Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wacholderteufel

Die Wacholderteufel

Titel: Die Wacholderteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
Vom Netzwerk:
Ich habe keine Ahnung. Ich glaube, sie hat ihn scharfgemacht. Mein Ulrich ist doch sonst nicht auf kleine Mädchen angewiesen.
     
    P: Frau Grottenhauer sagt, Ihr Sohn hätte sie genötigt, den Wagen zu lenken, weil er selbst nicht mehr fahren konnte, aber unbedingt nach Hause wollte. Können Sie sich das vorstellen?
    Z: Das ist Schwachsinn. Ulrich hat keine Menschenseele an sein Auto gelassen. Noch nicht einmal sein Bruder Stefan durfte fahren, selbst wenn es nur darum ging, die Auffahrt vor dem Haus frei zu machen, da hat der Ulrich absolut was dagegen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er die Grottenhauer ans Steuer gelassen hat. Beim besten Willen nicht.
     
    P: Und was glauben Sie dann?
    Z: Das Mädchen hat den Zustand meines Sohnes ausgenutzt und ist unerlaubt mit dem Wagen gefahren. Und weil sie zu blöd dazu war, ist mein Sohn jetzt tot. Sie hat ihn umgebracht. So sieht es aus.
     
    P: Und warum sollte sie das getan haben?
    Z: Woher soll ich das wissen? Wahrscheinlich weil sie ein Flittchen ist und mein Sohn nichts von ihr wissen wollte. Könnte doch sein.
     
    P: Hatte Ihr Sohn öfter mit Alkohol zu tun?
    Z: So viel oder so wenig wie jeder andere junge Mann in seinem Alter.
     
    P: Ist Ihr Sohn, wenn er getrunken hat, aggressiv oder in anderer Weise auffällig gewesen?
    Z: Manchmal hat er einen Fadenriss, oder wie man dasnennt. Er konnte sich ab und zu nicht mehr erinnern, wo er sein Fahrzeug abgestellt hat. Dann musste sein Bruder ihn am nächsten Tag in der Gegend herumkutschieren, bis sie das Auto gefunden hatten. Aber aggressiv ist er nicht, mein Ulli.
     
    P: Wussten Sie, dass Janina Grottenhauer ein Kind von Ihrem Sohn erwartet?
    Z: Nein.
     
    Unterschrieben und für richtig befunden
    gez. Margret Brampeter
    gez. Heinz-Dieter Hageloh
     
    Dilettantisches Verhör, ärgerte sich Paulessen. Obwohl es ja damals lediglich darum ging, die Aussage des Mädchens zu prüfen, dass das betrunkene Unfallopfer sie zu der Fahrt genötigt hat und sie nicht absichtlich beim Rückwärtsfahren über den am Rinnstein Sitzenden gefahren ist.
    Soweit sich Paulessen erinnerte, war dies auch belegt worden. Ulrich Brampeter hatte das schwangere Mädchen irgendwie unter Druck gesetzt, und sie hatte gegen ihren Willen den Unfallwagen gelenkt, ein Vorsatz konnte nicht nachgewiesen werden. Somit war Janina Grottenhauer vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung losgekommen. Es hatte noch nicht einmal einen Prozess gegeben.
    Janina Grottenhauer hatte das Kind irgendwo anders zur Welt gebracht und war seines Wissens nie wieder in Bad Meinberg aufgetaucht. Ihre Eltern hatten den Dorftratsch auch nicht lange ausgehalten, auch wenn sie zu ihrer Tochter nicht gerade das innigste Verhältnis hatten, sie waren ein Jahr später ins Schwabenland ausgewandert.
    Die Dinge, für die sich Paulessen nun wirklich interessierte,standen natürlich nicht im Protokoll: Was für ein Mensch war Ulrich Brampeter gewesen, dass man zehn Jahre nach seinem Tod in der Nacht auf sein Grab schiss?
    Er knüllte das Butterbrotpapier zusammen, warf es in den Mülleimer unter dem Schreibtisch und packte seine Sachen in die Aktentasche. Die
Sazellum -Klinik
war nicht allzu weit entfernt. Vielleicht hatte er Glück und lief dort der Frau über den Weg, von der er sicher mehr erfahren würde. Janina Grottenhauer war fünf Jahre jünger als er. Paulessen erinnerte sich an ein dünnes Mädchen mit aschblondem Haar, eher unscheinbar und schüchtern, aber auch hübsch. Würde er sie wieder erkennen? Er zwickte sich die Klammern an die weiten Beine seiner Diensthose, verschloss die Tür des Flachdachbaus und schwang sich aufs Fahrrad.
    Norbert Paulessen, der Polizist zum Anfassen, fuhr die Brunnenstraße entlang und grüßte rechts und links, wie es sich für einen freundlichen Bad Meinberger gehörte: den Friseur neben der Polizeistation, die Frau des singenden Bäckers, den Gastgeber in der kleinen Fahrradpension, die chinesische Kellnerin aus dem Restaurant. Er wusste, sie alle hätten ihn zu gern vom Rad geholt und nach der Grabschändung befragt. Doch er beließ es beim «Hallo», bis er im Wällenweg vor der
Sazellum - Klinik
Halt machte und beinahe einer Schwangeren über den Fuß gefahren wäre.
    Die Rothaarige schaute ihn erschrocken an.
    «Entschuldigen Sie vielmals. Ist Ihnen etwas passiert? Ich war gerade so in Fahrt   …»
    Nun lächelte sie ziemlich breit. «Alles in Ordnung. Fuß noch dran.»
    Sie war unglaublich hübsch. Norbert Paulessen war zwar

Weitere Kostenlose Bücher