Die Vollstrecker
hatte die Stirn in Falten gelegt. »Ich will nicht damit beginnen, daß sich alles phantastisch anhört, weil das Phantastische ja auch zu meinem Begleiter geworden ist. Wenn ich Purdy richtig verstanden habe, kümmern Sie sich als Polizist um übersinnliche Fälle?«
»So kann man es sagen.«
»Dann glauben Sie uns?«
»Ja.«
Die klare Antwort schien ihn verunsichert zu haben, denn er trat einen Schritt zurück und strich über seinen Nasenrücken. »Können Sie mir dann als Fachmann eine Erklärung geben, Mr. Sinclair?«
Ich wiegelte ab. »Der große Fachmann bin ich nicht, aber in der Praxis gibt es wirklich Vorgänge, die wir einfach hinnehmen müssen. Das Metaphysische existiert.«
»Und damit auch die Wiedergeburt.«
»So war es bei Ihnen.«
Er nickte. »Sie haben recht, und mich haben die Dinge durcheinandergebracht. Ich komme damit noch nicht zurecht. Ich bin derselbe Mensch und trotzdem ein anderer. Können Sie sich das vorstellen?«
»Ich akzeptiere es.«
»Einfach so? Ohne nachzufragen?«
»Mir ist das gleiche widerfahren, Mr. La Salle. Auch ich bin schon wiedergeboren worden. Das nicht nur einmal.«
Er war überrascht, starrte mich an und schüttelte den Kopf. »Tatsächlich?« hauchte er. »Das kann ich nicht fassen. Können Sie sich auch an Einzelheiten erinnern?«
»In der Tat.«
»Wahnsinn.«
Ich sah ihm an, daß er mehr wissen wollte, doch den Gefallen tat ich ihm nicht. Meine Erlebnisse waren einfach zu privat, und sie sollten auch privat bleiben. Darauf brauchte ich ihn nicht erst hinzuweisen, das sah er mir an.
»Was machen Sie beruflich?« fragte ich ihn. »Haben Sie auch mit dem Gericht zu tun?«
Er lachte. »Das wäre zuviel des Guten. Ich stehe weder auf der einen, noch auf der anderen Seite, Mr. Sinclair. Ich arbeite als Leibwächter.« Er blickte sich um. »Ich wurde als Bodyguard für einen Richter abgestellt, der einen Prozeß gegen einen südosteuropäischen Mafia-Clan führt. Der Mann hat Drohungen erhalten und entsprechend Angst bekommen. Das hat mich hierher geführt. Wie ich allerdings annehme, werde ich den Job wohl an einen Kollegen weitergeben. Dieses Treffen mit Purdy Prentiss und das Auffinden des Schwerts heute morgen, das alles deutet darauf hin, daß unser Leben jetzt in eine andere Richtung läuft. Wir werden uns wohl nicht mehr so bewegen können wie sonst und müssen uns auf völlig neue Perspektiven einstellen.«
»Noch ist nichts passiert, Mr. La Salle.«
»Das sagen Sie. Aber warten Sie ab…«
»Woran denken Sie?«
»Wenn ich die Wiedergeburt als Tatsache akzeptiere, was ich auch tue, dann kann ich mir denken, daß nicht nur wir wiedergeboren sind. Wir haben ja in unserer neuen Existenz schon einige Jahre gelebt. Erst jetzt ist bei uns die Vergangenheit voll zum Ausbruch gekommen, und warum nur bei uns, um auf Ihre Frage zurückzukommen?« Er blickte mich auffordernd an. Da wir die gleiche Größe besaßen, konnten wir uns gegenseitig in die Augen schauen.
»Sie denken an Ihre Feinde.«
»Sehr richtig, Mr. Sinclair. Es gibt sie. Die Feinde haben überlebt. In einer anderen Welt, in einer anderen Dimension meinetwegen. Sie haben uns damals nicht grundlos getötet, und jetzt müssen sie befürchten, daß wir wieder aktiv werden könnten. Zu Recht, übrigens.«
»Dann rechnen Sie mit einer Verfolgung?«
Er lachte so scharf, daß dieser Laut durch den Eingangsbereich hallte. »Nicht nur rechnen, Mr. Sinclair. Ich glaube daran, und Purdy wird es kaum anders ergehen.«
»Das ist zu befürchten.«
Er schlug mir auf die Schulter und lachte dabei. »Schön, daß Sie es sagen.«
Ich winkte ab. »Nicht so eilig, Mr. La Salle. Es kann auch gefährlich werden.«
»Damit rechne ich sogar. Aber es wird mir nichts ausmachen. Ich habe mich innerlich bereits darauf eingestellt.«
»Selbst haben Sie noch keinen dieser Feinde gesehen – oder?«
»Nein, obwohl ich die Augen offengehalten habe. Ich weiß auch nicht, ob sie noch so aussehen wie damals, sage ich mal. Auch sie können sich verändert haben. Allerdings fühle ich mich persönlich wie ein Mensch, dem eine schwere Last vom Herzen genommen wurde. Das macht mich irgendwie auch froh.«
»Wie haben Sie sich die nähere Zukunft vorgestellt?«
»Ich muß meinen Job abgeben. Zunächst einmal auf Eis legen. Ich habe die Aufgabe, einen Richter zu beschützen, doch ich kann ihn unmöglich in meine privaten Angelegenheiten mit hineinziehen. So ähnlich werden Sie doch auch denken, Mr. Sinclair?«
»Davon
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