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Die Wahrheit der letzten Stunde

Die Wahrheit der letzten Stunde

Titel: Die Wahrheit der letzten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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gesprochen?«
    »Ich bin im Krankenhaus gewesen und habe sie auch gesehen, sie aber nicht gesprochen.«
    »Und warum nicht, Doktor?«
    »Sie war nicht in der Lage, sich zu unterhalten. Sie lag im Koma.«
    »Hatten Sie Gelegenheit, mit jemandem zu spreche, der mit ihrem Fall befasst ist?«
    »Ja. Ich habe mit einem ihrer behandelnden Ärzte gesprochen, der mir die Symptome und Testergebnisse mitgeteilt hat.«
    »Würden Sie uns sagen, was Sie erfahren haben?«
    »Sie wurde zur Beobachtung aufgenommen, wegen unerklärlicher Blutungen an den Händen. Im Krankenhaus bekam sie dann hohes Fieber und Krampfanfälle, es kam zu Nierenversagen und zum Herzstillstand. Die Ursache war keine Lungendefizienz, und offenbar war es auch kein Myokardialinfarkt. Ebenso wenig eine Myokarditis oder eine Kardiomyopathie. Kurz, die Ärzte behandeln die Symptome, ohne ihre Ursache zu kennen.«
    »Könnte eines dieser Symptome von der Mutter hervorgerufen worden sein?«
    »Ich denke schon, unter Umständen«, antwortet Birch. »Allerdings muss ich sagen, dass Blutungen und Fieber die am ehesten künstlich herbeizuführenden Symptome gewesen wären, und hierauf kann sie in der Klinik keinen Einfluss genommen haben, da sie seit Freitag nicht mehr bei ihrer Tochter im Krankenhaus gewesen ist. Ein abschließendes Urteil muss ich mir vorbehalten, bis ich mit Faith gesprochen habe.«
    Metz bleibt vor dem Zeugenstand stehen. »Wie würden Sie als Experte den Fall Faith White zusammenfassend beschreiben?«
    »Ich kann mich auch hier nur auf eine hypothetische Aussage beschränken, da ich keine Gelegenheit hatte, mit dem Kind selbst zu sprechen. Aber wenn dieses Gespräch sich mit meinem Gefühl decken würde, würde ich behaupten, sie ist Opfer des Münchhausen-Syndroms. Dem Kind geht es sehr schlecht, und ich würde dringend eine sofortige Trennung von der Mutter befürworten, um ihre geistige und körperliche Gesundheit wiederherzustellen beziehungsweise langfristig zu erhalten. Der Vater ist die offensichtliche Alternative - er ist in der Lage, dem Mädchen ein sicheres, fürsorgliches und stabiles Umfeld zu bieten. Selbstverständlich hängt das davon ab, ob es den Ärzten gelingt, den bereits angerichteten Schaden wiedergutzumachen. Aber wenn Faith ein Opfer des Münchhausen-Syndroms ist, denke ich, die Prognose ist sehr gut, wenn sie aus dem Koma erwacht, von ihrer Mutter ferngehalten und einer konstruktiven Psychotherapie unterzogen wird.«
    »Danke, Doktor.« Metz wirft einen Blick auf Joan. »Ihr Zeuge.«
    Joan bleibt am Tisch der Verteidigung sitzen und verschränkt die Hände. Sie trägt ihr pinkfarbenes Power-Kostüm, wie sie es nennt, und beginnt das Kreuzverhör mit großer Zuversicht. »Dr. Birch, sind Sie auf Bitte von Mr. Metz hier?«
    »Ja.«
    »Hat er Sie dafür bezahlt, dass Sie vor diesem Gericht als Zeuge aussagen?«
    »Einspruch«, meldet Metz sich zu Wort. »Das wurde bereits gefragt und beantwortet.«
    »Ich ziehe die Frage zurück. Wie lange praktizieren Sie schon?«
    »Dreiundzwanzig Jahre.«
    »Wie viele Patienten haben Sie in diesen dreiundzwanzig Jahren behandelt?«
    »Du meine Güte … fünfhundert? Sechshundert?«
    Joan nickt. »Verstehe. Und bei wie vielen von dies„ fünfhundert oder sechshundert Patienten haben Sie pe sönlich das Münchhausen-Syndrom diagnostiziert?«
    »Bei achtundsechzig.«
    »Haben Sie in jedem dieser achtundsechzig Fälle Mutter psychiatrisch begutachtet?«
    »Ja.«
    »Und haben Sie in diesen achtundsechzig Fällen das Kind psychiatrisch begutachtet?«
    »Ja.«
    »Haben Sie mit Mariah White gesprochen?«
    »Nein.«
    »Haben Sie mit Faith White gesprochen?«
    »Nein, Sie liegt im Koma, um Himmels willen.«
    »Ihre Diagnose dieser - extrem seltenen Krankheit - basiert also in diesem konkreten Fall auf Zeitungsartikeln, Arztberichten und sieben Jahre alten Patientenakten einer Nervenheilanstalt… sowie vielleicht noch auf Hörensagen?«
    »Nein…«
    »Sie können keine eindeutige Diagnose stellen, ohne mit Faith und Mariah zu sprechen, richtig?«
    Die Wangen des Psychiaters laufen rot an. »Ich kann eine wahrscheinliche Diagnose erstellen. Ich stehe kurz davor.«
    Joan wölbt skeptisch eine Braue. »Ich verstehe. Sie haben also festgestellt, dass Mariah White … wahrscheinlich am Münchhausen-Syndrom leidet. Wären im vorliegenden Fall noch andere Diagnosen möglich?«
    »Nun, so etwas ist immer möglich, Ms. Standish. Aber nachdem ich mich seit Jahren mit diesem Syndrom befasse, würde ich

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