Die Visionen von Tarot
gehabt hätten, wären drei Studenten nicht ausgeschlossen worden“, sagte Paul. Die Erinnerung quälte ihn immer noch. Die Studentenschaft war in ihrer überwältigenden Mehrheit gegen die Fakultät eingestellt gewesen. Paul besaß immer noch das Tonband von der Protest Versammlung. Aber vielleicht hatte die Sache auch ihr Gutes gehabt und die Verwaltung gezwungen, ihre Positionen zu mäßigen, ehe sich die Dinge zur Krise zuspitzten. Paul fiel eine private Unterhaltung wieder ein, die er danach mit dem Collegepräsidenten geführt hatte. Der Mann hatte mit echter Neugier gefragt, warum Paul sich soviel Mühe gab, dem College Ärger zu bereiten. Paul hatte erwidert, er könne Ärger nicht ausstehen, doch sein Bewußtsein zwinge ihn, für das einzustehen, was er als rechtmäßig empfand. Das sei alles. Wäre der Präsident ein vorurteilsbeladener, schmalspuriger Mensch gewesen, wäre es für ihn ein leichtes gewesen, Paul den Abschluß zu vermiesen.
Auf sehr reale Weise, dachte Paul heute, hatte der Collegepräsident dem Teufel auf dem Planeten Tarot geähnelt. Der Teufel war immerhin auch nur ein gefallener Engel, ein Aspekt der Göttlichkeit – auch er besaß Würde. In der Hölle wurde der Teufel ja auch als Gott angesehen, während man die dominierende Himmelskraft als verkehrt empfand. Es war alles eine Frage der Perspektive. Wahrscheinlich hatte Pauls Fähigkeit, den gegnerischen Standpunkt zu respektieren, ihm das Überleben bei diesem erstaunlichen Abenteuer ermöglicht – und seine Erfahrung in eben diesem College hatte ihn auf das spätere Trauma vorbereitet. Vielleicht war sogar die Situation, die zu seinem Ausschluß geführt hatte, im Endeffekt gut gewesen …
„Eine Verwaltungsentscheidung, einen kleinen Anteil des Etats für die Asphaltierung einer Fläche einzusetzen, die man als Volleyballplatz benutzen wollte“, sagte Will gerade, „als Antwort auf eine studentische Anfrage, was schließlich in einer studentischen Demonstrantenkette endete, die die Bulldozer aufhalten wollte. Sie behaupteten, man benötige die Mittel anderswo, und es sei Zerstörung der natürlichen Umwelt.“ Will schüttelte in mildem Erstaunen den Kopf. „Was eigentlich einzig für beide Seiten, Studenten und Lehrkörper funktionierte, war das kleine, persönliche College aus Ihrer Zeit.“
„Das war nicht schlecht“, stimmte Paul zu. „Jeder kannte jeden, und das ließ einen guten Gemeinschaftsgeist aufkommen. Wenngleich auch damals nicht alles eitel Freude gewesen ist.“ Nein, es war wie eine große Familie gewesen, und ganz im Gegensatz zum herkömmlichen Ideal existierten auch innerhalb von Familien die erbittertsten Gegensätze. Aber es war besser, im positiven wie im negativen Sinn, mit dem Leben konfrontiert zu sein als isoliert.
„Es gab einige unerfreuliche Erscheinungen. Es gab eine Reihe von versuchten Vergewaltigungen unter den Studenten, häufige Besuche von Personen auf dem Campus, die mit Drogen handelten, und uneingeladene Gäste in den Collegegebäuden. Man stellte einige Wächter an. Einige Studenten hießen sie willkommen, andere reagierten zornig und nannten sie bezahlte Spione des Rektors oder der Gesellschaft und so weiter.“
„So etwas gab es auch zu meiner Zeit“, stimmte Paul zu. Er schämte sich für keine seiner Handlungen aus diesen Tagen, bedauerte jedoch die Bemerkung ‚über seine Pflicht hinaus’ dem Nachtwächter gegenüber. Denn später hatte er erfahren, daß dieser Nachtwächter beträchtliche Sympathie für die Position der Studenten empfand. Der Mann hatte aus
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