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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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schnappen Sie sie.«
    »Wer ist sie?«
    »Totes Fleisch«, sagte Heinrich.
    »Was?« Filippo schluckte.
    »Wenn sie entkommt, hängen wir alle«, sagte Heinrich. »Sie können sich christliche Nächstenliebe nicht leisten.«
    »Ich habe noch nie …«
    »Halten Sie den Mund. Los geht’s!«
    Filippo fühlte sich nach vorn geschoben. Er trabte los. Die Beine waren ihm auf einmal schwer, und sein Herz hämmerte bis in seinen Kopf. Er schalt sich einen Narren. Was hatte er gedacht? Dass sie die Geflohene einfach zurück nach Pernstein eskortieren würden, wo die Herrin ein paar mahnende Worte sprach, und das war es dann gewesen?
    O mein Gott, dachte er im selben Moment, ich werde dafür verantwortlich sein, dass ein Leben genommen wird.
    Er erinnerte sich daran, wie Vittoria gesagt hatte, eines Tages würde sie Rattengift in das Essen Scipione Kardinal Caffarellis mischen. Er hatte stets dazu gegrinst. Man konnte zu der Aussicht, dass man am Tod eines Menschen mitschuldig war, leicht grinsen, wenn diese Aussicht ganz weit weg und ohnehin nur Gerede war.
    Als er sich dem Dickicht näherte, war er drauf und dran, einfach weiterzugehen. Doch dann schlich er sich heran und schob sich mit trockenem Mund und klopfendem Herzen so weit hinein, wie er es wagte, ohne großen Lärm zu machen. Von einer Lichtung konnte er weit und breit nichts sehen. Er verhielt, ratlos, was er tun sollte. Doch dann hörte er das Stampfen von Pferdehufen. So laut wie es klang, musste Heinrich seinen Gaul tänzeln lassen. Er hörte das Tier schnauben und wiehern und daraufhin einen Fluch, den Heinrich ansonsten vermutlich zwischen den Zähnen zerdrückt hätte. Es hörte sich an wie eine schlechte Komödie. Filippo wusste, dass jemand, der zitternd in seinem Versteck hockte und sich nichts mehr wünschte, als dass der Verfolger vorüberziehen möge, sich keine derart diffizilen Gedanken machte. Dann hörte er ein weiteres Geräusch, und ein Kribbeln lief über seinen Körper: das schnelle Atmen eines Menschen, der Angst hatte, und das Rascheln von Geäst, mit dem sich jemand nicht weit vor ihm durch das Unterholz schob. Er spitzte die Ohren.
    Das Pferd wieherte erneut, und Heinrich ließ einen Strom von gotteslästerlichen Worten ertönen. Filippo war sicher, dass dies das Signal für ihn war. Wie ein Eber stürzte er sich in das Dickicht hinein.
    Tatsächlich, da war eine kleine Lichtung, in der der tote Stamm lag wie ein vermodernder Wal. In einer kleinen Bresche kauerte eine Gestalt in einem langen Kleid, die herumfuhr, als er krachend durch das Gestrüpp auf die Lichtung brach. Sie hatte eben angefangen, sich in das Unterholz zu wühlen, um hinaussehen zu können. Filippo sprang über einen verfaulten Ast, stolperte über andere, halb im Boden versunkene Hindernisse und war bei ihr, als sie sich gerade aufgerichtet hatte. Er nahm langes Haar und zwei aufgerissene Augen wahr, dann prallte er mit ihr zusammen. Sie schrie. Er prasselte mit ihr in Äste und nassen Farn. Sie zappelte. Er wälzte sich über sie und versuchte, ihre Hände einzufangen. Sie schlug nach ihm. Er merkte erst jetzt, dass sie ein seltsam altmodisches Kleid mit angenähten Ärmeln trug, als es unter einer Achsel aufriss und eine Brust fast entblößte. Sie hörte nicht auf damit, auf ihn einzudreschen, doch er starrte wie gebannt auf die weiße Haut, die sich ihm zeigte, und die Rundung der Brust, und Entsetzen beschlich ihn, als er fühlte, wie er steif wurde. Das Entsetzen wurde noch größer, als er etwas Hartes im Rücken fühlte und eine Stimme hörte, die schrill vor Panik war: »Runter von ihr, oder ich drücke ab!«
    Im ersten Moment erstarrte er, im zweiten Moment kam ihm der Gedanke, sich einfach zur Seite zu werfen. Doch wer immer ihn bedrohte, schien zu fühlen, wie sich seine Muskeln anspannten, denn die Mündung wurde ihm noch härter ins Fleisch gepresst. Er ließ die Schultern sinken. Der Druck wurde leichter, und er hörte das Knacken, mit dem jemand hinter ihm einen Schritt zurücktrat. Er starrte in das hübsche Gesicht der jungen Frau, die er zu Boden gezwungen hatte, und sah sie zu seiner großen Fassungslosigkeit fröhlich grinsen. Ihre Hände, die eben noch auf ihn eingeschlagen hatten, hingen vor seinem Gesicht in der Luft und vollführten tanzende Bewegungen. Die Frau begann zu summen.
    »Aufstehen!«, hörte er.
    Er richtete sich auf, darauf vorbereitet, dass die Frau auf dem Boden ebenfalls aufspringen und sich auf ihn stürzenwürde. Doch sie

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