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Die Wasser des Mars

Die Wasser des Mars

Titel: Die Wasser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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Entfernung zur Sonne fast aufgebraucht. Die Rakete erreichte die Phase, in der sie auf ihrem sonnenfernsten Punkt einen winzigen kosmischen Moment verharren mußte, bevor sie sich dann erneut schneller und schneller auf die Sonne zubewegen würde, ihr gleichsam entgegenfallend. Aber auch das geschah nicht.
    Zu dieser Zeit war der Uranus bereits zu einer mächtigen Kugel geworden, die groß und drohend im Raum hing, während die Sonne beängstigend geschrumpft war. Der leuchtende Ring, den es zu untersuchen galt, konzentrierte sich offensichtlich auf der der Sonne abgewandten Seite des Planeten. Der Navigator zündete die Korrekturtriebwerke, um die Korona 1 einige Tausend Kilometer nach außen zu steuern. Die Rakete schickte sich damit an, den Uranus auf dieser Seite zu überholen. Man rechnete damit, daß dessen Gravitation die Geschwindigkeit weiter abbremsen werde und dadurch eine längere Zeit für Forschungen zur Verfügung stehe.
    Bis zu dieser Stelle sind die Eintragungen beruhigend sachlich und durch keinerlei Emotionen gefärbt, dann aber kommt die Beschreibung der Havarie, zerfahren und sprunghaft, teilweise breit angelegt wie eine Reportage.
    Die Havarie trat ein, als mein Urahn Dienst tat. Außer den beiden Astronomen schlief die Besatzung. Mein Urahn versuchte die Überholzeit exakt zu berechnen. Eine Unmenge von Fakten und Kräften spielten dabei eine Rolle. Es war eine mühselige Arbeit, aber er war froh, schrieb er später, überhaupt etwas zu tun zu haben.
    Angeblich wußte er nicht zu sagen, weshalb er von seinen Instrumenten aufgeblickt hatte. Eine leuchtende Schicht überzog die Bildschirme, und der Zielplanet auf dem Bugschirm wirkte verschwommen und schemenhaft. Dann begannen Warnanzeigen zu leuchten und der Zentralrechner unaufgefordert zu arbeiten. Wertvolle Zeit verging, in der das Leuchten intensiver und das Bild des Planeten verschwommener wurde. Schließlich plärrte der Rechner die Worte »Annihilation auf der Außenhaut!« in die Zentrale.
    In dieser Situation tat Stasch das einzig Richtige. Er tastete Vollschub ein und betätigte zur selben Zeit die Weckanlage. Zwar war das Betätigen der Signaleinrichtung eigentlich unnötig, da der Beschleunigungsandruck die Besatzung ohnehin wecken mußte, ein Fehler war es keinesfalls.
    Bevor die Antriebe das Raumschiff vorwärtsstießen, bremsten Steuerraketen die Rotation ab. Für Bruchteile einer Sekunde setzte Schwerelosigkeit ein.
    Stasch bezeichnete in seiner Beschreibung der Havarie die Schwerelosigkeit als etwas, das ein ständiges ekelhaftes Gefühl des Fallens erzeuge, er behauptete, sehr darunter zu leiden.
    Wir, die heutige Besatzung, kennen keine anderen Bedingungen, wir leben von der Geburt bis zum Tod in Schwerelosigkeit, und wir finden das weder ekelhaft, noch leiden wir darunter. Gewiß, das Fehlen der künstlichen Gravitation wirkt sich aus. Trotz unseres intensiven Krafttrainings sind wir schlanker und weniger muskulös als unsere Ahnen, aber ich empfinde diese überaus kräftigen Gestalten, deren Fotografien in der Chronik festgehalten sind, weder als schön noch als sinnvoll. Wir, die letzte Generation in diesem Raumschiff, sind den Bedingungen, unter denen wir zu leben haben, optimal angepaßt.
    Bernhard Staschs Bericht läßt darauf schließen, daß die von ihm eingeleitete Beschleunigungsphase zeitlich sehr kurz war. Schon nach wenigen Sekunden fielen die Antriebe aus, obwohl niemand sie ausgeschaltet hatte. Das Leuchten auf den Bildschirmen war verschwunden, und der kurze Andruck wich erneut der Schwerelosigkeit. Erst dann stellte Stasch fest, daß die Anzeige für die Treibstoffaktivierung auf Null gefallen war. Das konnte Entaktivierung oder restlosen Verbrauch des Treibstoffs bedeuten, und beides war unerklärlich.
    Wie reagiert ein Mensch in dieser Situation? Zuerst wird er annehmen, die Instrumente seien ausgefallen. Aber welches Gefühl überkommt ihn, wenn er feststellen muß, daß sich die Anzeigen nicht irren?
    Richtet er sich auf, greift zum Skaphander und geht nach draußen, um festzustellen, was den Raumkörper, in dem er lebt, zu einem Wrack gemacht hat, das ihn wer weiß wohin tragen wird? Oder bricht er im selben Moment, da ihm die Tragweite der Katastrophe klar wird, unter ihrer Last zusammen?
    Bernhard Stasch will das erstere getan haben. Er hangelte sich zum Heck, dabei einen der Korridore benutzend, der in einer der drei Verbindungsstreben entlangführte. Diese Streben verbanden das spindelförmige

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