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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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Räuber, dass es besser sei, so rasch wie möglich von der Bildfläche zu verschwinden. Er ließ von Arigund ab und lief um sein Leben. Im allerletzten Moment erlangte er Deckung im dichten Unterholz. Jetzt galt es nur noch, die eigene Haut zu retten. Das Messer fest in der Hand, war er bereit, sein Leben teuer zu verkaufen, denn es bestand kein Zweifel daran, dass es sich um ebenjenen Ritter handelte, den Friedl, der Dummkopf, um seine Habe hatte erleichtern wollen. Bei einem vorsichtigen Blick aus dem rettenden Versteck stellte er jedoch mit Erstaunen fest, dass der Ritter von ihm abgelassen und neben Arigund sein Pferd pariert hatte. Der Räuber verbarg sich in dem blattlosen Gesträuch und beobachtete die beiden Männer. Der kleinere entpuppte sich bei genauerem Hinsehen als Knabe. Er stieg ab und sah nach dem Weib. Für einen winzigen Moment erwog der Räuber einen Angriff. Doch da war der andere mit dem Schwert, ein erfahrener Ritter ganz ohne Zweifel, der mit seiner Waffe umzugehen verstand. Er war vorsichtig, behielt die Umgebung gut im Blick und ließ sich durch den Kleinen nicht ablenken. Nein, es war einfach zu gefährlich, sich diesem Mann in offenem Kampf zu stellen. Hilflos musste Vaclav zusehen, wie sich die beiden Fremden seines Goldesels bemächtigten. Fluchend zog er sich tiefer in den Wald zurück. Wie hatte er nur so dumm sein können, sie auf dem Markt singen zu lassen! Andererseits: Sollte der Ritter das Weib doch bis Prag durchfüttern. Er würde sie sich schon wieder holen. Einem Vaclav nahm man so einfach nichts weg. Zunächst aber galt es, diesen Tölpel von Friedl wieder einzusammeln.

K APITEL 24
    Wie ein Habicht hatte sich der Ritter auf die fliehenden Gestalten gestürzt, das Schwert hoch über dem Kopf erhoben. Er hatte nicht ernstlich damit gerechnet, dass die beiden Männer sich ihm im Kampf stellen würden – zu oft schon hatte er mit diesem feigen Pack zu tun gehabt. Aber man wusste ja nie. Zudem juckte es Heinrich in den Fingern, den dreisten Taschendieb seiner gerechten Strafe zuzuführen. Der dürre Kerl hatte allerdings flinke Füße und huschte wie ein Rebhuhn ins Unterholz. Der größere schien ein anderer Brocken zu sein. Er sah den Reitern entgegen. Seine Augen funkelten zornig, und er schien zunächst seine Chancen abzuschätzen. Erst als er erkannte, dass der Ritter ihm überlegen war, trollte er sich ebenfalls. Aber Heinrich traute seinem Sieg nicht. Solches Gesindel war hinterhältig. Kaum drehte man ihm den Rücken zu, fiel es wieder über einen her. Deshalb ließ er die Stelle, an der die beiden Burschen verschwunden waren, nicht aus den Augen und behielt auch das Schwert in der Hand.
    Jakob war noch im Trab von Arabella gesprungen und sah nach der jungen Frau. Vollkommen erschöpft lag die arme Kleine im Schnee, zitternd und schluchzend. Sie hatte schützend die Arme über dem Kopf verschränkt, als fürchtete sie, der Ritter wolle ihr das Haupt abschlagen. Ihr langes, dunkelbraunes Haar hatte sich aus der ärmlichen Haube gelöst und breitete sich wie achtlos hingeworfene Haselnusszweige über ihre Schultern. Jakob redete unentwegt auf das Mädchen ein, und tatsächlich schien es sich endlich zu beruhigen. Schwerfällig richtete es sich auf und betrachtete Heinrich aus niedergeschlagenen Augen. Sie war tatsächlich von sehr kleinem Wuchs und fast knabenhafter Gestalt. Auch Heinrichs Vermutung, dass sie wohl nicht aus dem Böhmischen stammte, schien sich zu bewahrheiten. Andererseits konnte er sich auch nicht länger vorstellen, dass sie dem fahrenden Volk angehörte. Ihre Gesichtszüge waren ebenmäßig, die Lippen voll mit weichem Schwung, und ihr erster Griff ging an ihr Haar, um es sittsam zurück in die Haube zu stecken. Beachtete man zudem den leichten Olivton der Haut, so würde er ihr eher südländische Wurzeln zuschreiben: Vielleicht war sie Italienerin oder Maurin? Als sie sich einen Moment unbeobachtet glaubte, hob sie den Kopf. Ihre Blicke trafen sich, und der unerbittliche Ostwind schien für einen Moment den Atem anzuhalten. Selbst die Wintersonne erstrahlte wärmer. Die kastanienfarbenen Augen erreichten Heinrichs Herz und veränderten den Rhythmus seines Schlages. Kampfesmut lag darin, Stolz, Adel und zugleich vielversprechende Sinnlichkeit. Bei Gott, Jakob hatte Recht gehabt: Dieses Mädchen musste von Stand sein. Was aber suchte sie dann in der Gesellschaft solchen Packs?
    »Nenn mir deinen Namen!«, befahl der Ritter.
    Ein weiteres Mal blitzten

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