Die Wahrheit des Alligators
geben wir Galderisi, und das andere benutzen wir. Öffentliche Telefone können wir nicht mehr benützen, weil man in zwei Minuten die Telefonzelle lokalisieren kann, und dann sind wir geliefert. Aber denk dran, dieses System ist bloß sicher, um die Festnahme zu verhindern. Abhören ist schon leichter.«
»Ich bezweifle, daß unser Freund, der Journalist, bereit ist, ein getürktes Handy zu benutzen.«
»Dann sag es ihm eben nicht.«
»Es bleibt mir gar nichts anderes übrig. Ich wette, du weißt, wie man sie sich beschafft.«
»Ich kenne einen Typen in Vicenza, der sie verkauft.«
»Und wie gelangt es zu Galderisi? Wenn er beschattet wird, können wir nicht hin.«
Genervt breitete der alte Rossini die Arme aus. »Du bist wirklich ein Anfänger. Alles muß man dir beibringen. Wir schicken ihm einen Kurier, diese Jungs mit Moped, weißt du, die Briefe oder Päckchen zustellen. In einer Zeitungsredaktion gehen die dauernd ein und aus. Das Handy wird völlig problemlos vor der Nase der Bullen vorbeigetragen.«
Er hatte recht, und ein paar Stunden später konnte ich mit Galderisi Kontakt aufnehmen. »Ich hoffe sehr, daß es nicht illegaler Herkunft ist.«
»Das dürfen Sie nicht einmal im Scherz sagen«, log ich, und versuchte überzeugend zu wirken. »Neuigkeiten?«
»Ich brauche Ihre Hilfe. Ich habe da eine Spur, der ich selbst nicht nachgehen kann.«
»Das heißt?«
»Die Kontobewegungen der Piera Belli in den letzten drei Jahren wären zu überprüfen. Insbesondere die im Zusammenhang mit einem Scheck über dreißig Millionen, von einer gewissen Giusy Testa zu ihren Gunsten ausgestellt.«
»Ich kenne jemand in dem Bereich. Bei welcher Bank war die Professoressa Kundin?«
Am nächsten Morgen war der Fall Belli im Lokalteil wieder groß aufgemacht. Man hatte den Diebstahl im Haus entdeckt, und der Oberstaatsanwalt hatte im Rahmen einer Pressekonferenz eine Reihe von Erklärungen abgegeben, die sogar das Interesse der nationalen Medien geweckt hatten. Zunächst hatte der hohe Justizbeamte betont, daß die Indiskretionen von Galderisis Zeitung den Ermittlungen geschadet hätten, und hatte daher die Presse aufgefordert, mehr Respekt für die Arbeit der Ermittler an den Tag zu legen. Diese waren selbstverständlich über die sonderbaren Gewohnheiten der Professoressa auf dem laufenden und versuchten nun zu klären, wer ihr das Kokain beschaffte. Des weiteren konnte es für den Staatsanwalt gar keinen Zweifel daran geben, daß Piera Belli erst nach ihrer Verpflichtung als Geschworene vom rechten Weg abgekommen war. Folglich war eine Wiederaufnahme des Verfahrens auszuschließen. Magagnin blieb der einzige Verdächtige, da die Fingerabdrücke und die Art des Verbrechens als Indizien mehr als ausreichend waren, um gegen ihn vorzugehen. Und auch gegen den- oder diejenigen, die ihm dabei behilflich waren, sich der Festnahme zu entziehen und die Ermittlungen zu behindern. Auch gegen sie wurde also aktiv ermittelt.
»Siehst du? jammerte der alte Rossini. »Sie machen ›offiziell‹ Jagd auf uns. Ich hab’s dir gesagt …«
»Sie wissen ja nicht mal, wo sie anfangen sollen, uns zu suchen. Hören wir lieber, ob Galderisi Neuigkeiten hat.« Er antwortete nach dem ersten Läuten. »Endlich. Ich konnte eine Kopie von den Kontoauszügen der Belli bekommen. Sie hatten recht: Dieser Scheck von Frau Testa ist eine heiße Spur. Er ist sofort in eine Banküberweisung an einen englischen Gerichtsmediziner umgewandelt worden, einen gewissen Professor Nigel Cook … wie der große Admiral. Ich habe das überprüft: Er ist bei Gericht Spezialist für Hämatologie und wird von Scotland Yard oft als Gutachter zugezogen. Er wohnt in London.«
Ich schwieg lange. Ich versuchte eine Verbindung zu dem herzustellen, was ich bisher herausgefunden hatte. Warum in aller Welt hatte die Belli einen englischen Fachmann konsultiert? »Sind Sie noch dran?« fragte der Journalist. »Ja, aber Sie müssen entschuldigen, ich bin etwas verwirrt. Diese Nachricht ist wirklich überraschend, und im Augenblick weiß ich sie nicht einzuordnen. Haben Sie eine Idee?«
»Nein, und ich muß jetzt Schluß machen. Lassen Sie mich weiteres wissen.«
Eine Stunde später waren wir in der Kanzlei der Anwältin Foscarini. Sie war mit einem Mandanten beschäftigt und ließ uns lange warten.
»Beim nächsten Mal machen Sie vorher einen Termin aus« waren ihre ersten Worte. Sie war noch beleidigt über das, was ich ihr bei unserer letzten Begegnung gesagt
Weitere Kostenlose Bücher