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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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die­se Art des Ler­nens nie be­reut und im­mer die Be­reit­schaft des Col­le­ges ge­schätzt, ihn sei­nen ei­ge­nen Weg su­chen zu las­sen. Ein Stu­dent konn­te sich in der Zwangs­ja­cke der ‚nor­ma­len’ Aus­bil­dung nicht ent­wi­ckeln, und hier war es an­ders. Er lern­te, was er ler­nen woll­te, in­ner­halb und au­ßer­halb von Kur­sen, und war die­ser Ge­wohn­heit seit­dem treu ge­blie­ben. Ler­nen war im­mer noch ei­ne große Freu­de für ihn, heu­te mehr als je zu­vor – weil er in die­sem Col­le­ge kei­ne blo­ßen Fak­ten ge­lernt hat­te, son­dern, wie man lernt. Al­les an­de­re trat da­hin­ter zu­rück, doch die­se Fä­hig­keit ent­wi­ckel­te sich wei­ter.
    Jah­re spä­ter wäh­rend sei­ner No­vi­zen­aus­bil­dung im Hei­li­gen Or­den der Vi­si­on hat­te ihm Va­ter Ben­ja­min einen schma­len Ak­ten­ord­ner vor­ge­legt. „Das ist die Ver­su­chung“, hat­te er da­bei ge­sagt.
    Bru­der Paul hat­te ihn an­ge­se­hen. „Das ver­ste­he ich nicht. Ich hat­te in die­ser Stun­de Me­di­ta­ti­on er­war­tet.“ Me­di­ta­ti­on ist ei­ne erns­te An­ge­le­gen­heit: ei­ne an­de­re Form des Ler­nens.
    „Das sollst du auch, Paul“, hat­te der Pa­ter mit ei­nem ge­wis­sen, rät­sel­haf­ten Lä­cheln ge­sagt. „Du sollst dar­über me­di­tie­ren, ob du nun die­se Ak­te öff­nest oder nicht.“
    War das als Scherz ge­meint? Das war kaum die üb­li­che Me­di­ta­ti­on. Doch er schi­en es ernst zu mei­nen. „Wie soll ich wis­sen, was rich­tig ist? Ich ken­ne die­se Ak­te nicht.“
    „Das ist dei­ne Col­le­ge-Ak­te.“ Und da­mit hat­te sich Pa­ter Ben­ja­min ent­fernt.
    Me­di­ta­ti­on? Er be­fand sich in hel­lem Auf­ruhr! Bru­der Paul wuß­te, daß die­se Ak­te für ihn ver­bo­te­nes Ma­te­ri­al be­deu­te­te – er durf­te es ei­gent­lich nicht se­hen. Um jeg­li­chen Wett­be­werbs­druck zu ver­mei­den, wur­den die Ak­ten den Stu­den­ten nicht zu­gäng­lich ge­macht. Aber na­tür­lich wuß­te Paul un­ge­fähr, wie er stand, denn sei­ne ei­ge­ne Ein­schät­zung war ja Be­stand­teil der Be­rich­te.
    Nun je­doch wun­der­te er sich. Wenn er wuß­te, was hier stand, warum soll­te es ihm ver­schlos­sen blei­ben? Was für einen Un­ter­schied mach­te es schon?
    Er dach­te nach, und sei­ne Zwei­fel wur­den stär­ker. Nie­mand ver­heim­lich­te ihm sein Al­ter, sein Ge­wicht oder ir­gend­ei­nen an­de­ren Aspekt sei­nes Selbst. Bru­der Paul war all­ge­mein der Mei­nung, je­de Per­son ha­be ein Recht auf al­le In­for­ma­tio­nen über sich. Im­mer­hin han­del­te es sich um sein Le­ben. Was für ein Sinn lag dann al­so in ei­nem Ge­heim­nis?
    Aber ge­wiß hat­te das Col­le­ge Grün­de, die­se Do­ku­men­te un­ter Ver­schluß zu hal­ten. Man hat­te al­le nutz­lo­sen Schnör­kel zu­guns­ten ei­ner ech­ten Er­zie­hung auf­ge­ge­ben. Wenn man einen Aspekt ver­heim­li­chen muß­te, dann war das wohl not­wen­dig. Ver­lang­te nicht sei­ne Eh­re von ihm, der Vor­schrift zu ge­hor­chen und die Ak­te un­be­rührt zu las­sen?
    Aber warum hat­te ihm Pa­ter Ben­ja­min die­ses Ma­te­ri­al zur Ver­fü­gung ge­stellt? War dies ei­ne Prü­fung sei­ner In­te­gri­tät, de­ren Er­geb­nis sein Fort­kom­men in­ner­halb des Or­dens be­stim­men wür­de? Spiel­te Pa­ter Ben­ja­min den Ad­vo­ca­tus Dia­bo­li und führ­te ihn in Ver­su­chung? Wür­de er, wie Je­sus Chris­tus, hart blei­ben und wi­der­ste­hen oder wie Eva im Gar­ten Eden der Ver­su­chung durch die Frucht vom ver­bo­te­nen Baum der Er­kennt­nis nach­ge­ben?
    Das brach­te einen an­de­ren Aspekt mit sich. Bru­der Paul selbst hat­te Eva für das Pflücken die­ser Frucht nie­mals ver­dammt, wenn es auch sie und Adam den Auf­ent­halt im ir­di­schen Pa­ra­dies ge­kos­tet hat­te. Er­kennt­nis war das Wich­tigs­te am Men­schen, das, was ihn vom Tier un­ter­schied. Ein We­sen, daß sich dem Ler­nen jeg­li­cher Art ver­wei­ger­te, op­fer­te auch sein Er­be. Eden war kein Pa­ra­dies ge­we­sen, son­dern ein Ge­fäng­nis. Igno­ranz war kein Se­gen. Si­cher war es Got­tes Plan ge­we­sen, daß das Ah­nen­paar die­se Frucht es­sen wür­de. Es wä­re falsch ge­we­sen, dies nicht zu tun. Der wich­ti­ge

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