Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wahrheit des Blutes

Die Wahrheit des Blutes

Titel: Die Wahrheit des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
Vom Netzwerk:
wenigen Worten erläuterte Passan ihr seine Situation. Erst während seines Berichtes wurde ihm selbst die erschreckende Logik der Ereignisse klar – eine Logik, deren erstes Opfer er selbst gewesen war. Es ging um einen Betrug, der zehntausend Kilometer entfernt begonnen hatte und auch dort wieder enden würde.
    »Und was willst du von mir?«
    »Hast du noch die Blutproben von Shinji und Hiroki? Die aus der Dusche?«
    »Natürlich. Die Ermittlung ist noch nicht abgeschlossen.«
    Passan steckte die Hand in die Tasche und zog ein etikettiertes Röhrchen hervor.
    »Hier ist Blut von Naoko. Ich habe es von der Ärztin in der Klinik bekommen.«
    »Ja und?«
    »Du nimmst mir Blut ab, und dann vergleichen wir alle vier DNA.«
    Zacchary blickte ihn erstaunt an. Frauen sind eher selten zu Scherzen über Mutterschaft aufgelegt.
    »Wozu soll das gut sein? Du kennst doch deine Antwort, oder?«
    »Ich will es schwarz auf weiß haben. Können wir die Tests jetzt sofort machen?«
    »Hat das nicht Zeit bis Montag?«
    Passan schwieg.
    Zacchary lächelte ihn resigniert an.
    »Komm rein. Ich muss telefonieren.«

75
    Das Labor für Genanalysen befand sich in Charenton. Passan fuhr die Kais des rechten Seineufers entlang in Richtung der nach Osten führenden Autobahn. Am Himmel ballten sich jetzt dicke schwarze Regenwolken. Ein Gewitter war im Anzug.
    Passan hatte erwartet, dass Zacchary ihn mit Fragen bombardieren würde, doch während der Fahrt wechselten sie kaum ein Wort. Tausend Überlegungen schwirrten ihm durch den Kopf. Wie war Naokos Verhalten einzuordnen? Verrat? Täuschung? Betrug? Kein Ausdruck erschien ihm hart genug. Und vor allem begriff er den Grund nicht. Warum hatte sie ihm nicht vertraut? Jede andere Frau hätte ihm die Wahrheit gesagt. Gemeinsam hätten sie die Entscheidung getroffen, ein Kind zu adoptieren. Dazu wären sie auch bis nach Japan gereist …
    Endlich verstand er, warum sie nie gewollt hatte, dass er sie zum Frauenarzt begleitete und warum er bei den Ultraschalluntersuchungen nicht dabei sein durfte. Ganz zu schweigen von den angeblichen Entbindungen in Tokio. Scheiß Asiatin!
    Aber auch andere Fragen quälten ihn. Wie war es möglich, dass sie zweimal vor seiner Nase eine Schwangerschaft vorgetäuscht hatte? Er hatte doch gesehen, wie ihr Leib sich wölbte, auch wenn Naoko ihn nie gebeten hatte, die Hand auf ihren Bauch zu legen. Er hatte gesehen, wie ihre Brüste voller und ihre Hüften breiter wurden. Und wie hatte sie die Adoption hinbekommen? Hätte sie nicht seine Unterschrift gebraucht? Gab es im Vorfeld keine Auskunftsverpflichtung? Oder Absprachen? Nun, er würde sich informieren. Er würde sie ausquetschen. Er würde die Verschwörung bis ins kleinste Detail aufdecken.
    »Kommst du jetzt?«
    Sie hatten ihr Ziel erreicht. Er war Zaccharys Anweisungen reflexartig gefolgt. Die halbe Stunde Fahrt war ihm vorgekommen wie wenige Sekunden, und er hatte sogar geparkt, ohne es zu bemerken.
    »Der Laborchef hat sich selbst bemüht«, sagte Isabelle, während sie die Tür öffnete. »Er wohnt gleich nebenan.«
    »Warum tut er das?«
    »Vielleicht wegen meiner schönen Augen.«
    Sie durchquerten einen Hof und erreichten ein unscheinbares Gebäude. Der Laborchef erwartete sie bereits. Passan bewegte sich vorwärts wie ein zum Tod Verurteilter auf dem Weg zur Guillotine. Seine Umgebung nahm er kaum wahr. Er wünschte sich nur noch, dass alles möglichst bald vorüber wäre. Dass er seinen Kopf aufs Schafott legen dürfte.
    Das Labor war ein in halbhohe Zellen aufgeteilter großer Raum. Ein konstantes Summen war zu hören: Die keimfreien Räume wurden ständig unter Druck gehalten, damit keine Bakterien eindringen konnten.
    Durch kleine Luken sah man Labortische voller Flaschen und Kanülen. Passan erkannte Zentrifugen, Brutschränke und an Mikroskope angeschlossene Computer. Eigentlich fehlten nur die Techniker in den weißen Overalls, die normalerweise hier arbeiteten.
    »Wo können wir rein?«, fragte Zacchary.
    »Gleich hier rechts«, antwortete der Wissenschaftler und streifte sich sterile Kleidung über.
    Wortlos reichte Zacchary Passan Overall, Überschuhe, Papierhaube und Latexhandschuhe. Auch sie selbst hatte sich bereits in eine Art Astronautin verwandelt.
    In der Zelle verblüffte ihn die blendende Helligkeit der Deckenbeleuchtung. Gehorsam rollte er seinen Ärmel hoch. Der Arzt nahm ihm Blut ab und erklärte ihm, dass es zwei Möglichkeiten der Genanalyse gab: eine schnelle und eine, die

Weitere Kostenlose Bücher