Die Waffen nieder!
Augustenburger möge eiligst, sofort, in die Verwaltung der Herzogtümer eingesetzt werden. Österreich hat aber auch etwas zu sagen und sagt – indem es den Augustenburger als Luft behandelt, – daß es den Besitz des Kieler Hafens gern zugestehe, aber gegen die Rekrutierung und Matrosenpresse sich verwahre.
So wird unablässig fortgestritten. Preußen erklärt, daß seine Forderungen nur im Interesse Deutschlands gemacht werden, daß es Annektierung gar nicht verlange; – Augustenburg möge, unter Gewährung der gestellten Forderungen, sein Erbrecht antreten; wenn aber diese notwendigen und billigen Ansprüche nicht befriedigt werden, dann, – mit drohend erhobener Stimme, – dann werde es vielleicht gezwungen sein, mehr zu fordern. – Gegen diese drohenden Ausrufe erheben sich sofort höhnische, hämische, hetzende Stimmen. In den Mittelstaaten und in Österreich wird die öffentliche Meinung gegen Preußen und namentlich gegen Bismarck immer mehr verbittert. Am 27. Juni tragen die Mittelstaaten darauf an, von den Großmächten Auskunft zu verlangen, aber (Auskunftgeben ist auch nicht diplomatischer Brauch, nur alles schön geheim) die Großmächte unterhandeln unter sich. König Wilhelm reist nach Gastein, Kaiser Franz Joseph nach Ischl. Graf Blume fliegt zwischen beiden hin und her, und man einigt sich über verschiedene Punkte: die Besatzung soll halb österreichisch und halb preußisch werden. Lauenburg wird, – wie es ja selber wünschte, – Preußen einverleibt. Dafür erhält Österreich eine Entschädigung von zweieinhalb Millionen Taler. Dieses letztere Ergebnis ist durchaus nicht imstande, mir patriotische Freude einzuflößen. Was soll den sechsunddreißig Millionen Österreichern, – selbst, wenn sie unter ihnen verteilt würde, was nicht geschieht, – diese unbedeutende Summe nützen? Würde sie die Hunderttausende ersetzen, die zum Beispiel ich bei Schmitt & Söhne durch den Krieg verloren? Oder gar die Verluste derjenigen, die ihre gefallenen Lieben beweinen ?... Was mich freut, ist ein am 14. August zu Gastein unterzeichneter Vertrag. – »Vertrag«, das Wort klingt so friedensverheißend. Erst später habe ich die Erfahrung gemacht, daß die internationalen Verträge sehr oft dazu da sind, um durch gelegentliche Verletzungen dasjenige herbeizuschaffen, was man einen » casus belli « nennt. Da braucht denn nur einer den anderen des »Vertragsbruches« anzuklagen und sofort springen – mit allem Anschein der Verteidigung verbriefter Rechte – die Schwerter aus der Scheide.
Mir jedoch gewährte der Gasteiner Vertrag Beruhigung. Der Streit schien beigelegt, General Gablenz, – der schöne Gablenz, für welchen wir Frauen alle leise schwärmten, – ward Statthalter in Holstein; – Manteuffel in Schleswig. Auf meine im Jahre 1460 erhaltene Lieblingszusicherung, daß die Lande ewig zusammenbleiben, »ungeteilt«, mußte ich jetzt doch endgültig verzichten. Und was meinen Augustenburger betraf, für dessen Rechte ich mich so mühsam erwärmt hatte, so geschah, daß der Prinz einmal ins Land kam und sich von seinen Getreuen anjubeln ließ, worauf ihm Manteuffel bedeutete, daß, wenn er noch einmal sich unterstände, ohne Erlaubnis in die Gegend zu kommen, er ihn unweigerlich verhaften lassen müßte. Wer das als keinen guten Witz der Muse Klio findet, der hat kein Verständnis für die »Fliegenden Blätter« der Geschichte.
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Trotz des Gasteiner Vertrages wollte die Angelegenheit nicht zur Ruhe kommen, und da ich nun, – durch Tante Mariens Brief und die darauf erhaltenen Auskünfte aufgeschreckt, – nunmehr wieder regelmäßig die politischen Leitartikel las und mich allseitig über die herrschenden Meinungen erkundigte, so konnte ich die Phasen des schwebenden Streites wieder genau verfolgen. Daß derselbe zu einem Kriege führen würde, fürchtete ich nicht. Solche Prozeßsachen mußten doch auf dem Wege der Prozesse, – nämlich durch Abwägung der Rechtsansprüche und durch hiernach zu fällenden Rechtsspruch, – zum Austrag zu bringen sein. Alle diese beratenden Minister- und Bundesversammlungen, diese unterhandelnden Staatsmänner und freundschaftlich verkehrenden Monarchen, würden doch mit diesen – im Grunde so unwichtigen – Streitfragen fertig werden. Mehr mit Neugierde, als mit Besorgnis folgte ich dem Gange dieser Angelegenheit, deren verschiedene Stadien ich in den roten Heften notiert finde:
1. Oktober 1865. In Frankfurt Abgeordnetentag, folgende Beschlüsse
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