Die Voodoo-Witwe
abzugeben. Sie alle standen da und genossen nur ihre innere Freude.
Dreimal drehte sie sich.
Zweimal nach links, einmal nach rechts. Dann stoppte sie mitten in der Bewegung.
Gleichzeitig verstummte der Trommelklang.
Suko und Denise hatte es nicht mehr im Schatten gehalten. Auf leisen Sohlen waren sie vorgeschlichen. Natürlich interessierte die beiden das Geschehen an Deck, aber Sukos Gedanken waren nicht bei der Sache. Sie drehten sich mehr um seinen Freund John Sinclair, den er hier oben noch nicht entdeckt hatte.
Wo mochte er stecken? Und wo verbarg sich der Häuter?
Eine schreckliche Vision entstand vor Sukos Augen. John war auf den Häuter getroffen, hatte mit ihm gekämpft und war besiegt worden. Und danach hatte der Killer dann seinem Namen alle Ehre gemacht… Er bekam einen Schauer, als er daran dachte. Andererseits mußte er sich mit dieser Möglichkeit abfinden. Ihm wäre die Bestie auch beinahe über den Weg gelaufen. Warum nicht auch John?
Eine wußte bestimmt Bescheid - La Surenuse. Sie aber konnte und wollte Suko nicht fragen, denn das unheimliche Ritual sollte auf keinen Fall unterbrochen werden.
Urplötzlich fing sie an zu sprechen. Und sie redete mit einer leisen, zischenden Stimme, als würde in ihrem Mund eine Schlange stecken, die menschliche Worte noch mit ihrem Zischen begleitete.
»Meine Freunde«, begann sie, »ich danke euch allen, daß ihr euch hier bei den magischen Feuern versammelt habt, um mit mir zu feiern. Es ist eine besondere Nacht, denn ich habe die dunklen Kräfte der Karibik hierher auf mein Schiff holen lassen. Sie waren es, die mich in den letzten Jahren geleitet haben, als mein Mann starb. Doch er hat mir etwas hinterlassen, das sich erst später als ungemein wertvoll herausgestellt hat. Ich werde es euch noch nicht sagen, aber ihr werdet es sehen, denn ihr seid mittlerweile reif dafür geworden. Ihr habt in euren Kabinen gewartet, ihr habt meine Kraft getrunken, die als Gas in eure Räume geblasen wurde, was nun euer Sinnen und Trachten einzig und allein auf einen Punkt konzentriert und gleichzeitig euren Geist für die wichtigen Dinge geöffnet hat.«
Jetzt wußte Suko Bescheid, weshalb die Gäste so anders und auch lethargisch reagierten. Sie hatten in den Kabinen das Gas einatmen müssen und waren dadurch verändert worden.
Welch ein Glück hatten sie gehabt, daß sie zu diesem Zeitpunkt woanders gewesen waren.
Welch ein Glück!
Auch Denise hatte die Worte sehr wohl verstanden. Sie schluckte und faßte Suko noch einmal an. »Die ist verrückt«, hauchte sie. »Diese Frau ist einfach irre.«
»Nein, so nicht.«
»Wie denn?«
»Sie hat es geschafft, einige Kanäle der schwarzen Magie zu durchschwimmen. Sie weiß Bescheid, sie hat in der Karibik viel über Voodoo und dessen praktische Anwendung gelernt. Ich würde sie nicht als verrückt ansehen, beinahe schon als genial.«
»Das kann ich nicht glauben. So etwas…«
Suko legte einen Finger auf seine Lippen, und sie verstand.
»Ihr werdet erleben, wie man groß werden kann. Ihr werdet die Feier der Nacht genießen können, und ihr werdet mit dabeisein, wie ich versuche, unsterblich zu werden.«
Das war ein hartes Wort, und Denise schüttelte den Kopf, während ihr Gesicht einen entsetzten Ausdruck angenommen hatte. Sie bekreuzigte sich sogar, danach ging es ihr besser, denn ihre Gesichtszüge entspannten sich wieder.
Suko war sehr gespannt, wie La Surenuse versuchen würde, ihr Ziel zu erreichen. Er glaubte nicht daran, daß sie es allein durch eine Beschwörung schaffte.
Aber sie fing damit an, hob den rechten Arm und schnippte mit den Fingern.
Das Geräusch war ziemlich laut. Es wurde auch von der Person gehört, die es anging.
Das war die dunkelhäutige Sängerin, die hinter den drei Trommlern stand und nur auf das Zeichen gewartet hatte. Als einzige der Frauen trug sie kein schwarzes Tuch, aber sie setzte sich mit gemessenen Schritten in Bewegung und kam auf den Mittelpunkt des Feuerquadrats zu, verfolgt von den Blicken der Anwesenden.
Auch das Gesicht der Sängerin geriet in den Schein des Feuers. Suko konzentrierte sich auf die Augen.
Sie waren starr und ohne Leben. Für Suko ein Beweis, daß diese Frau ebenfalls unter einer Kontrolle stand.
Und La Surenuse lächelte. Wie eine Göttin sah sie aus. Ihr Alter war schwer zu schätzen, auch wenn sie das vierte Jahrzehnt bereits erreicht hatte, war ihre Figur top. Es gab kein Fett, kaum Falten, ein straffer Körper eben.
Sie ließ sich bewundern.
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