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Die Wacholderteufel

Die Wacholderteufel

Titel: Die Wacholderteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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glücklich verheiratet und stolzer Vater eines Zwillingspärchens, dennoch verknallte er sich gern mal ein bisschen heimlich Hals über Kopf. Und diese Frau war genau so eine Erscheinung, beider ihm das passierte. Er stieg vom Rad und stellte es an die Wand. Ihm fiel kein Spruch ein, so was Dummes, aber wenn diese Gefühlssache mit ihm passierte, war er stets verklemmt wie ein Konfirmand. Wohin mit den Händen? Was sagen? Was nicht?
    Sie kam ihm zu Hilfe. «Ist das hier wenigstens eine Einsatzfahrt, bei der es sich lohnt, Leib und Leben von Zivilisten zu riskieren?»
    So was Fatales: Sie war auch noch humorvoll. Erst im dritten Anlauf gelang ihm der nächste Satz: «Ich suche nach einer Frau.»
    «Privat oder dienstlich?»
    «Nun   … dienstlich.» Jetzt musste er sich aber zusammenreißen. «Kennen Sie Frau Grottenhauer, oder noch besser: Wissen Sie vielleicht, wo ich sie finden kann?»
    Das Lächeln gegenüber versiegte leider. «Eine Einheimische?»
    «Ja. Sie stammt aus Bad Meinberg. Ich suche sie lediglich als Zeugin. Können Sie mir denn weiterhelfen?»
    «Ja und nein.»
    Frauen wie diese sollten keine solchen Antworten geben. Es verwirrte ihn nur noch mehr. Er klingelte einfach so ein bisschen an der Fahrradglocke herum. Fünf-, sechsmal, bis sie merkte, dass er nicht imstande war, etwas zu erwidern.
    «Wissen Sie, ich kenne keine Frau Grottenhauer. Aber ich vermisse meine Tischnachbarin. Sie ist heute noch nicht aufgetaucht.»
    «Krank?»
    «Nein, ihr Sohn hat sich an mich gewandt, weil Nina Pelikan heute Morgen nicht auf dem Zimmer war. Wir waren schon bei der Rezeption und haben so etwas wie eine interne Vermisstenanzeige aufgegeben. Ich dachte eigentlich, Sie seien deswegen hierher gekommen.»
    «Nein, das hat einen anderen Grund. Aber ich finde es sehr, also, interessant, was Sie mir erzählen.»
    «Ich mache mir Sorgen um Nina. Sie ist leicht depressiv, glaube ich. Und sie hatte gestern den Zeitungsartikel über diese Selbstmörderin von letzter Woche in der Hand. Mehr kann ich nicht dazu sagen. Ich würde Ihnen aber gern helfen, wenn Sie sich auf die Suche nach Frau Pelikan machen.»
    «Das ist, also, sehr nett. Kann ich Sie irgendwie   …» Da war der Atem schon wieder zu Ende.
    «Ob Sie mich erreichen können?»
    Norbert Paulessen nickte.
    «Hier ist Handyverbot. Wir sind hier, um uns in aller Ruhe auf unsere Mutterrolle vorzubereiten. Abgeschottet vom Rest der Welt», spottete die Hübsche. «Aber Sie können mir gern Ihre Nummer aufschreiben, für alle Fälle!»
    Paulessen kam der Aufforderung unverzüglich nach und fingerte eine Dienststellenkarte aus der Brusttasche. «Ich bin immer viel unterwegs, am sichersten erwischen Sie mich auf dem Mobiltelefon.»
    «Gut! Und sollten Sie mich brauchen, können Sie via Rezeption Bescheid geben. Mein Name ist Wencke Tydmers. Können Sie sich das merken?»
    «Nein», sagte Paulessen.
    «Dann lassen Sie mal das Geklingel und schreiben es sich auf, schlage ich vor.»
    Er zuckte ertappt zusammen, nestelte in seiner Aktentasche nach dem Notizblock und schaffte es schließlich, den Kugelschreiber aus dem Gehäuse zu drehen.
    Sie nahm ihm den Stift ab. «Lassen Sie mal, ich übernehme das. Mit dem Buchstabieren ist es so eine Sache, wenn man einen Namen mit Y hat.» Sie schrieb schwungvoll ihren Namen auf das Blatt, dann reichte sie ihm seine Sachen zurück.
    «Ich muss jetzt rein. Ich habe Termine.»
    «Warum?», fragte er und biss sich gleich danach vor Peinlichkeit auf die Zunge. Doch die Frau, deren Namen er sich nicht merken konnte, weil er viel zu durcheinander war, lächelte wieder.
    «Ich bin nicht zur Erholung hier», sagte sie, schaute aber so nett, dass er ihr diesen Satz nicht abnehmen wollte. Er beugte sich runter und schloss das Fahrrad ab, als er sich wieder umdrehte, war sie schon im Klinikeingang verschwunden.

17
    «Ich bin ein armes Teufelskind
    so heiß wie das Feuer, so leicht wie der Wind.
    Von keinem geliebt und von keinem geehrt
    dem Wacholderrauch einst den Sieg erklärt.
    Mein Vater aus den Steinen stieg
    zu führen einen alten Krieg
    zu lieben eine Jungfrau rein
    … hm, zu lieben eine Jungfrau rein   …»
    Mattis stand in der Mitte des Raumes, hielt seinen Umhang fest um den Hals gezurrt und stockte abermals an dieser bescheuerten Stelle mit der reinen Jungfrau. Die Lehrerin hatte bis zum dritten Versuch noch gelächelt, inzwischen sah man ihr aber doch an, dass sie etwas genervt war von seinem mangelnden Ehrgeiz. Joy-Michelle

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