Die Voodoo-Witwe
einfach nicht glauben.«
»Leider ist es so.«
»Hat das andere denn eine so große Macht über die Menschen, daß es sie dermaßen radikal verändern kann?«
»Magie läßt vieles anders erscheinen. Sie kann auch verändern, Denise, sehr sogar.«
»Kennst du dich aus?«
»Ein wenig.«
Sie schüttelte den Kopf. »Was bist du nur für ein Mensch, Suko? Ich kann dich nicht begreifen.«
»Vergiß es einfach.«
»Das kann ich nicht.« Sie mußte einfach sprechen und erkundigte sich mit leiser Stimme, ob ihm aufgefallen war, daß die Trommeln nicht mehr schlugen.
»Sicher.«
»Und was kann das bedeuten?«
»Ich weiß es nicht.« Er warf einen raschen Blick auf die Uhr. Noch zwei Minuten, dann war die Tageswende erreicht. Dann würde das große Voodoo-Fest beginnen.
Suko stellte sich auf die Zehenspitzen, um über die Köpfe der Gäste schauen zu können.
Dabei entdeckte er die Trommler. Es waren die drei Musiker von der Band. Nur hatten sie jetzt ihre Instrumente gewechselt. Sie hockten auf dem Boden, hatten die Beine gespreizt, um die Trommeln dazwischen stellen zu können. Ihre Hände lagen flach auf den Bespannungen der Instrumente.
Die Ruhe vor dem Sturm, so kam es ihnen vor. Und wieder wunderten sie sich über die Partygäste. Sie schienen hypnotisiert zu sein, denn sie benahmen sich wie Marionetten, die den Befehl bekommen hatten, sich nicht zu regen und still zu sein.
Ihre Blicke waren gegen die tanzenden Flammen gerichtet. Der leichte Wind strich über das Deck, spielte mit den Feuerzungen und ließ sie anfangen zu tanzen.
Und dann hörten sie Schritte.
Suko und Denise, die sich im Hintergrund aufhielten, drehten die Köpfe. Die anderen Gäste jedoch taten nichts. Sie blieben starr stehen, vielleicht wurden ihre Haltungen noch steifer als zuvor, denn durch manche Gestalten fuhr ein kurzer Ruck.
Suko zog Denise zur Seite. Er wollte nicht unbedingt gesehen werden. Als sie zurückgingen und mit den Schatten außerhalb des Flammenscheins verschmolzen, hoben die Musiker ihre Hände und begannen, auf die Bespannungen der Trommeln zu schlagen. Die ersten dumpfen Geräusche durchbrachen die gespannte Stille und glichen sich dem Rhythmus der Schritte an, so daß diese nicht mehr zu hören waren.
Aber der Ankömmling war zu sehen. Er tauchte plötzlich auf, und Suko erkannte, daß es La Surenuse war.
Und sie war fast nackt. Sie trug nur einen Bademantel, den sie locker über ihre Schultern gelegt hatte, der vorn aber offenstand. Wie zwei steife Aale baumelten die Gürtelseiten rechts und links ihres Körpers herab und schleiften fast über den Boden.
Denise hatte Sukos Hand nicht losgelassen. Als sie die Frau sah, da drückte sie die Finger fester. »Meine Güte, sie ist es doch. Bisher habe ich daran gezweifelt, aber nun…«
»Still!«
Denise schwieg. Aber sie stand unter Spannung, sie war erregt, sie spürte ihren Herzschlag stärker als gewöhnlich und empfand die Furcht als wildes Tier, das bereits sein Maul geöffnet hatte, um das Opfer zu verschlingen. Auf der anderen Seite bewunderte sie einen Mann wie Suko, daß dieser so ruhig bleiben konnte.
Zunächst geschah nichts. Sie ging einfach weiter, kümmerte sich nicht um ihre Gäste, sondern steuerte eines der Feuer an, das genau in ihrem Weg brannte.
Es sah so aus, als wollte sie durch die Flammen schreiten, aber dicht davor blieb sie stehen, ließ den Bademantel mit einer oft geübten Bewegung über ihre Schultern nach hinten rutschen, so daß er sich auf dem Boden zusammenfalten konnte.
Nackt stand sie vor dem Feuer, schaute hinein, gab sich einen Ruck —und ging vor.
In die Flammen!
Mit bloßen Füßen, mit nackter Haut. Und zahlreiche Zeugen schauten zu, unter ihnen auch die junge Denise, die ein Stöhnen nicht unterdrücken konnte.
Zum Glück war es so leise, daß es nicht gehört wurde. Die anderen Zuschauer zeigten keine Regung. Für sie schien dieser Gang normal zu sein. Sie hatten La Surenuse längst als Königin akzeptiert.
Und ebenso stolz durchschritt sie die Flammen, betrat den hellen Kreis und blieb dort stehen.
Hochgereckt und stolz. Bis auf die Zehenspitzen richtete sie sich auf, drehte sich dann sehr langsam um die eigene Achse, damit jeder die Chance bekam, ihren Körper zu bewundern.
Ihr tadelloser und makelloser Körper glänzte rot im Widerlicht der Flammen. Sie wollte bewundert werden, und sie ließ sich bewundern, aber lautlos und trotzdem genußvoll, denn keiner der Umstehenden wagte es, einen Kommentar
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