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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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bestellte, wonach ihn dürstete. Als sie gegangen war, wollte Jakob in seine Taschen greifen und dem Ritter die Reisekasse aushändigen, doch Heinrich hielt seine Hand, noch bevor er sie wieder aus der Tasche ziehen konnte.
    »Lass stecken, Junge. Du kannst mir unser kleines Vermögen später aushändigen. Ich bin ohnehin froh, dass wir es noch haben.«
    Die Schankmagd wogte mit vollen Gläsern in den kleinen Händen heran, wobei ihre prallen Brüste hin- und herschwenkten wie das Euter einer Kuh. Sie grinste breit, als sie die Becher vor den beiden jungen Herren abstellte und sagte in einwandfreiem Deutsch: »Hier kommt etwas zum Aufwärmen, ein Gaumenschmaus, wie Ihr ihn sonst nur in Prager Kellern serviert bekommt.«
    Sie beugte sich tief zu Jakob und noch tiefer zu Heinrich herab. »Wenn die Herren sonst noch einen Wunsch haben?«
    »Brot und Rauchfleisch wären prima«, sagte Jakob, lange bevor Heinrich sich von dem Anblick des Dekolletés erholt hatte.
    »Geselchtes haben wir nicht, aber vielleicht darf ich den Herren wunderbare Zipferl bringen?«
    Heinrich hatte schon einmal von den herzhaften geräucherten Würsten gehört. Bei dem Gedanken daran lief ihm das Wasser im Munde zusammen. Doch Jakob kam ihm mit frechem Mundwerk zuvor.
    »Ich bin mir sicher, dass du ganz außerordentliche Zipferl hast«, meinte er mit anzüglichem Zwinkern, »also bitte, erfreue uns damit.« Heinrich nickte belustigt. Auch was Frauen anging, schien ihm der Kaufmannssohn ein wenig frühreif. Der Ritter nahm an, dass dies einer der Gründe war, weshalb sein Vater beschlossen hatte, dass sich sein Sprössling besser weit weg von zu Hause die Hörner abstoßen sollte. Zumindest gab es eine Andeutung in diese Richtung. Laut lachend trollte sich die Magd. »Ein fröhliches Kind«, kommentierte sie keck.
    Jakob rollte mit den Augen, bis er erneut auf die Wandersängerin zu sprechen kam: »Fandet ihr die Stimme nicht ebenfalls ganz außergewöhnlich?«
    Heinrich von Meißen nickte. Auch ihm war aufgefallen, wie gut die junge Frau den Ton hielt. Ihre Stimme musste geschult worden sein. Zudem sahen ihre Tanzschritte nicht aus wie x-beliebiges Bauerngehopse. Abfolge und Schritte gehörten eindeutig zu einem Schreittanz, wie man ihn auch bei Hofe sah.
    »Du hast ein gutes Gehör, Jakob«, lobte der Ritter und nahm einen ersten, tiefen Schluck aus seinem Becher. Der Wein übertraf seine Erwartungen noch bei Weitem. Er war einfach köstlich. Diese Trauben konnten keinesfalls im rauen Böhmen gereift sein. In ihnen vereinten sich die Süße der südlichen Sonne und der Duft von Lavendel.
    »Ein ganz vorzüglicher Tropfen«, schwärmte der Sänger.
    »Ihr habt Sie doch gesehen, Frauenlob«, drängte der Junge weiter und nannte den Minneritter bei seinem Beinamen, unter dem er weit über die Grenzen seiner Heimat Meißen hinaus bekannt geworden war. »Welchen Eindruck hattet Ihr?«
    »Nun, ich konnte nur ganz kurz einen Blick auf sie werfen. Sie trug die Kleidung einer Bäuerin und war für die Jahreszeit recht dünn gewandet.«
    »Aber wie sah sie aus, Herr Heinrich, beschreibt sie mir? War sie eine Frouwe oder bloß ein Wib?«
    »Mich dünkt fast, du hegst ein ganz außerordentliches Interesse für sie, mein Freund.« Belustigt versetzte er dem Jüngling einen kameradschaftlichen Stoß mit dem Ellbogen. Der zog einen Schmollmund. Heinrich wusste, der Bursche würde keine Ruhe geben, bis er eine hinreichende Antwort bekam. Also griff er die literarische Anspielung Jakobs auf und meinte: »Sei gewiss, für dich ist sie nichts – und sie ist auch nicht das, was man eine Frouwe, eine edle Dame nennen könnte. Aber ein Wib, ein Weib, ist sie biologisch gesehen ganz ohne Zweifel.« Heinrich zeichnete rundliche Formen in die Luft.
    »Ihr habt trübe Augen vom Schneestaub, Herr Heinrich«, ereiferte sich der Jüngling. »Diese Stimme kann keiner vom Volk gehören. Sie war viel zu klar und die Sprache zu rein.«
    Der Sänger lachte. So leicht ließ sich der Junge nicht an der Nase herumführen. Jakob prustete mit. Der Spaß ging auf seine Kosten, der nächste würde auf Heinrichs gehen.
    »Gewiss ist sie wunderschön, und Ihr wollt sie mir nur madig machen«, meinte Jakob schließlich etwas atemlos.
    Heinrich seufzte: »Also gut. Sie könnte etwa in meinem Alter sein, obwohl sie klein von Gestalt ist und eine dunkle Gesichtsfarbe aufweist. Vielleicht ist’s ein Zigeunermädchen.«
    »Ganz ausgeschlossen. Die Weisen, die sie sang, klangen nicht nach

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