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Die Wahrheit des Alligators

Die Wahrheit des Alligators

Titel: Die Wahrheit des Alligators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Carlotto
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herunter. Nach ein paar Minuten brach sie zusammen. Sie fing an zu weinen und zu schreien. Ein hysterischer Anfall wie aus dem Lehrbuch. Wir ließen die Minuten verstreichen, dann, auf mein Zeichen hin, versetzte Benjamino ihr eine Ohrfeige, so daß sie zu Boden fiel. Sie verstummte. Freundlich hob mein Partner sie hoch und setzte sie auf die Verkaufstheke. Er strich ihr über die Haare, trocknete ihr das Gesicht und steckte ihr eine Zigarette in den Mund. Sie war bereit. »Wer ist das?« fragte ich und deutete auf den maskierten Mann.
    »Ihr seid keine Polizisten, nicht?«
    »Wer ist das?« wiederholte ich.
    »Wir sind bereit, gut zu bezahlen für die Fotos.«
    »Wer ist das?« brüllte ich. Diesmal hatte ich die Rolle des Bösen übernommen.
    Sie erschrak. »Ich schwöre, ich weiß es nicht, ich habe es nie erfahren.«
    »Hat deine Mama dir nicht gesagt, daß man solche Sachen mit fremden Männern nicht machen soll?« fragte Rossini schneidend.
    »Nur Piera kannte ihn, ich hab ihn immer nur mit Maske gesehen.«
    »Wer hat sie umgebracht?« fragte ich.
    »Ich weiß es nicht, ich schwöre es, ich weiß es nicht. Vielleicht dieser Junge, Alberto. Ich habe mit den anderen geredet, von ihnen war’s keiner, sie hatten kein Motiv.«
    »Vielleicht bist du es gewesen. Sie hat dir das Kokain nicht bezahlt, das du ihr geliefert hast, und da hast du sie abgemurkst. Die Stichwunden sind nicht tief. Sie könnten auch von einer Frau zugefügt worden sein.«
    »Nein, ich mochte Piera. Sie war meine beste Freundin.«
    »Und ein guter Teil deines Einkommens. Wart ihr auch im Geschäftszweig Erpressungen Partnerinnen?« drängte ich.
    »Was für Erpressungen?«
    »Ich hab so das Gefühl, du willst uns verarschen. Weißt du, was wir machen, wenn du uns nicht die Wahrheit erzählst? Wir gehen durch diese Tür hinaus und geben das gesamte Material an die Presse. Hast du eine Vorstellung davon, wie danach dein Leben und das deiner lieben Freunde aussehen wird? Diese Stadt verzeiht alle Sünden, solange sie insgeheim begangen werden, auf wenige Eingeweihte beschränkt sind oder im Beichtstuhl geflüstert werden, aber wenn sie zur öffentlichen Angelegenheit werden, dann kennt sie keine Gnade.«
    »Ich schwöre, daß ich nicht weiß, wovon ihr redet.«
    Ich sah auf die Uhr. »Du hast eine Stunde Zeit, um mich davon zu überzeugen. Erzähl alles von Anfang an.« Sie bat um eine weitere Zigarette. »Ich habe Piera hier im Geschäft kennengelernt. Vor fünf Jahren ungefähr. Sie kam oft, und nach den Dessous zu urteilen, die sie aussuchte, und immer unter strikt seriöser Kleidung trug, mußte sie so sein wie ich … mußte sie eine bestimmte Art von Sex mögen. Zu diesem Zeitpunkt bestand der Freundeskreis schon, aber wir suchten schon lang eine zweite Frau. Ab und zu holten wir Prostituierte dazu, aber diese Sache mit dem Aids, da kann man sich nicht drauf verlassen. Es war nicht schwer, mit ihr Freundschaft zu schließen. Ich habe ihr von unserem Kreis erzählt, und sie war gleich mit Begeisterung dabei. Sie nahm alle sofort für sich ein, durch ihre Art, und.«
    »Und …«, drängte ich sie.
    »… sie wurde unsere Zeremonienmeisterin. Sie übernahm die Organisation von allen unseren Treffen. Ihr Haus wurde der ›Tempel der Lustc, so nannten wir es.«
    »Tempel. Zeremonienmeisterin. so ein Quatsch«, unterbrach Benjamino sie. »Und das Kokain?« fragte ich.
    »Das Kokain. mit dem Kokain hat alles angefangen. Unsere Freunde sind Geschäftsleute mit Beziehungen nach Südamerika. Anfänglich brachten sie ein paar Gramm mit.
    Jetzt zwei, drei Kilo im Jahr.«
    »Die werdet ihr doch nicht alle allein verschnupfen, diese Souvenirs?«
    »Nein, sicher nicht. Wir verkaufen es an eine Frau, die sich um … Öffentlichkeitsarbeit kümmert.«
    »Bei uns nennt man das Prostitution«, unterstrich ich. »Es ist ein Netzwerk von Studentinnen und jungen Frauen, die von Politikern und Akademikern besucht werden. Alles sehr angesehene Leute.«
    »Weiß diese ›Madame‹ von deiner Freundschaft mit Piera Belli?« fragte ich.
    »Ja.«
    »Das sind sie«, flüsterte ich Benjamino ins Ohr. »Das sind die ›Kreise‹, von denen unser Freund, der Journalist, redet. Sie üben Druck aus, nicht weil sie was mit dem Verbrechen zu tun hätten, sondern weil sie verhindern wollen, daß die Ermittlungen bis zu ihrem Nuttennetzwerk vordringen. Die Angelegenheit kompliziert sich aber ganz übel.«
    »Das kannst du laut sagen. Ich befürchte, daß deine Ermittlungen im

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