Die Wahrheit
darauf, verdammt!« rief Josh.
Rufus ignorierte ihn. »Etwas, das die Army mir geschickt hat.«
»Haben Sie das kleine Mädchen getötet, Rufus?« fragte Fiske.
»Ja«, sagte er und sah zu Boden. »Zumindest meine Hände haben es getan. Der Rest von mir wußte nicht, was geschah, verdammt noch mal. Nicht, nachdem sie das mit mir gemacht haben.«
»Was meinen Sie damit? Wer hat was mit Ihnen gemacht?«
»Rufus, er will dich reinlegen«, warnte Josh.
»In meinem Kopf herumgepfuscht, das haben sie gemacht«, sagte Rufus.
Fiske sah ihn scharf an. »Wollen Sie auf geistige Unzurechnungsfähigkeit plädieren? Denn wenn Sie das vorhaben, haben Sie nicht die geringste Chance.« Er beobachtete Rufus eindringlich. »Aber da steckt noch mehr dahinter, oder?«
»Warum sagen Sie das?« fragte Rufus.
»Weil mein Bruder sehr ernst nahm, was in dem Berufungsantrag stand. So ernst, daß er gegen das Gesetz verstieß, indem er ihn an sich nahm, und sein Leben verlor, weil er Ihnen helfen wollte. Das hätte er nicht getan, wenn Sie nach fünfundzwanzig Jahren auf Unzurechnungsfähigkeit plädiert hätten. Sagen Sie mir, was meinen Bruder das Leben gekostet hat.«
Josh legte eine große Hand auf Fiskes Brust und stieß ihn hart gegen die Sofalehne zurück. »Jetzt hören Sie mal, Sie Klugscheißer, Rufus hat Ihren Bruder nicht gebeten, sich für ihn in die Scheiße zu reiten. Ihr Bruder war es doch, der die ganze Sache so richtig versaut hat. Er mußte ins Gefängnis fahren und Rufus überprüfen, weil er ein alter Nigger ist, der wegen eines alten Verbrechens in einem alten Knast sitzt. Also singen Sie mir ja nicht das Loblied auf Ihren rechtschaffenen Bruder!«
Fiske schlug die Hand zur Seite. »Warum fahren Sie nicht zur Hölle, Sie Arschloch?«
Josh hielt die Pistole näher vor Fiskes Gesicht. »Warum schicke ich Sie nicht zuerst dahin? Dann treffen wir uns später da. Wie hört sich das an, Weißbrot?«
»Bitte nicht«, sagte Sara. »Hören Sie, er will Ihnen doch nur helfen.«
»Ich brauche keine Hilfe von Leuten wie Ihnen, verdammt noch mal.«
»Wir wollen doch nur erreichen, daß Ihrem Bruder vor einem Gericht Gerechtigkeit widerfährt.«
Josh schüttelte den Kopf. »Ich kann mir selbst Gerechtigkeit verschaffen. Wir haben euch weiße Ärsche doch schon längst aufgerieben. Die Gefängnisse sind voll von uns, und ihr seid zu geizig, um mehr zu bauen. Also kann ich mir vor Gericht jede Menge Gerechtigkeit verschaffen. Das Problem ist nur, ich krieg’ draußen keine, und da verbringe ich nun mal den Großteil meiner Zeit, verdammich.«
»So läuft das nicht«, sagte Rufus.
»Ach, jetzt weißt du plötzlich, wie alles laufen muß?« sagte Josh.
Fiske wurde immer nervöser. Josh Harms erweckte den Eindruck, als wäre er dabei, völlig durchzudrehen; dann würde vielleicht auch sein Bruder keinen Einfluß mehr auf ihn haben. Sollte er es wagen, ihm die Waffe zu entreißen? Josh war wahrscheinlich fünfzehn Jahre älter als er, schien aber stark wie eine Eiche zu sein. Wenn es ihm nicht beim ersten Versuch gelang, Josh die Pistole abzunehmen, würde der Mann ihn wohl voll Blei pumpen.
Das Kreischen von Gummi auf Asphalt ließ sie alle zum Fenster blicken. Rufus eilte hinüber und schaute vorsichtig hinaus. Als er sich wieder umdrehte, sahen alle die Furcht in seinen Augen.
»Es sind Vic Tremaine und Rayfield.«
»Scheiße!« rief Josh. »Wie sind sie bewaffnet?«
Rufus atmete tief ein. »Vic hat eine Maschinenpistole.«
»Scheiße!« sagte Josh erneut, während sie schon das Poltern schwerer Stiefel im Gebäude hörten. In ein paar Minuten, wenn überhaupt, würden sie hier sein. Wütend funkelte er Fiske und Sara an. »Ich hab’s dir doch gesagt. Wir sitzen hier rum und quatschen mit denen, während die Army das Gebäude umstellt.«
»Falls es Ihnen nicht aufgefallen ist, wir tragen keine Uniform«, sagte Fiske. »Vielleicht sind sie Ihnen gefolgt.«
»Wir kommen aus einer ganz anderen Richtung. Die können uns nicht gefunden haben. Aber wenn sie uns beide sehen, ballern sie sofort los, und das war’s dann.«
»Nicht, wenn Sie sich ergeben. Dann nicht.«
»Das kommt nicht in Frage«, sagte Josh laut.
»Das kommt nicht in Frage«, wiederholte Rufus. »Nachdem sie herausgefunden haben, was ich weiß, werden sie mich nicht am Leben lassen.«
Fiske sah Rufus Harms an. Die Blicke des Mannes schossen nach links und rechts. Er hatte eingestanden, das Mädchen getötet zu haben. War damit nicht alles klar?
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