Die Wahrheit
Raubüberfall war? Es hatte nichts damit zu tun, daß Michael hier arbeitet?«
Sara blickte wütend zu dem Mann hinüber. So eine Frage wollte man wirklich nicht jetzt schon hören - fünf Sekunden nachdem man erfahren hatte, daß jemand, mit dem man zusammenarbeitete, der einem etwas bedeutete, tot war. Aber das bewirkte offenbar ein gewaltsamer Tod bei anderen Menschen: Instinktiv fürchteten sie um ihr eigenes Leben.
Dellasandro hob beruhigend die großen Hände. »Wir haben nichts gehört, das uns zu der Annahme verleiten könnte, daß Mr. Fiskes Tod auch nur das geringste mit dem Gericht zu tun hat. Doch als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme verstärken wir die Sicherheitsvorkehrungen hier, und sollte jemand etwas Verdächtiges oder Außergewöhnliches bemerken, meldet er sich bitte bei mir oder Mr. Klaus. Zu gegebener Zeit werden wir Sie über alle zukünftigen Entwicklungen des Falles unterrichten.« Er schaute zu Ramsey hinüber, der den Kopf in den Händen hielt und keine Anstalten machte, sich zu erheben. Dellasandro stand unbeholfen da, bis Elizabeth Knight aufstand.
»Ich weiß, das ist ein schrecklicher Schock für uns alle. Michael zählte zu den beliebtesten Mitarbeitern, die je hier gearbeitet haben. Sein Tod bedrückt uns alle sehr, besonders jene, die ihm nahegestanden habe.« Sie hielt inne und blickte Sara kurz an. »Wenn jemand von Ihnen darüber sprechen möchte, Ihr Richter steht Ihnen zur Verfügung. Sie können aber auch bei mir vorbeischauen. Ich weiß nicht genau, wie wir weitermachen können, aber das Gericht muß Michaels Arbeit fortsetzen, trotz dieses schrecklichen . schrecklichen .« Elizabeth Knight verstummte wieder und hielt sich am Tisch fest, um nicht zusammenzubrechen. Dellasandro ergriff rasch ihren Arm, doch sie winkte ihn zurück.
Knight sammelte sich so weit, daß sie die Versammlung für beendet erklären konnte, und der Raum leerte sich rasch. Bis auf Sara Evans. Sie saß dort wie betäubt und starrte die Stelle an, an der Elizabeth Knight gestanden hatte. Tränen strömten ihr übers Gesicht. Michael war tot. Er hatte einen Berufungsantrag entwendet, sich über eine Woche lang sehr seltsam benommen, und nun war er tot. Ermordet.
Ein Raubmord, hieß es. Sara glaubte nicht, daß es so einfach war. Aber im Augenblick spielte das keine Rolle. Wichtig war nur, daß sie jemanden verloren hatte, der ihr sehr nahe stand. Jemanden, mit dem sie unter anderen Umständen vielleicht gern ihr Leben verbracht hätte. Sie legte den Kopf auf den Tisch und schluchzte hemmungslos.
Elizabeth Knight beobachtete sie von der Schwelle aus.
KAPITEL 19
Gut drei Stunden, nachdem Billy Hawkins ihn vom Tod seines Bruders unterrichtet hatte, schritt John Fiske durch die Gänge des Leichenschauhauses von Washington. Er folgte einem mit weißem Kittel bekleideten Mann, der sich um die Neuzugänge kümmerte. Fiske hatte dem Mann Papiere zeigen und ihm beweisen müssen, daß er tatsächlich Michael Fiskes Bruder war. Er war darauf vorbereitet gewesen und hatte Fotos mitgebracht, auf denen die Fiske-Brüder gemeinsam zu sehen waren. Er hatte versucht, seinen Vater zu erreichen, doch es war niemand ans Telefon gegangen. Fiske war bei ihm vorbeigefahren, aber der alte Herr war nicht zu Hause gewesen. Schließlich hatte John seinem Dad eine Nachricht dagelassen, ohne Einzelheiten zu nennen. Er mußte sich vergewissern, daß es wirklich sein Bruder war, und das konnte er nur an dem Ort, zu dem er nun unterwegs war.
Fiske war überrascht, als sie ein Büro betraten, und noch verdutzter, als der Angestellte ein Polaroid-Foto aus einer Akte zog und es ihm hinhielt.
»Ich identifiziere kein Foto. Ich will die Leiche sehen.«
»Hier gehen wir anders vor, Sir. Wir sind gerade dabei, ein Videosystem zu installieren, so daß wir die Identifizierungen über Bildschirm vornehmen können, aber es ist noch nicht einsatzfähig. Bis dahin benutzen wir Polaroid-Aufnahmen.«
»Diesmal nicht.«
Der Mann schlug mit dem Foto auf seine Handfläche, als wolle er damit Fiskes Neugier erregen. »Die meisten Hinterbliebenen würden es vorziehen, ein Foto zu benutzen. Das ist sehr ungewöhnlich.«
»Ich bin nicht >die meisten< und ungewöhnlich ist es, daß ein Bruder ermordet wird. Zumindest für mich.«
Angestellte griff nach dem Telefon und ordnete an, man solle die Leiche zur Besichtigung vorbereiten. Dann öffnete er die Bürotür und bedeutete Fiske, ihm zu folgen. Nach ein paar Schritten betraten sie einen kleinen
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