Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)
viel unterwegs, die beiden würden sich nicht oft sehen«, gab er zu bedenken.
»Annelies würde das in Kauf nehmen«, betonte Arigund. »Da bin ich mir ganz sicher.«
»Gut, dann geh ruhig zurück zu den anderen Mädchen. Man wird dich schon vermissen.«
»Wirst du heute Abend beim Bankett sein?«
Zärtlich streichelte DeCapella seiner Tochter über die Wange. »Mal sehen. Ich muss noch …«
»… einige Geschäfte tätigen«, ergänzte Arigund schmunzelnd, und nach langer Zeit lachten die beiden wieder gemeinsam.
*
Arigund konnte es kaum erwarten, Annelies von dem Gespräch mit dem Kaufmann zu berichten. Vielleicht würde sie damit beweisen können, wie sehr ihr das Glück ihrer Zofe am Herzen lag. Und dann könnten sie vielleicht wieder Freundinnen sein, so wie früher.
Kaum standen die Sieger der Zweikämpfe um Berta fest, eilte Arigund deshalb den anderen Damen voran zum Zelt. Vielleicht war es möglich, die Zofe einen Augenblick lang unbelauscht zu sprechen. Doch Annelies war nicht allein. Neben ihr hockte Luise, die Küchenmagd. Die eine bürstete Schmutz und Staub aus Arigunds Kleid, die andere schnipselte Gemüse.
»Was die beiden nur die ganze Zeit zu schwatzen haben?«, fragte sich die Kaufmannstochter und wurde den Verdacht nicht los, Luise sei der Quell allen Übels. Schließlich war Annelies bislang stets vernünftig und ihrer Herrin zugetan gewesen. Erst seit sie ständig mit der Magd zusammenhockte, hatte sie sich so geändert.
»Hast du nicht in der Küche zu tun?«, meinte Arigund mit einem missbilligenden Blick auf Luise.
Das Mädchen stand rasch auf, machte einen Knicks und trollte sich nach einem »Ja, Herrin«. Annelies hatte sich ebenfalls erhoben und schaute verwundert zu ihrer Herrin. Warum hatte sie Luise fortgeschickt? Gab es schlechte Nachrichten? Vielleicht intrigierte Wirtho wieder gegen Matthias? Aber das konnte eigentlich nicht sein. Matthias war weit weg, bei den Pferdehirten. Arigund wartete, bis sie allein waren, und versicherte sich dann noch einmal, dass auch niemand ihr Gespräch belauschte.
»Weißt du, wer hier ist?«, fragte sie die Zofe endlich.
»Nun, es sind eine Menge Menschen hier«, antwortete diese vorsichtig.
»Mein Vater, der Herr DeCapella«, verriet die Patrizierin launig. »Und weißt du, worüber wir geredet haben?«
Annelies schüttelte den Kopf.
»Über dich und Matthias. Annelies, mein Vater wird sich dafür einsetzen, dass ihr beide heiraten könnt. Er möchte Matthias in Stellung nehmen. Ihr könntet in Regensburg leben. Was sagst du dazu?«
Statt der erwarteten euphorischen Umarmung musterte Annelies ihre Herrin skeptisch. »Und darauf lässt sich der Truchsess ein?«, fragte sie vorsichtig.
»Warum sollte er nicht? Er braucht dringend Geld, und als Pferdehirte ist ihm Matthias nicht mehr groß nützlich. Da kann er ihn genauso gut meinem Vater überlassen.«
Getroffen zuckte die Zofe zusammen. Erst jetzt fiel Arigund auf, dass sie von Matthias gesprochen hatte wie von einem abgetragenen Teppich, der fadenscheinig geworden ist. Betreten sah sie für einen Moment zu Boden.
»Entschuldige, du weißt schon, wie ich es gemeint habe«, flüsterte Arigund.
»Gewiss, Herrin. Ich habe schon verstanden. Ihr meint es nur gut.«
Es versetzte Arigund einen Stich, wie ihre Zofe das sagte. Wieder einmal kam es ihr vor, als würde sie Annelies’ Erwartungen nicht genügen, und sie wusste einfach nicht, was sie falsch gemacht hatte.
»Freust du dich denn nicht?«, fragte die Kaufmannstochter vorsichtig. »Ich hatte gehofft …«
Arigund wandte sich ab. Tränen standen ihr in den Augen. Annelies trat einen Schritt vor. Sie kannte die Kaufmannstochter gut genug, um zu sehen, wie gekränkt sie war.
»Ach, Herrin, es tut mir leid«, meinte Annelies. »Euer Vater tut sehr viel für Matthias und weiß Gott mehr für mich, als er müsste. Es ist nur …«
»Was ist nur?«, hakte Arigund nach.
»Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass der Truchsess sich darauf einlässt. Er wollte ein Exempel statuieren. Alle sollten sehen, was ihnen geschehen wird, wenn sie sich ihrem Herrn widersetzen. Er kann Matthias jetzt nicht einfach freilassen. Damit würde er ihn ja nachträglich ›belohnen‹.«
»Vielleicht ist der Truchsess aber auch froh, wenn er den ›Unruhestifter‹ Matthias los wird, und es ist ihm ganz schnuppe, was die anderen darüber sagen?«
»So denken diese Rittersleute nicht. Ihre Ehre und ihr Ansehen gehen ihnen über alles. Da darf
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