Die Wahrheit der letzten Stunde
können, der sich den Fall genauer ansieht.«
»Sehr gut, Eure Exzellenz. Ich werde Vater MacReady hiervon unterrichten.«
Der Bischof legt auf und wählt gleich darauf die Nummer des Rektors des St.-John-Priesterseminars in Boston. Die beiden Männer unterhalten sich eine Weile über das Spiel der Celtics, ehe der Bischof zur Sache kommt, mit demselben berechnenden Charme, den er gewöhnlich seinen Spendenaufrufen vorbehält. Keine zehn Minuten später spuckt der Rektor einen Namen aus, den Andrews auf einem Zettel notiert und an seinen Assistenten weitergibt. Als er sein Büro verlässt, überlegt er, ob er Waffeln oder französischen Toast essen soll, und hat das kleine Mädchen mit den Stigmata bereits völlig vergessen.
Daran, dass ihre Mutter zum Frühstück Bananenpfannkuchen gebacken hat, erkennt Faith, dass das kein guter Tag werden wird. Eigentlich mag sie Pfannkuchen, aber wenn Bananen warm gemacht werden, riechen sie wie eingeschlafene Füße, und während sie sie herunterwürgt, muss sie ständig an verschwitzte Socken denken, was beim Frühstück ausreicht, einem den Magen umzudrehen. Sie hat ihrer Mutter schon Milliarden Male gesagt, dass sie Bananenpfannkuchen nicht mag, aber das registriert ihre Mutter ebenso wenig wie das meiste andere, was Faith sagt, sodass Faith sich manchmal fragt, ob ein Laut über ihre Lippen kommt, wenn sie spricht, oder ob sie die Worte nur in ihrem eigenen Kopf hört.
»Ma«, sagt sie, als sie sich an den Küchentisch setzt. »Ich möchte etwas anderes zum Frühstück.«
Wortlos tritt ihre Mutter an den Tisch und nimmt die Bananenpfannkuchen weg. Faith klappt die Kinnlade herunter. Wenn ihre Mutter zum Frühstück mehr Mühe und Zeit aufgewendet hat, als nur den Karton mit den Frühstückszerealien auf den Tisch zu stellen, hat Faith gefälligst aufzuessen, was sie vorgesetzt bekommt, vielen Dank. Faith sieht zu, wie ihre Mutter die Pfannkuchen in den Müllzerkleinerer gibt und diesen abwesend einschaltet.
»Und was soll ich essen?«
Ihre Mutter blickt blinzelnd zu ihr herüber. »Oh«, sagt sie, als sie in die Gegenwart zurückkehrt. »Ich weiß nicht. Haferbrei?« Ohne Faith’ Zustimmung abzuwarten, reißt sie eine Packung auf, schüttet Haferbrei in eine Schüssel und gibt heißes Wasser aus dem Boiler darüber. Mit einem lauten Knall stellt ihre Mutter die Schüssel vor sie hin. Faith schnuppert. Banane.
»Ich wette, Papa würde nicht von mir verlangen, dass ich etwas so Ekelhaftes esse«, murmelte sie unzufrieden.
Ihre Mutter wirbelt herum. »Was hast du gesagt?«
Faith schiebt trotzig das Kinn vor. »Ich wette, dass Papa, wenn ich bei ihm leben würde, nicht von mir verlangen würde, so was zu essen.«
Die Augen ihrer Mutter sind müde und gerötet, und ihre Stimme ist so leise, dass es Faith wehtut, ihr zuzuhören. Plötzlich fühlt sie sich, als hätte man ihr einen Tritt in den Magen versetzt. Sie sieht, wie ihre Mutter schluckt, als säße ein Kloß Bananen-Haferbrei in ihrer Kehle fest. »Möchtest du lieber bei Papa wohnen?«
Faith beißt sich auf die Unterlippe. Sie liebt ihren Vater, das stimmt, aber der Umgang mit ihrer Mutter ist irgendwie anders - lockerer und gleichzeitig enger -, und nach all den Jahren, die sie im Leben ihrer Mutter nur ein Randdasein geführt hat, ist Faith heute nicht gewillt, auch nur eine kostbare Sekunde der neugewonnenen Intimität zu verschenken.
»Ich möchte hierbleiben«, entgegnet sie langsam.
Es hat sich gelohnt, so wie ihre Mutter auf sie zustürzt und sie in die Arme schließt. Noch besser ist, dass ihre Mutter den Ellenbogen in den Bananenbrei steckt. »Verflucht«, schimpft sie und errötet dann. »Ich denke, ich mache dir besser etwas anderes.«
»Das denke ich auch.«
Sie beobachtet, wie ihre Mutter mit einem Schwamm ihren Ärmel säubert. »Ich bin nicht sehr gut in solchen Sachen«, sagt sie und fängt an, den Tisch sauber zu wischen.
Klumpen Haferbrei fallen vom Tisch und landen auf Faith’ Schoß und auf dem Fußboden. Sie blickt auf und betrachtet das Gesicht ihrer Mutter, das zur Hälfte von ihrem Haar verdeckt wird, das kleine Grübchen auf ihrer Wange. Als Kleinkind hat Faith immer diese Stelle berührt und darauf gewartet, dass das Grübchen erscheint, sobald ihre Mutter lächelt. Sie liebte es, sich in das Lächeln ihrer Mutter zu vertiefen.
»Du machst das großartig«, sagt Faith, steht schüchtern auf und drückt ihrer Mutter einen Kuss auf die Halsbeuge.
Vater MacReady wirft
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