Die Washington-Akte
brauchen.
»Der Code ist entschlüsselt worden. Ich kenne jetzt die Botschaft, die Andrew Jackson dem Commonwealth hat zukommen lassen.«
»Wo bist du?«, fragte sie.
»In Richmond. In einem reizenden Hotel namens The Jefferson.«
»Ich bin in Fredericksburg. Ist das in der Nähe?«
»Etwa eine Stunde entfernt.«
»Ich komme zu dir.«
Bei meinen vorbereitenden Nachforschungen im Nationalarchiv bin ich auf Briefe gestoßen, die Robert Patterson, ein Mathematikprofessor an der University of Pennsylvania, Thomas Jefferson im Dezember 1801 geschrieben hat. Damals war Jefferson Präsident der Vereinigten Staaten. Sowohl Patterson als auch Jefferson waren Mitglieder der American Philosophical Society, einer Gesellschaft, die die natur- und geisteswissenschaftliche Forschung förderte. Beide begeisterten sich außerdem für Geheimschriften und Codes und tauschten sie regelmäßig aus. Patterson schrieb: »Die Kunst der Geheimschrift interessiert nun schon seit vielen Jahrhunderten sowohl Staatsmänner als auch Philosophen.« Aber Patterson merkte an, dass die meisten Geheimschriften »alles andere als perfekt« seien. In Pattersons Augen besaß der perfekte Code vier Eigenschaften: (1) Er sollte in allen Sprachen verwendbar, (2) leicht zu erlernen und (3) leicht zu lesen und zu schreiben sein. Vor allen Dingen aber sollte er (4) »für jeden, der den richtigen Schlüssel oder das zutreffende Geheimnis nicht kennt, absolut unergründlich sein«.
Patterson legte seinem Brief das Beispiel eines Codes bei, der so schwer zu entschlüsseln sei, dass er »dem vereinigten Einfallsreichtum der ganzen menschlichen Gattung« standhalten könne. Kühne Worte für einen Mann des 19. Jahrhunderts, aber damals gab es noch keine Algorithmen für Hochgeschwindigkeitscomputer.
Patterson erschwerte die Aufgabe noch zusätzlich und erklärte in seinem Brief, er habe seine Botschaft zunächst in vertikalen Buchstabenspalten niedergeschrieben, die von links nach rechts aneinandergereiht seien, und zwar je fünf Buchstaben nebeneinander. Dann habe er jeder Zeile eine zufällige Zahl von Buchstaben hinzugefügt. Um die Geheimschrift zu entziffern, musste man die Anzahl der Zeilen kennen, die Reihenfolge der transkribierten Zeilen und die Zahl der hinzugefügten bedeutungslosen Buchstaben.
Hier sind die Buchstaben aus Andrew Jacksons Botschaft:
XQXFLETH
APKLJHXREANJF
TSYOL:
EJWIWM
PZKLRIEECP ∆
FZSZR
OPPOBOUQDX
MLZKRGVK Φ
EPRISZXNOXE Θ
Der Schlüssel des Codes besteht aus einer Folge zweistelliger Ziffernpaare. Patterson erklärte in seinem Brief, dass die erste Ziffer jedes Paars für die Position einer Zeile innerhalb des Geheimtexts und die zweite Ziffer für die Zahl der zu Beginn dieser Zeile hinzugefügten Buchstaben stünden. Patterson gab diese Ziffernschlüssel natürlich niemals preis, und so ist seine Geheimschrift in hundertfünfundsiebzig Jahren nicht entschlüsselt worden. Um diesen Ziffernschlüssel zu finden, habe ich die Wahrscheinlichkeit von Diphtongen analysiert. Bestimmte Buchstabenpaare wie zum Beispiel dx existieren im Englischen einfach nicht, während andere fast immer gemeinsam auftauchen wie zum Beispiel qu. Um ein Gefühl für das Sprachmuster in Pattersons und Jeffersons Zeit zu bekommen, habe ich die achtzigtausend Buchstaben in Jeffersons Rede zur Lage der Nation auf Diphtong-Vorkommen durchgezählt. Danach habe ich eine Reihe wohlbegründeter Annahmen über die Zahl der Zeilen pro Geheimtext, die jeweiligen Nachbarschaftsverhältnisse der Zeilen und die Zahl der in eine konkrete Zeile eingefügten Zufallsbuchstaben getroffen. Zur Überprüfung dieser Annahmen habe ich einen Computeralgorithmus und das sogenannte dynamische Programmieren eingesetzt, das komplexe Probleme in Teilprobleme aufbricht und deren Lösungen zusammenfügt. Insgesamt waren weniger als hunderttausend Teilberechnungen erforderlich, was nicht maßlos aufwendig ist. Ich muss dabei anmerken, dass die mir zur Verfügung stehenden Programme nicht allgemein zugänglich sind, was vielleicht erklärt, warum der Code bisher nicht entschlüsselt worden ist. Nach einer Woche Arbeit am Code stieß der Computer auf den Zahlenschlüssel.
33 28 71 11 56 40 85 64 97
Bei der Verwendung des Schlüssels wollen wir zu den codierten Zeilen selbst zurückkehren und sie nach Pattersons Anweisung hintereinander aufreihen.
XQXFLETHAPKLJHXREANJFTSYOL:
EJWIWMPZKLRIEECP ∆ FZSZROPPOB
OUQDXMLZKRGVK Φ EPRISZXNOXE Θ
Wenn wir den ersten
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