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Die Wahrheit stirbt zuletzt

Die Wahrheit stirbt zuletzt

Titel: Die Wahrheit stirbt zuletzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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werden. Und man kommt auch dorthin, bevor man an andere Orte weitergeschickt wird.«
    » Bist du dir ganz sicher?«
    »Natürlich. Ein schwedischer Kamerad hat die Briefe für deinen Bruder mitgenommen. Wir Postschwestern wissen mehr darüber, wo sich jemand aufhält, als die meisten Generäle. Wir haben eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe. Wir sorgen dafür, dass die Briefe und Päckchen überallhin gebracht werden. An alle Fronten. In die Krankenhäuser. In die Ausbildungslager. Zu allen Adressaten, ganz gleich, welchen Rang sie haben. Es ist ungeheuer wichtig für die allgemeine Moral, dass die kämpfenden Kameraden mit Neuigkeiten aus der Heimat versorgt werden. Das wird hier sehr ernst genommen. Daher trifft es uns sehr, wenn man uns beschuldigt, Tabak oder Schokolade aus den Päckchen zu stehlen. Das verletzt uns. Wir tun unser Bestes. Können wir gehen? Ich muss zurück zur Arbeit.«

15
    E inige Tage später macht sich Magnus auf den Weg nach Madrigueras. Es ist ein merkwürdiges Dorf, das, so scheint es, von den meisten seiner ursprünglichen Bewohner verlassen wurde. Außer dem Bäcker, dem Metzger und dem Schmied sind nur noch die Männer und Frauen dageblieben, die die Rekruten in den diversen Bars und Cafés bedienen, in denen junge Männer aus aller Herren Länder Alkohol trinken und reden und auf der Suche nach Frauen sind, wenn sie gerade nicht trainieren müssen. Sie sind in den verlassenen Häusern oder Scheunen westlich des Dorfes untergebracht.
    In den anderen Dörfern der Gegend trainieren ebenfalls junge Männer in neu eingerichteten Kompanien, die die Internationalen Brigaden mit spanischen Staatsbürgern ergänzen sollen. Kompanien mit idealistischen, tapferen, aber nicht ausgebildeten Freiwilligen werden nun zu regulären Heereseinheiten umgebildet. Jetzt hat der Wahnsinn Methode, geht es Magnus durch den Kopf. Das ist vermutlich auch notwendig, aber vielleicht ist es schon zu spät.
    Die Straßen des Dorfes sind schmal, und die Häuser mit den schwarzen Gittern vor den Fenstern sind niedrig, und ihre Fensterläden sind verschlossen. Ein kräftiger Wind bläst trockenen Staub durch die nicht asphaltierten Straßen. Eine blassgelbe Steinkirche mit einem roten Dach, das auf der einen Seite rußgeschwärzt ist, liegt schräg gegenüber des Cafés. Der Duft von fettigem Essen dringt aus dem Raum hinter der geöffneten schweren Kirchentür, als er aus Juan Monteros großem Wagen aussteigtund zum Café hinübergeht. Die Kirche wird offenbar als Feldküche und Versammlungsraum genutzt. Hier bläuen die Politkommissare den Rekruten jeden Abend ein, wofür sie kämpfen und wer der Feind ist. Magnus weiß, dass auch an der ideologischen Front immer härtere Geschütze aufgefahren werden.
    Joe Mercer war damit einverstanden, dass Magnus den Wagen benutzte, solange er versprach, ihn nicht in Albacete sitzen zu lassen. Außerdem sollten sie bald nach Cartagena aufbrechen, hatte Mercer gesagt. Er selbst wollte für einige Tage nach Madrid reisen, um dort »jemanden« zu treffen. Sobald er wieder in Albacete wäre, müssten sie aber dringend weiterreisen. Er sah müde und angestrengt aus und wollte nicht erzählen, mit wem er gesprochen hatte oder ob er einen Brief oder ein Telegramm erhalten hatte, aber er war nervös und angespannt, als sie heute Morgen miteinander sprachen.
    Die Fahrt nach Madrigueras führte Magnus durch eine flache, langweilige Landschaft, die vertrocknet und unfruchtbar dalag und in der nichts zu sehen war als ab und zu ein verlassenes und verfallenes Feldsteinhaus. Er hatte den Eindruck, dass hier früher einmal Landwirtschaft betrieben wurde, aber das musste lange her sein. In der Ferne konnte man niedrige, in Dunst gehüllte Berge erkennen. Das Wetter ließ nun ernsthaft den Herbst oder einen frühen Winter erahnen, auch wenn es hier wohl nie richtig kalt wurde. Montero hatte das Faltdach des Wagens geöffnet, und die Luft fühlte sich klar und frisch und sehr angenehm an. Magnus hatte seine Reitjacke und die Stiefel aus Argentinien angezogen. Er hatte den Revolver in seine Schultertasche gesteckt, die er sich mit dem Riemen über der Brust umgehängt hatte.
    Während der Fahrt dachte er außer an Mads auch immer wieder an Irina und überlegte, wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte. Er dachte an ihre Worte und an dieAngst, die er in ihren hellen, schönen Augen gesehen hatte. Augen, die so schnell von Heiterkeit zu Niedergeschlagenheit wechseln konnten. Es gab in der Tat

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