Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Washington-Akte

Die Washington-Akte

Titel: Die Washington-Akte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
Vom Netzwerk:
Mutter gegenüber unfair, dass ich andere Frauen habe? , hatte sein Vater gefragt. Ja, das ist es, verdammt noch mal. Aber da draußen stehe ich meinen Mann, nicht sie. Wenn ich geschnappt werde, muss ich ins Gefängnis, nicht sie. Letztlich komme ich immer zu ihr nach Hause zurück. Ich sorge für sie. Ich werde mit ihr alt werden. Aber solange ich es kann, habe ich das Recht, nach meinem Gusto zu leben.
    Knox hatte diese selbstsüchtige Haltung nicht verstanden, bis er selbst an der Reihe war und die Anforderungen seines Berufs aus erster Hand erlebte. Die vier Crews der Familien bestanden derzeit aus zweihundertvierzehn Mann. Er bemühte sich, die Leute zufriedenzustellen, und sie zählten auf ihn. Aber die vier Kapitäne verlangten ebenfalls, dass er ihre Interessen wahrte. Und auch wenn die Kapitäne ihn nicht entlassen konnten, konnten sie ihm doch das Leben zur Hölle machen.
    Wenn er eine der beiden Gruppen enttäuschte, war die Strafe hart.
    Ein guter Quartermeister lernte, dieses Gleichgewicht zu wahren. Und sicher, ein gelegentlicher Fick mit der einen oder anderen Frau, die er traf, könnte den Stress erträglicher machen. Aber er war dieser Versuchung nie erlegen. Er liebte seine Frau und seine Familie. Sie zu betrügen war für ihn keine Option. Sein Vater hatte nicht in allem und jedem recht gehabt. Nicht in Fragen der Ehe – und auch nicht bezüglich des Commonwealth. Seit den Zeiten seines Vaters hatten sich die Dinge verändert, und Knox fragte sich oft, wie sein alter Herr wohl angesichts der gegenwärtigen Herausforderungen gehandelt hätte. Die Kapitäne bekämpften sich immer hitziger und bedrohten damit die Existenz der Vereinigung. Die uralten Bande, die sie zusammenschweißten, schienen kurz vor dem Zerreißen zu stehen. Dennoch hatte Knox einen kolossalen Fehler begangen, als er sich auf Andrea Carbonell einließ. Zum Glück hatte der Verräter, auf den sie ihn gestoßen hatte, sich unübersehbar verstrickt. Auf eine merkwürdige Weise empfand er mit dem zum Tode Verurteilten Mitleid.
    Der saß in der Falle. Konnte nirgends mehr hin.
    War anderen Menschen vollkommen ausgeliefert.
    »Du siehst müde aus«, sagte seine Frau von der Badezimmertür her.
    Er wollte sich gerade duschen und rasieren. »Es war eine lange Nacht.«
    »Wir könnten nächstes Wochenende zum Strand fahren und ausspannen.«
    In der Nähe von Cape Hatteras besaßen sie ein Cottage, das er von seinem Vater geerbt hatte.
    »Klingt großartig«, sagte er. »Wir beide. Nächstes Wochenende.«
    Sie lächelte und umarmte ihn von hinten.
    Er betrachtete ihr Gesicht im Spiegel.
    Sie hatten jung geheiratet, ihre Kinder großgezogen und waren nun seit fünfundzwanzig Jahren zusammen. Sie war seine beste Freundin. Leider blieb ein großer Teil seines Lebens vor ihr verborgen. Während sein Vater Geheimnisse gehabt und seine Frau betrogen hatte, hatte Knox selbst nur Geheimnisse. Er fragte sich, was sie wohl tun würde, wenn sie wüsste, wie sein Beruf wirklich aussah.
    Dass er Menschen ermordete.
    »Das Wetter soll großartig werden«, meinte sie. »Sonnig und kühl.«
    Er drehte sich um, küsste sie und sagte dann: »Ich liebe dich.«
    Sie lächelte. »Das hört man immer gerne. Ich liebe dich auch.«
    »Ich wünschte, ich müsste nicht gleich wieder auf den Landsitz zurück.« Er sah, dass sie verstand, worauf er hinauswollte.
    »Wie wär’s mit heute Abend?«
    Er lächelte angesichts dieser Aussicht. »Dann haben wir also ein Date.«
    Sie küsste ihn noch einmal und ließ ihn dann allein.
    Seine Gedanken kehrten zu dem Problem zurück.
    Die Sache mit dem Verräter musste zu einem Ende kommen. Die Ängste der Kapitäne mussten beschwichtigt werden. Nichts würde auf Knox hinweisen. Jetzt wusste er, warum Carbonell zugelassen hatte, dass er Scott Parrott tötete. Warum auch nicht? Klar, es rückte Knox bei den Kapitänen in ein gutes Licht, wenn er tat, was sie von ihm erwarteten, aber Parrotts Tod beseitigte die einzige andere Person bei der NIA , mit der Knox je zu tun gehabt hatte.
    Und damit war er nun vollständig von Carbonell abhängig.
    Gut war das nicht.
    Er riss sich zusammen.
    Noch zwei Stunden, dann sollte er wieder in freiem Fahrwasser sein.
    Wyatt beobachtete den Neuankömmling. Der Einbrecher hatte die Räume nicht durchsucht und ging offensichtlich davon aus, dass die Wohnung leer war. Er hatte ein dunkles Bündel mit sich hereingebracht, legte die Tasche auf den Boden und leerte sie rasch aus. Dann trug er einen

Weitere Kostenlose Bücher