schi­ne ab­ging. „Kön­nen wir im Flug­ha­fen et­was es­sen, Dad­dy?“ frag­te Ca­ro­lyn.
    Bru­der Paul such­te in sei­nen Ta­schen und ent­deck­te, daß er ge­nü­gend Bar­geld bei sich hat­te. Sie konn­ten al­so es­sen ge­hen. Die Prei­se wa­ren hoch, und das Es­sen da­für war nicht an­ge­mes­sen, aber das klei­ne Mäd­chen war glück­lich. Es war ihr egal, was sie aß. Ei­gent­lich woll­te sie nur ein­mal auf ei­nem Flug­ha­fen ge­ges­sen ha­ben. Da­nach mach­ten sie einen Gang durch die Um­ge­bung, und Ca­ro­lyn fand al­les fas­zi­nie­rend, von den ver­glas­ten Ge­bäu­den bis zu den Keller­git­tern. Bru­der Paul moch­te die­ses Kind. Es war leicht, ih­re Be­geis­te­rung zu tei­len. So war sie im­mer ge­we­sen: hy­pe­rak­tiv, neu­gie­rig, auf­ge­regt. Von Ge­burt an, dach­te er.
    Wie­so er­in­ner­te er sich? Sie war das Kon­strukt der Ge­gen­wart und hat­te au­ßer­halb die­ser Vi­si­on kei­ner­lei Rea­li­tät, we­der Ver­gan­gen­heit noch Zu­kunft. Oder?
    Bru­der Paul schüt­tel­te den Kopf und be­trach­te­te sie, wie sie fröh­lich vor ihm her­trip­pel­te, so eif­rig wie ein jun­ger Hund, der ei­ne auf­re­gen­de Spur ver­folgt. Er fühl­te sich schul­dig, wenn er die Il­lu­si­on auf­bre­chen woll­te. Warum woll­te er sich nicht er­in­nern – an was hat­te er sich ei­gent­lich er­in­nern wol­len?
    Schließ­lich check­ten sie sich auf dem an­de­ren Flug­ha­fen ein für den Sprung in die un­er­forsch­te Wild­nis von Neu-Eng­land. Nach dem rie­si­gen Dü­sen­flug­zeug wirk­te die­se klei­ne Zwan­zig-Per­so­nen-Pro­pel­ler­ma­schi­ne wie ein Spiel­zeug. Aber sie schoß hoch, als wür­de sie von stark ge­spann­ten Gum­mi­bän­dern ge­zo­gen, und flog bald in den Him­mel. Doch bei je­der klei­nen Wol­ke sack­te sie ein we­nig ab, was Bru­der Paul be­un­ru­hig­te und Ca­ro­lyn Angst mach­te. Sie schi­en ein­fach nicht si­cher

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