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Die Wacholderteufel

Die Wacholderteufel

Titel: Die Wacholderteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Füßen, und zwar diejenigen, die bereits einige Tropfen des kalten Wassers zu spüren bekommen hatten. Eher zögerlich schob sich die Reihe vorwärts, jede Frau machte andere Töne, wenn sie dran war. «Arschkalt» in hoch und lang gezogen, «Verdammmichnochmal» in tiefen Seufzern, «Ich halt’s nicht aus, ich halt’s nicht aus» staccato und quer durch die Tonleiter. Für Wencke, die ganz hinten stand, verbanden sich die Klänge zu moderner Experimentalmusik, sie musste grinsen. Und sie war gespannt auf Nina Pelikan, die Frau mit den Teufeln vorm Schlafzimmerfenster. Würde sie fluchen oder ein Halleluja schmettern? Die drittletzte Frau stöhnte geradezu aufreizend laut. Dann stellte sich Nina mit dem Gesicht gegen die Wand und hob, wie all die anderen zuvor, den Fuß an wie ein Pferd, das neue Hufeisen erwartete. Der Bademeister setzte ein demonstratives Frühaufsteherlächeln auf. «Und Sie hatten tatsächlich Teufel vor Ihrem Fenster? So etwas habe ich noch nie gehört. Aber kalte Wadengüsse sollen auch gut gegen Albträume sein. Also, dann wollen wir mal   …»
    Er leitete den Strahl auf Ninas Fuß. Wenckes Beine bekamen kalte Spritzer ab, die eisig an ihren Knien hängen blieben, sodass sie schon jetzt nach Luft schnappen musste vor Schreck.
    Doch Nina Pelikan schwieg. Nicht ein einziger Ton kam über ihre Lippen. Weder zuckte sie in irgendeiner Weise zusammen, noch verzog sie auch nur einen Millimeter ihres ausdruckslosen Gesichtes. Selbst der Bademeister schaute irritiert. Für ihn gehörten spitze Aufschreie wahrscheinlich zum Job. Und wenn jemand schwieg, war das dann fast erschreckend.Das Eiswasser traf auf Nina Pelikans Haut, perlte ab, tropfte auf die Fliesen. Und Nina Pelikan schwieg.
    «Tapfer!», sagte der Bademeister. «Und nicht abtrocknen. Erst wenn es kribbelt, weil dann die Durchblutung einsetzt. Die Nächste bitte!»
    Nina Pelikan ging an Wencke vorbei Richtung Ausgang. Man konnte noch nicht einmal ein stolzes oder triumphierendes Lächeln auf ihren Lippen sehen, weil sie sich bislang als Einzige nicht so hysterisch aufgeführt hatte. Vielleicht war es ja wirklich nur halb so schlimm, überlegte Wencke, die anderen Frauen waren wahrscheinlich überkandidelt oder verweichlicht.
    Wenn Nina Pelikan das kann, kann ich das auch. Auch ich werde schweigen, dachte Wencke, auch ich werde mich nicht zu einem lachhaften Gekreische hinreißen lassen. Ein bisschen kaltes Wasser, was ist das schon   …
    «Die Nächste bitte!», erinnerte der Bademeister.
    Wencke stellte sich gegen die Wand. «Scheiße!», jodelte sie. Dreimal hintereinander. Volle Lautstärke.

7
    Schriftliches Dividieren mochte Mattis jetzt gern. Es war so schön logisch und sah auch noch gut aus, wenn der Zahlenweg wie eine Treppe zur Lösung führte. Die Schule hier schien wirklich toll zu sein. Nur er und Joy-Michelle saßen in dem gemütlichen Raum, der eher wie ein Kinderzimmer als wie ein Klassenraum aussah. Hunderte Bilder von fremden Kindern, die ebenfalls mal hier auf Kur gewesen waren und den Unterricht der
Sazellum -Klinik
besucht hatten. Viele hattendie Wälder gemalt oder das Hermannsdenkmal auf dem Berg. Man konnte an der Wand fast kein freies Fleckchen mehr ausmachen. Er nahm sich vor, die verschiedenen Bäume im benachbarten
Silvaticum -Park
zu zeichnen und ihre Namen darunter zu schreiben. So eine Art Lehrgalerie für Bäume, die Idee war doch gar nicht so schlecht. Und wenn er drei Wochen hier blieb und man eh nur dienstags und donnerstags an den PC durfte, hatte er auch sonst keine Ablenkung und könnte das wohl schaffen.
    Die Lehrerin hieß Frau Möller, war richtig chic und trug einen kurzen Rock. In Bremen hatte Mattis einen alten Typen an der Tafel stehen, der nie in der Lage gewesen war, ihm das Geteiltrechnen vernünftig zu erklären, und anscheinend auch gar keine Lust dazu hatte. Und diese Frau Möller hier hatte es schon in der ersten Stunde geschafft, dass er die Sache endlich kapierte. Konzentriert, mit der Zunge zwischen den Vorderzähnen, machte Mattis sich schon an die dritte Aufgabe. Die ersten beiden waren richtig gewesen.
    Die Lehrerin stellte sich neben ihn, und als sie sich zum Heft herunterbeugte, fiel eine blonde Haarsträhne auf sein Mathebuch. «Schön machst du das, Mattis. Was hast du für eine Note in Mathematik?»
    «’ne Vier.»
    «Kann ich mir gar nicht vorstellen. Du kannst das doch ganz toll.»
    «Hier ist es aber irgendwie anders.»
    «Ja, das sagen einige Kinder.» Sie ging wieder

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