Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman
nach. Von ihrem Gezappel war ihr der Rock bis zur Hüfte hochgerutscht. Seine Hand fuhr nach unten. Ihr Entsetzen überwältigte sie beinahe, als sie ihn an ihrem Schoß spürte und dann den wilden Schmerz, als seine Finger sich in Schamhaar und empfindliches Fleisch krallten. Ihre Hände schlugen hilflos in der Luft umher. Sie spürte das Brennen, als seine Finger einzudringen begannen, und einen Ekel und eine Scham, die ihr ganzes Fühlen beherrschten. Eine ihrer Fäuste bekam eine der Kordeln zu packen, mit denen der Bettvorhang geschmückt gewesen war, doch es dauerte einen ganzen Herzschlag, bis diese Erkenntnis sich gegen die Panik durchsetzen konnte, die in ihrem Körper gellte.
»Du bist mein …«, stöhnte Sebastian und stieß noch stärker zu. Sie hätte schreien mögen, wenn sie genügend Luft dafür gehabt hätte. Sie spürte, wie seine Lippen an ihrem Hals saugten. Seine Hand in ihrem Haar riss ihr fast die Kopfhaut ab. »Du bist …«
Sie schlang die Kordel um seinen Hals. Ihre zweite Faust kam wie von allein nach oben und ergriff das freie Ende. Sie zog mit aller Kraft in beide Richtungen. Sebastian fuhr in die Höhe.
Sein Gesicht war eine grässliche Maske aus Blut und verschmiertem Speichel. Seine Hand fuhr von ihrem Schoß nach oben. Er versuchte, die Finger zwischen seinen Hals und die Kordel zu bekommen, aber Agnes hatte bereits zu stramm zugezogen. Seine Augen öffneten sich weit vor Entsetzen. Er warf sich herum; seine zweite Faust löste sich aus ihrem Haar. Sie wand sich, und er fiel seitlich von ihr herunter. Sein Gewicht zog sie mit sich, und plötzlich saß sie rittlings auf ihm. Er schlug nach ihr, aber sie wich den Schlägen aus und zog immer noch stärker an den beiden Enden der Kordel. Seine Zunge kam zwischen den Lippen hervor, zuckend wie die einer Schlange. Er bockte, doch sie saß auf seinem prallen Leib wie ein osmanischer Reiter.
Stirb, dachte sie vollkommen klar. Ich will dich sterben sehen. Ich will dich mit meinen eigenen Händen töten.
Plötzlich waren Arme um sie, die sie in die Höhe und von Sebastian herunterrissen. Sie wehrte sich und schlug um sich, doch wer immer sie gepackt hatte, er ließ nicht locker. Sie wurde vom Bett gezogen, obwohl sie versuchte, sich an einem der Pfosten festzuhalten. In ihr war keine Angst, nur ein Zorn, der ihr Herz beinahe bersten ließ. Sebastian holte gurgelnd Luft und begann zu würgen. Agnes fühlte sich auf die Beine gestellt und herumgewirbelt. Sie hob die Krallen, um Augen auszukratzen, aber ihre Hände wurden festgehalten. Sie ließ das Knie nach oben schnellen, doch sie traf nur einen schützend nach vorn geschobenen Oberschenkel.
Jemand mit Andrejs Stimme sagte: »Au, verdammt!«
Ihr Blick klärte sich. Sebastian auf dem Bett hinter ihr gurgelte und keuchte noch immer. Sie sah Andrejs gerötetes Gesicht dicht vor sich, halb versteckt hinter dem zerzausten Vorhang seiner Haare. Er atmete schnell. Die Erkenntnis, dass es ihr Bruder war, der sie festhielt, ertrank im nächsten Moment in einer neuen Woge aus Wut und Scham, und sie versuchte, mit den Fingernägeln durch sein Gesicht zu fahren. Er fing ihre Hände mit knapper Not ab.
»Agnes!«, rief er und schüttelte sie. »Ich bin’s!«
Sie hörte ihn wie durch einen langen Tunnel. Was sie direkt in ihren Ohren zu hören schien, war das Gekeuche von Sebastian Wilfing. In ihre Wut mischte sich Bedauern, dass er noch am Leben war.
»Agnes!«
Im Hintergrund sah sie weitere Gesichter: Gesinde, die Buchhalter aus dem Kontor.
»Agnes, komm zu dir!«
»O mein Gott, Herr von Langenfels, sie ist verletzt! Das ganze Blut …«
»Das ist sein Blut!«, hörte sie sich krächzen, und ein Feldherr, der ein mit toten Feinden übersätes Schlachtfeld betrachtete, konnte nicht mehr Triumph in der Stimme haben.
Ihre Füße spürten, dass sie auf dem Boden standen. Ihre Knie gaben nach, dann drückte sie sie durch. Neben Andrej erkannte sie nun die blassen Züge von Oberbuchhalter Adam Augustýn.
»Ich kann stehen«, sagte sie. Sie riss sich von Andrej los und stolperte einen Schritt zur Seite. Augustýn machte die Bewegung mit. Sie fühlte sich irritiert, doch dann glitten ihre Blicke an sich herab. Ihr Mieder hatte sich so weit gelockert, dass ihre Brüste fast vollkommen entblößt waren, der Rock war zerrissen und der Unterrock so zerfetzt, dass er um ihre Knöchel hing. Augustýn versuchte, sie vor den Blicken der anderen abzuschirmen, während er geradezu verzweifelt bemüht
Weitere Kostenlose Bücher