Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)
Mann, der nicht davor zurückschreckte, seine Fehler einzuräumen, selbst wenn es auf Kosten seines Stolzes ging. Ohne den Anflug eines Gewissens hatte er sie in seinem Arbeitszimmer in die Enge getrieben, doch sobald sie ihm gegenüber Ehrlichkeit an den Tag gelegt hatte, hatte er es ihr gleichgetan. Heute hatte er sie in den Armen gehalten, als wäre sie ein kostbarer Schatz. Henry schien im Zusammenhang mit diesem Gespräch vollkommen irrelevant. »Er spielte nur eine kurze Rolle in meinem Leben«, sagte sie. »Ich muss Sie davor warnen, dass das Gesamtpaket nur selten ständig Grund zur Freude gibt. Ich …« Sie spürte, wie sie rot anlief. »Ich bin nicht immer so unterhaltsam. Ich kann stur wie ein Esel sein.«
Er zog die Augenbrauen hoch. »Tatsächlich? Dass Sie mal etwas zugeben, klingt wie Musik in meinen Ohren.«
Sein offener Humor machte ihr Mut. »Es stimmt. Und ich bin sogar ein bisschen stolz darauf. Aber das ist noch nicht alles.« Sie atmete durch. »Ich bin außerdem unbesonnen. Schamlos und maßlos. Vor allem, wenn ich Champagner trinke«, ergänzte sie mit einem aufreizenden Blick.
Sein Mund zuckte. »Ganz zu schweigen davon, dass ich extrem hohe Ansprüche an meinen Leibwächter stelle, auch wenn ich mich zuweilen so gebe, dass manch einer dazu verleitet wird, mich für begriffsstutzig zu halten … Ist das alles?« Sie blickte zu den Dachsparren empor. »Schrill«, fuhr sie fort und richtete den Blick wieder auf ihn. »Aber nur, wenn mir der Sinn danach steht. Manchmal ist mir einfach danach, zu schreien. Außerdem bin ich stolz. Und gerissen, aber das wissen Sie ja. Hin und wieder auch manipulierend. Und dann wäre da noch etwas …« Sie lachte. »Meine Katze kann mich nicht ausstehen.«
Phin schenkte ihr ein schiefes Lächeln. »Glauben Sie wirklich, ich bräuchte all diese Warnungen? Korrigieren Sie mich, falls ich mich irre, aber mir ist, als würden Sie meine Worte zitieren.«
»Mag sein.« Doch tief in ihrem Innern spürte Mina mit einem Mal einen Anflug von Unsicherheit. »Wenn Ihr Interesse an mir … nicht nur auf einer Laune beruht, dann sollten Sie wissen, dass ich an meiner Sturheit hänge. Um ehrlich zu sein, ist das mein Hauptfehler – ich bin unendlich stolz auf meine Fehler und habe nicht vor, mich zu ändern.«
»Klingt für mich, als würden Sie versuchen, sich selbst zu warnen.«
»Vielleicht, wer weiß«, flüsterte sie und stieß die Tür auf. »Kommen Sie mit.«
Er seufzte. »Ich finde, Sie sollten nach New York zurückkehren.«
Im ersten Moment war sie sich nicht sicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte. »Wie bitte? Aber Bonham …«
»Ich kümmere mich darum«, sagte er. »Bonhams Vorgehensweise lässt darauf schließen, dass er mit seiner Weisheit am Ende zu sein scheint.«
»Aber was, wenn ich doch etwas in den Unterlagen habe, das …«
»Die kann auch jemand anders überbringen. Ich möchte Sie so weit wie möglich von hier fort wissen. In New York haben Sie mehr Möglichkeiten. Davon abgesehen könnte ich ohne großen Aufwand dafür sorgen, dass Sie Personenschutz bekommen.«
»Also hat Ihr Interesse doch nur mit einer Laune zu tun.«
»Was? Nein.« Seine Stimme klang plötzlich weicher.
»Vertrauen Sie mir, Mina. Nur für die Dauer einiger Wochen. Nach vier Jahren dürfte das nicht schwer sein, oder?«
Mina verspürte den heftigen Wunsch, sich vor Lachen zu schütteln. Falls er versuchte, sie mit Zärtlichkeiten zu ködern, war er auf dem Holzweg – und ihre Hoffnungen unbegründet. »Ich soll Ihnen vertrauen, indem ich mich verstecke? Wie ein empfindliches Blümchen, das alles Ihnen und meiner Mutter überlässt?«
»Sie sollen mir vertrauen «, sagte er mit mehr Schärfe in der Stimme. »Sie sollen sich nicht verstecken. Wie Sie wissen, bin ich auf diesem Gebiet sehr erfahren. Erfahrener als Sie. Überlassen Sie mir die Angelegenheit, ohne dass ich mir auch noch Sorgen um Sie machen muss.«
»Ich verlange gar nicht, dass Sie sich um mich sorgen. So etwas schmeichelt mir ganz und gar nicht. Ich will nur Sie.«
Kaum hatte sie zu Ende gesprochen, nahm er sie beim Arm und zog sie in das Zimmer, für dessen Ausstattung – nackter Holzfußboden, durchgelegene Matratze, abgewetzter und im schwachen Schimmer des Lichtes dreckig wirkender Ohrensessel – Mina dieses Mal keinen Blick übrig hatte. Nein, sie hatte nur Augen für ihn, während sie sich innerlich auf einen Kampf einstellte, den sie mit aller Macht für sich entscheiden wollte. Mit
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