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Die Wanderbibel

Titel: Die Wanderbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Kehle , Mario Ludwig
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lassen sich nach einer Tour auf den Col du Pigeonnier im lukullischen Paradies Elsass je nach Umfang der Brieftasche entweder »Getrüffelte Gänseleber« oder den traditionellen »Flammkuchen« schmecken.
    Und auch für den sportlich ambitionierten Wanderer ist etwas dabei: Wer im Pfälzerwald richtig hoch hinauswill, wandert auf die Kalmit, den mit stolzen 673 Metern höchsten Berg im Pfälzerwald.
    Sogar für Militariafans ist gesorgt: Im Bienwald lassen sich auf dem sogenannten »Westwall-Wanderweg« die Überreste jener rund 600 Kilometer langen Befestigungslinie besichtigen, die im Dritten Reich zum Schutz gegen unsere französischen Nachbarn errichtet wurde und als Gegenpol der bereits bestehenden Maginot-Linie auf französischer Seite diente. Viele ehemalige Westwallbunker erfüllen heute übrigens einen überaus friedlichen Zweck. Sie dienen nämlich bedrohten Tierarten als Refugium. Von der Wildkatze bis zur Fledermaus.
    Das Allerbeste an einer Pfalzwanderung sind aber die zahlreichen Naturfreundehäuser, Pfälzerwaldhütten, Burg schänken, Straußwirtschaften und Gasthäuser, die dem hungrigen Wandersmann eine deftige Brotzeit nebst einem guten Tropfen Pfälzer Wein bieten.
    Sucht man, um Hunger und Durst zu stillen, eine der genannten Institutionen auf, kommt man nicht am Saumagen vorbei. Ein durchaus etwas gewöhnungsbedürfti ges Glanzlicht der Pfälzer Küche. Hierfür werden – nomen est omen – in den Magen eines Schweins allerlei Zutaten wie etwa Schweinefleisch, Bratwurstbrät und Kartoffeln gefüllt und anschließend gekocht.
    Entgegen einem verbreiteten Vorurteil enthält der zubereitete Saumagen nicht den letzten Mageninhalt des Borstentieres. So weit geht die Sauerei dann doch nicht.
    Weltberühmt gemacht hat den »Saumaaache«, wie der Pfälzer sagt, übrigens Helmut Kohl. Der hat das Teil mit dem unappetitlichen Namen nämlich immer seinen Staats gästen vorgesetzt. Ob sie wollten oder nicht. Inwieweit Michael Gorbatschow, Boris Jelzin, Margret Thatcher, John Major oder König Juan Carlos von Spanien nach Verzehr des Pfälzer Nationalgerichts zu Saumagenliebhabern mutierten, ist nicht bekannt. Allerdings soll der Legende nach der Französische Staatspräsident Mitterand beim Anblick eines Saumagens fast die deutsch-französische Freundschaft aufgekündigt haben. Nichtsdestotrotz steht Saumagen heute in vielen Gastwirtschaften der Pfalz als »Kanzlersteak« auf der Speisekarte.
    Aber die Pfalz hat weit mehr zu bieten an kulinarischen, na ja, sagen wir mal: Besonderheiten, wie etwa Winzersteak, Leberknödel oder die berühmten »Woiknorze«. Im Herbst sollten Sie unbedingt Federweißer (»Neier Woi«) mit Zwiebelkuchen (»Zwiwwelkuche«) probieren.
    Etwas gewöhnungsbedürftig für durchschnittsdeutsche Zungen, allerdings meines Erachtens unglaublich lecker, ist auch das zweite Pfälzer Nationalgericht: »Grumbeersupp un Quetschekuche« (Kartoffelsuppe und Zwetschgenkuchen).
    Und wem das alles zu ominös oder zu altbacken ist, sollte es mal mit einer kulinarischen Novität versuchen: Saumagen-Carpaccio mit Rieslingvinaigrette – sozusagen ein pfälzisches Cross-over zur internationalen Küche.
    Fast überflüssig zu erwähnen, dass natürlich auch der Weinfreund in der Pfalz voll auf seine Kosten kommt. Riesling und Co. lassen grüßen. Was gibt es Schöneres, als nach einer kleinen Alibiwanderung bereits mittags mitten in einem Weinberg auf einer Bank zu sitzen, in die milde Herbstsonne zu blinzeln und dann die Erzeugnisse eines preisgekrönten Pfälzer Jungwinzers einer genaueren Untersuchung zu unterziehen?
    Vorsicht beim Bestellen: Der Pfälzer versteht unter einem Schoppen nicht einen viertel, sondern einen halben Liter Wein. Entsprechend mächtig sind dann auch die berühmten »Schoppengläser«.
    Ich glaube, in kaum einem anderen Teil Deutschlands wird so häufig und so ausgiebig gefeiert wie in der Pfalz. Nahezu in jedem Dorf findet fast rund um die Uhr ein Stra ßen-, Frühlings-, Wein- und sonstiges Fest statt. Hier gilt die Devise: Es gibt sieben Gründe zu feiern und zu trinken: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag. »Fröhlich Pfalz – Gott erhalt’s!«, sang schon 1891 die Kurfürstin Marie bei der Uraufführung von Carl Zellers Operette »Der Vogelhändler«. Und als Martin Luther »Wer nicht liebt Wein, Weib, Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang« schrieb, hatte er mit Sicherheit die Pfalz im Auge beziehungsweise im Ohr, so viel steht

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