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Die Wahrheit des Blutes

Die Wahrheit des Blutes

Titel: Die Wahrheit des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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glühenden Vulkankraters entlangzubalancieren. Trotzdem bewegte er sich vorwärts. Die Ärztin wich zurück.
    »Was heißt das genau?«
    »Sie hat keinen Uterus.«
    Passan musste sich an die Wand lehnen, um nicht in Ohnmacht zu fallen.

74
    »Der JAL-Flug ist vor zwanzig Minuten gestartet, und Naoko und die Kinder sind an Bord. Leider ist nichts mehr zu machen. Nicht einmal beim Zoll können sie mehr aufgehalten werden, weil es kein Abkommen mit Japan …«
    Passan brauste mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Place de la République. Fifis Stimme am anderen Ende der Leitung schien ihm unendlich weit entfernt. Sein Puls lag bei hundertzwanzig. Sein Atem ging unregelmäßig.
    Trotzdem fuhr er sicher und zielstrebig. Auch wenn privat nichts von ihm übrig geblieben war – weder Ehemann noch Vater noch Mann –, so würde er doch immer noch Polizist bleiben.
    »Hast du den Staatsanwalt informiert?«, fragte er kalt.
    »Das wolltest du doch machen, oder?«
    »Gut, dann halten wir uns erst mal bedeckt.«
    »Keine internationale Fahndung?«
    »Wie du schon selbst festgestellt hast: Es würde nichts nützen. Ich muss jetzt erst einmal meine eigene Sache in Ordnung bringen.«
    Passan fuhr an der Polizeiwache Rue du Louvre vorbei in den Tunnel des Halles.
    »Was ist los?«, erkundigte sich Fifi mit einer Stimme, die zwischen Angst und Neugier schwankte.
    Passan überhörte die Frage.
    »Überprüfe alle Anrufe von Naokos Handy. Und auch die von den Handys in den Nachbarzimmern der Klinik.«
    »Warum denn das?«
    »Naoko ist nicht von gestern. Sie weiß ganz genau, dass wir ihr Telefon abhören. Kümmere dich auch um die Telefonnummern der Krankenschwestern und der öffentlichen Apparate im Krankenhaus. Und finde heraus, ob es dort Computer mit Internetanschluss gibt. Wir brauchen alles, was eine Verbindung nach draußen gewährleistet.«
    »Und was genau suchst du?«
    Passan kehrte ins Sonnenlicht zurück. Eine Ohrfeige aus Licht. Die Rue Turbigo war fast leer. Sonntag eben. Für alle außer ihm. Er war nun nicht mehr weit von seinem Ziel entfernt.
    »Sie hat die Flüge vom Krankenhaus aus reserviert«, antwortete er schließlich.
    »Ja und? Wir wissen doch, welchen Flug sie genommen hat.«
    »Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie außerdem noch jemand anderen kontaktiert hat.«
    »Und wen?«
    »Unseren Mörder.«
    »Will heißen?«
    »Dass die ganze Sache mit ihrer Vergangenheit zusammenhängt. Beeil dich und ruf mich wieder an.«
    Vor der Nummer 136 hielt Passan an. Mechanisch musterte er sich im Rückspiegel. Durch den Schock oder die Angst kam ihm sein Gesicht magerer vor als sonst. Umso größer wirkten seine Augen. Seine Haut schmerzte extrem. Passan schluckte eine von Fifis Wunderpillen. Etwas anderes schien nicht mehr zu helfen.
    Er ging zum Tor. Hier brauchte er keinen Code, sondern seinen Universalschlüssel. Er war schon einmal bei Isabelle Zacchary gewesen, nachdem er einen Mörder dank einer DNA-Analyse dingfest gemacht hatte. Ein kleines Fest unter Kollegen. Lauwarmer Champagner, ein Scheißkerl hinter Gittern und ein unschuldiges Opfer.
    Er erinnerte sich an eine geräumige Wohnung. Überall lag Spielzeug herum, und er hatte zum ersten Mal den Eindruck, die echte Zacchary zu sehen. Sie war verheiratet, Mutter von drei Kindern und hatte eigentlich anderes zu tun, als Fasern aus einem blutgetränkten Teppich zu klauben oder Speichelreste zu analysieren.
    Passan verschmähte den Aufzug. Hastig stieg er die Stufen in den dritten Stock hinauf. Schon auf der Schwelle roch es nach Toast und Rührei. Es war kurz nach eins: die beste Zeit für einen sonntäglichen Brunch. Düfte von Bagels, Frischkäse und Räucherlachs stiegen ihm in die Nase. Wie lange schon hatte er kein Familienfrühstück mehr erlebt?
    Er machte sich nach Art der Bullen bemerkbar – abwechselnd Klingeln und Klopfen –, bis endlich jemand öffnete. Isabelle Zaccharys zorniges Gesicht erschien. Als sie Passan erkannte, erstarrte sie. Zum ersten Mal sah sie seine Verbrennungen aus der Nähe. Sie versuchte es mit Humor.
    »Hast du dich endlich entschlossen, mich zu entführen?«
    Passan antwortete nicht. Sein Ausdruck sagte mehr als tausend Worte. Zacchary runzelte die Stirn. Ihr grau meliertes Haar war zu einem Knoten zusammengefasst, der ihr ein altmodisch russisches Aussehen verlieh.
    »Was ist los?«
    »Ich brauche deine Hilfe.«
    »Komm rein. Wir können in mein Arbeitszimmer gehen. Ich …«
    »Nein, komm du raus in den Flur.«
    Mit

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