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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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betroffenen Gesichtsausdruck mit einer theatralischen Geste zu unterstreichen.
    »In der Tat ein schreckliches Vergehen«, bestätigte Bruder Anselm. Er wirkte heute noch blasser und gelblicher als sonst.
    »Dennoch sollten wir zunächst abwarten, bis Reimar das Bewusstsein wiedererlangt«, meinte der Eckmühler, der angesichts der Ereignisse seine Abreise verschoben hatte. »Vielleicht gibt es eine ganz einfache Erklärung.«
    »Erklärung?«, jaulte Wirtho und japste nach Luft. »Soll ich Euch detailliert beschreiben, wie sich die beiden in gotteslästerlicher Weise in der Höhle im Stroh gewälzt haben, bewacht von dieser alten Hexe, die einen viel zu gnädigen Tod durch mein Schwert gefunden hat.«
    Unangenehm berührt schüttelte sein Nachbar den Kopf: »Trotzdem, ganz so einfach ist die Sache nicht«, fuhr er fort. »Ihr beschuldigt Euren Bruder, einen Mann vom selben Stand. Zudem soll es ein Schreiben Eures Vaters an den Fürstbischof geben, in dem er ausdrücklich darum bittet, Euch erst dann das Amt des Truchsess zuzusprechen, wenn Ihr einen legalen Erben benennen könnt. Auch ist Eure Gattin die Tochter eines Mannes, dem Euer Vermögen verpfändet ist. Böse Zungen könnten behaupten, es ginge Euch weniger um Eure Ehre als um Titel und Vermögen.«
    Wirtho lief dunkelrot an. Seine Hand zuckte in Richtung Schwert, doch das war nicht an seinem Platz. Er hatte es, wie bei einer Beratung üblich, in der Waffenkammer gelassen. Bertas Vater entging die Geste nicht.
    »Macht nicht so ein Gesicht, Herr Ritter«, blaffte er. »Euer Ehevertrag ist ein offenes Geheimnis.«
    »Zumindest muss man den beiden in einer ordentlichen Verhandlung Gelegenheit geben, ihre Seite darzulegen«, gab ein alter Ritter zu bedenken, der sich als treuer Berater von Herrn Reimar einen guten Ruf erworben hatte.
    »Es gäbe allerdings noch eine elegantere Lösung«, drängte sich der Pater wieder nach vorne.
    »Ach ja?«, fragte Wirtho interessiert.
    »Frau Arigund könnte den Schleier nehmen. Die Dominikanerinnen würden Eurer Gattin sicher Gelegenheit geben, Buße zu tun.«
    »Ein guter Vorschlag, nur würde sie meine Gattin bleiben, und ich könnte auf absehbare Zeit keinen Erben vorweisen.«
    »Nun, in diesem Fall ließe der Fürstbischof sicherlich wegen einer Scheidung mit sich reden. DeCapella müsste Euch eben entgegenkommen.«
    Der Priester rieb die Finger aneinander, wie man es beim Geldzählen machte.
    »Und mein Bruder?«, hakte Wirtho nach.
    »Falls er das Bewusstsein wiedererlangt, könnte man ihn vielleicht davon überzeugen, dass es besser wäre, das Kreuz zu nehmen, um den Namen Brennberg in Ehren zu halten.«
    »Glückwunsch, Wirtho«, merkte der Eckmühler mit süffisantem Grinsen an, »Ihr habt vorzügliche Berater.«
    Es klopfte, und Sigurd betrat die große Halle. Umständlich klopfte er sich den Staub aus der Kleidung und machte eine gestelzte Verbeugung.
    »Nun, mein Freund, hast du die Flüchtigen aufgegriffen?«, wandte sich Wirtho an ihn.
    »Leider nein, mein Herr, doch es gelang uns, eine Räuberbande dingfest zu machen, die sich ganz offensichtlich des Pferdes und der Habseligkeiten Eures Bruders bemächtigt hat.«
    Enttäuscht winkte der junge Burgherr ab. »Verdammt sollt ihr sein!«, fluchte er. »Was soll ich mit denen? Werft das Gesindel ins Loch. Es war der Hörige und sein Weib, die ihr bringen solltet. Packt Euch, und kommt mir nicht wieder ohne sie.«
    »So viel Lärm um zwei Unfreie?«, wunderte sich der Eckmühler. »Sie werden von selbst zurückkommen oder verhungern.«
    »Was kümmert’s Euch!«, fuhr ihn Wirtho zornig an. »Sie sind mein Eigentum, und das halt ich zusammen.«
    Mit wehendem Mantel verließ er den Saal und lief seiner Mutter direkt in die Arme. Sie stürmte mit geballten Fäusten auf ihn zu und trommelte gegen seinen Harnisch.
    »Wie konntest du nur!«, rief sie aufgebracht.
    »Beruhige dich, Mutter, und lass uns in deine Kemenate gehen. Ich habe sowieso mit dir zu sprechen.«
    Energisch packte er sie am Arm und drängte sie ruppig in ihr Zimmer. Doch Frau Kunigund war noch lange nicht fertig mit ihm. Kaum hatten sich die Türen hinter ihr geschlossen, stürmte sie erneut auf ihren Sohn ein: »Wie konntest du nur so etwas tun? Dein eigen Fleisch und Blut. Deinen Sohn. Du hast ihn auf dem Gewissen. Was bist du nur für ein Ungeheuer?«
    »Mäßige dich, Mutter!«, herrschte Wirtho sie an.
    »Wie sollte ich! Bist du doch für den Tod deines Sohnes verantwortlich. Deine Frau konnte

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