Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman
aufgefallen ist, wo doch die Namensgleichheit besteht und so.«
»Ja, seltsam«, sagte Wenzel, der zwei Anträge Cyprians auf die Anknüpfung neuer Geschäftsverbindungen über das Reich hinaus, die noch aus jener Zeit in der Hofkanzlei lagen, in der alles in Ordnung gewesen war, unauffällig hatte verschwinden lassen.
Slavata klopfte Wenzel auf die Schultern. »Gut gemacht, Ladislaus«, sagte er. »Es war richtig, mich auf dieses Schreiben hinzuweisen. Sorg dafür, dass die Sache untersucht wird. Aber ganz unauffällig. Nicht dass dieser Cyprian Khlesl Wind davon bekommt und abhaut oder die Spuren seines Diebstahls verwischt.«
»Ich glaube, Cyprian Khlesl ist Anfang dieses Jahres verstorben«, sagte Wenzel. Ein letzter Versuch …
»Irgendwer wird ihn ja beerbt haben«, erklärte Slavata fröhlich.
»Ich kümmere mich sofort darum«, sagte Wenzel und angelte nach seinem Hut.
»Guter Junge.«
Wenzel zweifelte nicht einen Augenblick daran, dass das anonyme Schreiben von Sebastian Wilfing verfasst worden war. Natürlich entbehrte die Anschuldigung jeder Grundlage, aber das war auch nicht das Ziel gewesen. Es hatte nur dem Zweck gedient, die Aufmerksamkeit auf Agnes und Alexandra Khlesl zu lenken, nachdem die Verhaftung Andrejs offenbar noch nicht zum gewünschten Zirkelschluss in den Köpfen der Richter geführt hatte. Das Schlimme daran war, dass der Fettwanst damit unabsichtlich an etwas rührte, was tatsächlich vor sechs Jahren ein Diebstahl gewesen war, einer, bei dem der Dieb am Ende selbst bestohlen worden war: das Verschwinden der Kopie der Teufelsbibel aus dem Kuriositätenkabinett. Und natürlich war der Name Khlesl aufs Engste damit verbunden.
Wenzel rannte den Burgberg hinunter, dass sein Mantel hinter ihm herflatterte wie ein Banner. Agnes und Alexandra mussten so schnell wie möglich über diese Entwicklung informiert werden. Den Plänen seines Vaters (er hatte eine Weile versucht, Andrej auch in Gedanken Herr von Langenfels zu nennen, aber er war daran gescheitert) hatte er sich verweigert, und er fand, dass er recht daran getan hatte. Doch er würde nicht zusehen, wie die Familie, von der er unfreiwillig ein Teil geworden war, von einem habgierigen, rachsüchtigen Aasgeier aus der Vergangenheit vollends ins Verderben getrieben wurde.
Er verlangsamte seine Schritte erst, als er in der Nähe von Alexandras Haus war, und sah sich nach einem Gassenjungen um, den er mit der Bitte zu der jungen Herrin des Hauses senden konnte, ihn am bekannten Ort zu treffen. Sebastian Wilfing wollte er auf keinen Fall begegnen.
Wenzel ahnte nicht, dass Wilhelm Slavata, noch während er zur Kleinseite hinunterstürmte, vergessen hatte, dass »Ladislaus Kolowrat« sich um die Sache kümmern wollte. Der königliche Statthalter transportierte das Schreiben in seine eigene Arbeitsstube, legte es auf seinen Tisch, ging noch einmal hinaus, um Philipp Fabricius nach dem Fortschritt eines zu kopierenden Dokuments zu fragen, kehrte wieder zurück und fand als Erstes das anonyme Schreiben. Ein paar Lidschläge lang war ihm, als sei die Angelegenheit schon am Laufen, dann entschied er sich, auf Nummer sicher zu gehen. Er lehnte sich zur Tür seines Arbeitszimmers hinaus.
»Philipp Fabricius!«
»Ja, Exzellenz?«
»Bring das zum Stadtrichter. Er soll sich darum kümmern.«
7
Der Lakai öffnete das Portal des Lobkowicz’schen Palastes und setzte zu einer milden Kritik an (man konnte nie wissen, wie viel Macht der Besucher hatte) mit dem Inhalt, dass es nicht nötig sei, die Tür mit den Füßen zu bearbeiten. Es gebe einen Klopfer, und man müsse ohnehin nicht lange warten, bis einem aufgetan wurde, anders als in den Palästen anderer Herrschaften, wo das Dienstpersonal einen oft aus reinem Trotz stundenlang vor dem Eingang …
Alexandra fegte ihn beiseite, bevor er auch nur Atem geholt hatte. Sie stürmte durch den Gang und in den ersten Stock des Palastes hinauf, keinen Gedanken daran verschwendend, dass sie sich im Haus des mächtigsten Mannes nach dem Kaiser benahm, als wäre sie in ihrem eigenen Heim. Erst vor der Kammer, in der Heinrich lag, hielt sie kurz inne und strich sich das Haar aus dem Gesicht, dann trat sie ein. Heinrich blickte überrascht auf. Es tat ihr gut zu sehen, wie sein Gesichtsausdruck sich in Bestürzung verwandelte, als sie die Neuigkeiten hervorsprudelte. Es zeigte ihr, wie viel Anteil er an ihrem Wohlergehen und dem ihrer Familie nahm.
»Er hat was?«
Alexandra erklärte ihm, was der
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