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Die Voliere (German Edition)

Die Voliere (German Edition)

Titel: Die Voliere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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Agonie. Rosen kann verstehen, warum manche Menschen die Zeitungsleute Hyänen nennen. Denn sie üben sich lange in Geduld, bis sie überraschend und skrupellos zuschlagen.
    Rosen beschließt, seinem Freund Adam zu helfen. Er tappt die Treppe hinunter, den Flur entlang und durch die Tür in den Stall, wo er nach einem kurzen Blick findet, was er sucht: Neben einem Stapel Brennholz steckt ein Beil im Hackblock. Mit einem Ruck zieht er das Werkzeug heraus und tritt hinaus ins Freie. Das Beil schwingt locker in seiner Hand, während er um die Ecke in den Hof biegt.
    Der Gesichtsausdruck der drei Besucher verwandelt sich von Erstaunen in Belustigung, als sie Rosen mit dem Beil auf sich zukommen sehen. Lefeber, der neben seinem Fahrrad kniet, rappelt sich hoch und nimmt eine gebieterische Haltung an.
    »Gib mir die Axt, Heinz.«
    Rosen tut, als hätte er ihn nicht gehört.
    »Na, Dicker, jetzt hab ich aber Angst vor dir!«, höhnt der Glatzkopf unter dem Gelächter seiner Kameraden. Rosen tritt ihm direkt gegenüber. Bis hierher ist das Sirren und Klicken der Auslöser zu hören, während die Zeitungsfritzen ein Bild nach dem anderen schießen.
    »Gehen Sie weg hier. Das ist unser Haus.«
    »Ist’n freies Land, Fettwanst. Den ganzen Tag kann ich hier stehen und die ganze Nacht dazu, wenn es mir passt.«
    »Heinz! Gib mir sofort die Axt«, drängt Lefeber neben ihm. Rosen schüttelt den Kopf.
    Nun öffnen sich auch die Autotüren der Polizeifahrzeuge. Vier Männer springen heraus und laufen auf Lefeber und Rosen zu.
    »Wie ist das eigentlich, wenn man jemandem mit ’ner Axt den Kopf abschlägt? Du bist doch Spezialist auf dem Gebiet, wie ich höre«, feixt der Kahlkopf.
    »Eine Säge war’s, so eine wie die da«, antwortet Rosen gelassen und zeigt auf eine Astsäge, die an einer Wand neben dem Stall lehnt und vor sich hin rostet.
    »Lass dich nicht provozieren, Heinz. Genau darauf legen die es an.«
    »Hat ’ne ganze Weile gedauert, weil er so’nen dicken Hals hatte«, sagt Rosen. »Bei dir dauert’s bestimmt auch so lange.«
    Ohne es zu merken, hat er das Beil erhoben. Die Schneide weist jetzt genau auf den blank polierten Schädel.
    »Herr Rosen, legen Sie die Axt auf den Boden. Sofort!« Die Stimme des Polizisten schreckt Rosen auf. Er blinzelt verwirrt, wie jemand, der aus einem bösen Traum erwacht. Adam nimmt ihm die Waffe aus der Hand und übergibt sie dem Polizisten, der sie wieder in den Stall bringt. Als er zurückkommt, wendet er sich an den Glatzkopf und seine beiden Begleiter. »Sie setzen sich auf Ihr Motorrad und verschwinden.«
    »Das ist ein freies Land, Herr Oberwachtmeister.«
    Der Polizist macht drohend einen Schritt auf die Besucher zu und senkt seine Stimme. »Ein Scheißdreck ist das, Freundchen. Wenn ich nicht innerhalb von sechzig Sekunden deine Rücklichter sehe, nehme ich dich und deine beiden hirnlosen Affen in Gewahrsam. Dann fahre ich euch ans andere Ende des Waldes, wo die Reporter uns nicht sehen, um jedem von euch einzeln und mit dem größten Vergnügen in die Eier zu treten. Und ich habe drei Polizeibeamte bei mir, die bezeugen, dass ihr euch der Festnahme widersetzt habt.«
    Die Männer sehen sich an. Der Glatzkopf runzelt die fliehende Stirn.
    »Hol die Handschellen aus dem Auto, Thorsten«, befiehlt der Polizist.
    Mit einem Satz sprinten die Männer los, schwingen sich auf ihre Motorräder und knattern davon.
    *
    Tibursky war schon halb zur Tür hinaus. Wäre Lefeber nicht zufällig gerade die Treppe heruntergekommen, hätte er sich ein weiteres Mal in den Wald abgesetzt und vor der Hausarbeit gedrückt.
    »Jemand muss sich um die Wäsche kümmern«, schrie Lefeber hinter ihm her.
    Tibursky machte ein unschuldiges Gesicht. »Könne Sie des net übernemme?«
    »Ich kümmere mich bereits um die Küche, räume im Wohnzimmer hinter Ihnen und Heinz her und bin offensichtlich der Einzige, der ab und zu das Klo putzt. Sie haben bis jetzt keinen Finger gerührt.«
    »Kann isch des net heut Abend mache? Isch muss dringend …«
    »Dringend was? Auf Bäume klettern? Mittagessen fangen? Widerliches Getier ins Haus schleppen?«
    »Heut Abend, isch verspresch’s.«
    »Das haben Sie gestern schon gesagt.«
    Tibursky rollte theatralisch mit den Augen, aber dann besann er sich eines Besseren. »Also gut, Herr Direktor. Wo steht die Waschmaschine?«
    Lefeber deutete stumm auf die Kellertreppe.
    Während Tibursky provozierend langsam hinuntertrabte, machte Lefeber sich seufzend auf den Weg ins

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