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Die Wahrheit eines Augenblicks

Die Wahrheit eines Augenblicks

Titel: Die Wahrheit eines Augenblicks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Moriarty
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inakzeptabel. Das hatte man davon, von der Freiheit! Man hält sich mit unnötigen Dingen wie einer Piratenparty auf.
    »Polly.« Cecilia versuchte, vernünftig zu klingen, nicht überspannt. »Wir haben die Einladungen bereits verschickt. Du feierst eine Piratenparty. Du wolltest eine Piratenparty. Also kriegst du eine Piratenparty.«
    Cecilia hatte bereits eine nicht rückzahlbare Anzahlung bei Penelope hinterlegt, der singenden und tanzenden Piratin, die wie eine echte Piratin bestimmt einen satten Preis verlangte.
    »Es ist ein Geheimnis nur für Daddy«, sagte Polly. »Nicht für dich.«
    »Gut, aber ich werde die Party nicht ändern.«
    Sie wollte, dass die Piratenparty perfekt würde. Aus irgendeinem Grund wollte sie diese Tess O’Leary beeindrucken. Auf irgendeine Weise fühlte Cecilia sich zu geheimnisvollen, eleganten Menschen wie Tess hingezogen. Die meisten von Cecilias Freundinnen waren echte Klatschbasen, die ständig alle durcheinanderschnatterten. Gemüse habe ich immer gehasst … Das einzige Gemüse, das mein Kind isst, ist Brokkoli … Mein Kleiner liebt rohe Karotten … Ich liebe auch rohe Karotten! Man musste mitschnattern, es ging gar nicht anders, ansonsten kam man nie zum Zug. Aber Frauen wie Tess schienen dieses Bedürfnis gar nicht zu haben, sich über gewöhnliche Dinge in ihrem Alltag auszutauschen, und gerade das machte sie für Cecilia so spannend. Ob ihr Liam Brokkoli mag? , überlegte sie. Sie hatte viel zu viel geredet, als sie Tess und ihre Mutter nach Schwester Ursulas Beerdigung am Vormittag getroffen hatte. Schwafel. Schwafel . Manchmal konnte sie sich selbst dabei zuhören. Tja.
    Cecilia lauschte dem blechernen Klang der Stimmen, stürmische Rufe auf Deutsch, die aus dem YouTube-Video klangen, das Esther sich gerade auf dem iPad ansah.
    Es war schon merkwürdig, wie tumultartige, geschichtliche Momente heute einfach so noch einmal abgerufen werden konnten, in diesem kleinen, alltäglichen Moment, auf dem Weg über den Pacific Highway nach Hornsby, und doch vermittelte es Cecilia auch ein vages Gefühl der Unzufriedenheit. Sie sehnte sich danach, etwas Großes, etwas Bedeutsames zu empfinden. Manchmal erschien ihr ihr Leben so klein . So unbedeutend.
    Wollte sie, dass etwas Großes, etwas Schreckliches passierte? Dass vielleicht eine Mauer quer durch die Stadt gebaut wurde, damit sie ihr gewöhnliches Leben schätzen lernte? Wollte sie lieber eine tragische Figur sein wie Rachel Crowley? Rachel wirkte wie entstellt nach dieser schrecklichen Sache, die ihrer Tochter widerfahren war, sodass Cecilia sich manchmal zwingen musste, den Blick nicht abzuwenden, so, als wäre Mrs. Crowley ein Brandopfer mit grauenhaften Verbrennungen, nicht eine angenehm freundliche, gepflegte Frau mit klassisch schönen hohen Wangenknochen.
    Ist es das, was du willst, Cecilia? Eine schöne, große, aufregende Tragödie?
    Natürlich wollte sie das nicht.
    Die deutschen Stimmen aus Esthers Computer kitzelten nervtötend in ihren Ohren.
    »Kannst du das bitte ausschalten, Esther?«, sagte Cecilia. »Das lenkt mich ab.«
    »Lass mich nur noch …«
    »Ausschalten! Könnt ihr nicht einmal tun, was ich euch sage, und zwar gleich und ohne Palaver? Nur ein einziges Mal?«
    Der Krach verstummte.
    Im Rückspiegel sah sie, wie Polly eine Braue hob und Esther mit einer Handbewegung mit den Schultern zuckte. Was ist nur los mit ihr? – Keine Ahnung . Cecilia konnte sich an ähnlich stumme Unterhaltungen mit Bridget erinnern, als sie als Kinder selbst auf dem Rücksitz im Auto ihrer Mutter gesessen hatten.
    »Entschuldigt«, bat Cecilia kurz darauf reumütig. »Tut mir leid, Mädels. Ich bin nur …«
    … beunruhigt, dass euer Vater mir etwas vorschwindelt? … sexbedürftig? … sauer, weil ich Lucy O’Learys Tochter heute Morgen auf dem Schulhof so vollgeschwafelt habe? … kurz vor der Menopause?
    »… traurig, weil Daddy nicht da ist«, schloss sie ihren Satz. »Es wird schön, wenn er wieder zurück ist aus Amerika, stimmt’s? Und er wird sich freuen, euch zwei wiederzusehen.«
    »Ja, ganz bestimmt«, seufzte Polly. Sie überlegte kurz und fügte dann hinzu: »Und Isabel.«
    »Natürlich.« Cecilia nickte. »Isabel auch, natürlich.«
    »Daddy sieht Isabel immer so komisch an«, plauderte Polly munter drauflos.
    Aus heiterem Himmel.
    »Was meinst du?«, fragte Cecilia. Manchmal kam die Kleine mit den seltsamsten Dingen daher.
    »Die ganze Zeit«, sagte Polly. »Er sieht sie ganz komisch

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