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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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schlichen sich auf Arigunds Wangen.

*
    Fröhlich pfeifend hüpfte Jakob die schmalen Stufen zu ihrer Kammer hoch. Er hatte gemeinsam mit seinem Ritter die ankommenden Reisenden willkommen geheißen und sich sodann um das Entladen ihres Maultiers gekümmert. Die wichtigsten Utensilien, ein Kästchen mit wertvollen Farben und Heinrichs Laute, hatte er vorsichtshalber an sich genommen. Er wollte es nur rasch in der Kammer verbergen und sich dann der Gesellschaft im Schankraum wieder anschließen. Nachdem er schwungvoll die Tür aufgerissen hatte, wäre er beinahe wieder zurückgeprallt. Ihre junge Reisegefährtin hockte dort, mitten im Zimmer, in einem Bottich, lediglich mit dem Badehemd bedeckt, welches nass und durchscheinend mehr zeigte, als es verbarg. Jakob wurde heiß und kalt zugleich. Sein Mund stand offen, aber kein Laut kam aus der Kehle, und sein Herz klopfte wild. Er wusste, er sollte den Raum sogleich wieder verlassen, das hätte die Schicklichkeit geboten, doch dann entdeckte er die abgeschnittenen schwarzen Haare auf dem Boden.
    »Meine Güte, was machst du denn?«, krächzte er mühsam.
    Hastig tauchte sie bis zum Hals unter.
    »Raus, verschwinde!«, kreischte sie und spritzte ihn mit dem Badewasser nass.
    Jakob erschrak und dachte plötzlich: »Genau wie Lucrezia!« Seine Ziehschwester hatte immer ein Riesentheater veranstaltet, wenn er sie in der Badestube überraschte. Am Ende hatte er sich einen Spaß daraus gemacht, was ihm eine Menge Ärger eingebracht hatte. Der Bub musste lachen.
    »Hast du keinen Anstand?«, fuhr ihn die junge Frau erneut an.
    »Für eine Räuberbraut nimmst du den Mund recht voll!«, sagte er mit vollerer Stimme.
    »Und du für einen Knaben, der gerade der Ammenbrust entwöhnt wurde«, erwiderte sie mit funkelnden Augen.
    »Hätte sie so hübsche Brüste gehabt wie du, würde ich noch heute daran saugen«, hielt ihr Jakob frech entgegen.
    »Weißt ja kaum mehr damit anzufangen, und jetzt scher dich raus!«
    Erneut schickte sie ihm eine nasse Dusche herüber, der er geschickt auswich. Ohne sich um die Seifenlauge zu scheren, die ihm um die Nase spritzte, huschte er an ihr vorbei und stellte seine Sachen ab.
    »Immerhin, aufs Maul gefallen bist du nicht. Lass uns einen Handel machen. Wenn du mir verraten magst, warum du dich geschoren hast wie ein Schaf, dann verschwinde ich augenblicklich.«
    »Was geht’s dich an!«, schimpfte sie. »Bin ich etwa einem Knaben Rechenschaft schuldig?«
    »Du hörst dich an wie eine italienische Marktfrau!«, konterte Jakob. Das geheimnisvolle Mädchen zuckte sichtbar zusammen. Ohne es wirklich beabsichtigt zu haben, hatte er offenbar ins Schwarze getroffen.
    »Du hast also italienische Wurzeln«, stellte Jakob fest. »Lass mich raten: Deine Eltern sind Kaufleute. Wie also magst du in die Gesellschaft dieses Gesindels gekommen sein? Haben sie dich entführt, um Lösegeld zu erpressen?«
    Die junge Frau wurde blass und zog sich wieder tiefer ins Wasser zurück. Jakob triumphierte. Er hatte sie überlistet. Doch seine Freude währte nur kurz, denn schlagartig verdunkelten sich ihre Gesichtszüge.
    »Was weißt du schon«, schluchzte sie plötzlich und wandte ihr Gesicht ab.
    Jakobs Herz wurde weich. Das hatte er nicht gewollt.
    »Entschuldige«, stammelte er. »Ich wollte dir nicht zu nahe treten. Lass uns einfach darüber reden. Vielleicht kann ich dir helfen. Meine Familie ist nicht ohne Einfluss.«
    Plötzlich wurde ihm die Kuriosität der Situation bewusst. Was ihn eben noch amüsierte, wurde ihm peinlich.
    »Zieh dich erst mal an«, schlug er vor. »Ich gehe solange hinter die Abtrennung.«
    Doch seine freundlichen Worte fruchteten wenig. Ihre Tränen rannen hemmungslos weiter. Unsicher irrten Jakobs Blicke umher.
    »Wo sind eigentlich deine Sachen?«, fragte er sie.
    »Ich weiß nicht«, antwortete die junge Frau zwischen zwei Schluchzern. »Liegen sie nicht irgendwo?«
    »Also, ich kann nichts entdecken.«
    Jakobs Blick fiel auf seine Reisetruhe. »Soll ich dir erst einmal was von mir leihen?«, bot er linkisch an.
    »Warum nicht«, seufzte das Mädchen. Jakob öffnete seine Truhe, kramte Hemd, Pumphose und Beinlinge heraus und legte alles neben sie auf einen Schemel. Dann zog er sich taktvoll hinter die aufgespannten Tücher zurück, lauschte aber gespannt.
    Es dauerte nicht lange, da vernahm er ein Plätschern und das leise Tappen von Füßen, dann das Rascheln von Tuch. Jakob konnte nicht widerstehen. Er lugte durch die Ritze. Was er

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