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Die Wahrheit stirbt zuletzt

Die Wahrheit stirbt zuletzt

Titel: Die Wahrheit stirbt zuletzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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enger als ihre weite, robustere Reisehose. Sie hat einen geraden Rücken und einen schönen Hintern, denkt er. Viele Frauen haben nicht den richtigen Hintern für die Hosen, in denen sie hier unten herumlaufen, denkt er weiter und betrachtet ihre schlanke Taille, in der die Hose von einem schmalen Gürtel zusammengehalten wird. Ihre nackten Füße sind klein und mädchenhaft, und er würde Irina am liebsten in den Arm nehmen und sie vor allen erdenklichen Gefahren beschützen.
    Sie schaut aus dem Fenster und zuckt resigniert mit den Achseln und sagt, um ihrer beider Befangenheit zu überspielen: »Es geht um eine meiner Kameras. Sie ist kaputt. Ich kann sie nicht öffnen. Es ist meine beste Kamera.«
    »Kann ich sie mal sehen?«
    »Du bist also nicht nur Journalist und Cowboy, sondern auch noch Fotomechaniker?«
    »Wer weiß. Darf ich mal sehen?«
    Sie dreht sich um und zeigt auf den Schreibtisch. Die schwarze Leica liegt neben einer russischen Kamera, deren Marke er nicht kennt. Er nimmt die Leica und hält sie ins Licht. »Ist da ein Film drin?«
    »Ja. Er ist noch nicht voll. Ich habe mich nicht getraut, ihn vorzuspulen.«
    »Es ist der Schließmechanismus, der sich verhakt hat. Das kann ich reparieren.«
    Er holt sein kleines rotes Taschenmesser hervor und klappt den Schraubenzieher heraus. Wie er sieht, sitzt eine winzige Schraube ein wenig schief und klemmt, sodassman das Gehäuse der Kamera nicht öffnen kann, ohne Gewalt anzuwenden. Vorsichtig löst er die Schraube, achtet aber darauf, dass das Gehäuse geschlossen bleibt.
    »Jetzt kannst du sie öffnen, aber du solltest lieber …«
    »Meinen Dunkelkammerbeutel benutzen? Natürlich. Du bist ja wirklich ein Fotomechaniker.«
    Sie holt einen schwarzen Beutel aus ihrer Tasche, legt die Kamera hinein, macht ihn zu und holt mit geübten Bewegungen den Film heraus. Sie reicht ihm die Kamera. Er zieht die Schraube fest und justiert die Aufhängung, die ein wenig verzogen zu sein scheint. Er öffnet und schließt die Kamera ein paar Mal, bevor er sie ihr gibt und sein Taschenmesser zusammenklappt.
    »Danke. Was für ein raffiniertes Messer du da hast. Darf ich es mal sehen?«
    Er zeigt ihr die verschiedenen Funktionen des Taschenmessers – zwei Messer, einen Schraubenzieher, eine kleine Feile, einen Dosenöffner, eine kleine Schere – und betrachtet ihr interessiertes und lebhaftes Gesicht, während sie sein Taschenmesser bewundert. Er bemerkt, dass sie sich darüber im Klaren ist, dass er sie ansieht. Sie wird ein bisschen rot.
    »Es ist wirklich sehr praktisch. Woher hast du es?«
    »Ich habe es in New York von einem Schweizer bekommen, dem ich einen Gefallen getan habe. Die jungen Männer bekommen alle so ein Messer, wenn sie beim Schweizer Militär anfangen. Es ist rot, damit sie es im Schnee leicht wiederfinden, falls sie es verlieren.«
    Wie ein kleines Kind, das sich für ein neues Spielzeug begeistert, klappt sie vorsichtig die verschiedenen Werkzeuge des Schweizer Messers wieder ein, ehe sie es ihm gibt und sagt: »Wirklich praktisch. Wie kann ich mich bei dir revanchieren?«
    »Indem du dich von mir zum Abendessen einladen lässt.«
    »Ich weiß nicht …«
    »Komm schon, Irina. Auf die Weise kannst du dich bei mir bedanken.«
    »Indem ich mich einladen lasse?«
    »Genau.«
    »Dann gib mir noch fünf Minuten.«
    Er nickt zufrieden und denkt, dass er ihr alle Zeit der Welt gäbe, wenn das ihr Wunsch wäre.
    Sie essen in einem kleinen Restaurant, das hinter dem Hotel liegt. Ein höflicher Mann in einem schwarzen Anzug in der in Brauntönen gehaltenen Empfangshalle des Hotels hat es ihnen empfohlen. Vielleicht sind es Verwandte von ihm, die das Restaurant betreiben, denn das Essen – eine Gemüsesuppe, gefolgt von einem großen Stück Lammschulter mit weißen Bohnen – schmeckt nicht besonders gut. Aber sie sind hungrig, der Wein ist kräftig, und sie trinken reichlich davon. Besonders Irina spricht dem Wein zu. Sie wirkt nicht betrunken, aber Magnus kann an ihrem Spanisch hören, dass der Wein eine gewisse Wirkung entfaltet.
    Zuerst sprechen sie über den Krieg, das allgegenwärtige Thema, aber dann fragt er sie erneut: »Wer waren die beiden Männer, Irina?«
    Sie sieht ihn mit leicht geröteten Augen an, lächelt und nimmt eine Zigarette von ihm an: »Ach, Magnus, Magnus, Magnus. Du bist ein gefährlicher Mann. Du bist wie einer dieser katholischen Priester, denen man alles erzählt. Denen man alles beichtet. Du hast so gute Manieren, aber du bist ein

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