Die Wahrheit des Alligators
Informationen handelt. Der Chefredakteur wird von Leuten unter Druck gesetzt, die mit Sado-maso-Praktiken und Kokain eigentlich nichts zu tun haben dürften. Es ist klar, daß was anderes dahintersteckt.«
»Welche Kreise?« fragte ich beunruhigt.
»Ha, jetzt werde ich mal geheimnisvoll tun. Sie liefern mir weiter die Informationen, und dann werden Sie schon sehen, daß auch ich was preisgebe.«
»Wenn das morgen der letzte Artikel ist, wozu sollen Ihnen meine Informationen dann noch dienen?«
»Ich bin jetzt dreißig Jahre in diesem Beruf, und ich weiß, wann ein Fall wirklich heiß ist. Ich habe mich nie für Schönfärberei oder Vertuschungen hergegeben, und ich werde bestimmt nicht jetzt damit anfangen. Der Chefredakteur hat mir einen anderen Auftrag zugeteilt, aber ich kann natürlich auf eigene Faust weiter recherchieren, wenn Sie mir eine Spur geben, die ich verfolgen kann.«
Ich schwieg lange, überlegte, ob es sinnvoll war, Galderisi in die Geschichte zu verwickeln. Ich verließ mich auf meinen Instinkt. »Einverstanden, aber wir benutzen weiterhin das Telefon als Kommunikationsmittel.«
»Ist mir recht.«
Auch Barbara Foscarini war schlechter Laune. Sie gabelte mich wieder im Banale auf.
»Das ist Ihr Werk, nicht wahr?« fragte sie mit schriller Stimme und warf Galderisis Zeitung auf den Tisch. »Setzen Sie sich, Frau Anwältin. Sie ziehen ja die Aufmerksamkeit des ganzen Lokals auf sich.«
»Neulich in meiner Kanzlei haben Sie mir versprochen, daß wir während der Ermittlungen immer zusammenarbeiten würden, aber wenn ich wissen will, was Sie entdeckt haben, muß ich in der Zeitung nachlesen.«
»Ich habe Ihnen nichts gesagt, weil Sie nicht damit einverstanden gewesen wären, die Informationen an die Presse weiterzuleiten. Sie hätten lieber alles einem Richter in die Hand gegeben, damit alles fein säuberlich in der Familie bleibt. Da wäre keine Bombe geplatzt, und alle hätten den wahren Sachverhalt weiterhin ignoriert. Jetzt hingegen sind alle gezwungen, sich damit auseinanderzusetzen, sowohl die Ermittler als auch der Mörder.«
»Sie meinen, Sie sind ein großer Detektiv, dabei sind Sie nur dumm. Alles, was Sie erreicht haben, ist, daß die Ermittler stinksauer sind. Ich habe mit dem Staatsanwalt gesprochen, er war so in Rage, daß er mir gedroht hat, er würde meine Karriere ruinieren, wenn sich herausstellen sollte, daß ich irgend etwas mit all dem zu tun habe.«
»Jetzt reicht’s«, platzte ich heraus und hob eine Hand. »Hören Sie ein für allemal auf, Schwachsinn zu reden, das geht mir nämlich auf die Nerven. Piera Belli hatte herausgefunden, daß Alberto Magagnin an der Ermordung von Evelina Mocellin Bianchini nicht schuldig war und daß jemand vorsätzlich auf seine Verurteilung hingearbeitet hat. Sie hatte begriffen, wer das war und von dem Augenblick an hatte sie ihn in der Hand und hat ihn schwer erpreßt. Nur hat sie übertrieben. Sie hat Magagnin sogar ins Haus geholt, was diesen Typen über jedes Maß gereizt haben muß. Schließlich hat er es nicht mehr ausgehalten und hat beschlossen, mit beiden aufzuräumen. Piera mußte sterben und Magagnin für immer im Gefängnis verschwinden. Alles ist glatt gegangen, bis ich am Ort des Verbrechens aufgekreuzt bin und mich dort ein bißchen umgesehen hab.«
»Was sagen Sie da, erklären Sie das genauer.« Ich redete ungefähr zwanzig Minuten lang. Erst als ich fertig war, spürte ich, daß ihre Hand schon ein Weilchen meinen linken Unterarm umklammert hielt. Als ich ihn wegzog, sah ich die Spuren ihrer Nägel auf der Haut. »Ich muß mit Alberto sprechen. An diesem Punkt muß er sich unbedingt stellen. Wir können beweisen, daß die Belli nicht die Voraussetzungen erfüllte, um Geschworene zu sein, und so können wir die Wiederaufnahme des Verfahrens erwirken. Mit den neuen Erkenntnissen kann die Staatsanwaltschaft …«
»Schon wieder diese Tour mit dem Sich-Stellen«, fuhr ich dazwischen. »Sie wissen besser als ich, wenn die Sache in die Hände der Ermittler gerät, dann erledigt sich alles mit der Rückkehr Magagnins ins Gefängnis. Der einzige Ausweg ist, den Mörder zu finden.«
»Buratti, Sie begreifen nicht …«
»Nein, Sie sind es, die nicht begreift. Sie haben ihn schon mal verurteilen lassen, und deswegen hat er fünfzehn Jahre im Gefängnis zugebracht. Jetzt lassen Sie mich machen.« Es war, als hätte ich sie geohrfeigt. Sie brach in Tränen aus und lief davon, die Hände vorm Gesicht. Der Barmann kam her und
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