Die Wasser des Mars
der Zeiger auf der Lenkbox heftig ausschlägt und dann nach links vorn zeigt. Zugleich ertönt ein leises, auf- und abschwellendes Hupen aus dem Lautsprecher.
Sie beginnen zu laufen. Die Kamera hat etwas entdeckt, das der vorprogrammierten Form entspricht, und nach Lage der Dinge kann es eigentlich nichts anderes sein als ein Mensch. Was sonst sollte inmitten der Mortula einen länglich-ovalen, dunklen Fleck bilden?
Als sie die Stelle erreichen, auf die der Zeiger gerichtet ist, bleiben sie, nach Luft schnappend und zutiefst enttäuscht, stehen. Vor ihnen, nur wenige Meter entfernt, liegt einer der sogenannten Lithofanten, eine Kolonie netzförmiger niedriger Lebewesen, die. unter dem Einfluß der tagsüber heißen Sonne Kohlendioxid und Minerale assimilieren. Das Erstaunliche dabei ist, daß diese mikroskopisch kleinen Lebewesen eine ungeheure Affinität zueinander besitzen, die es ihnen ermöglicht, sich zu einer komplizierten Kolonie zu vernetzen. Mehrere Jahre hat es gedauert, ehe die ersten dieser Tierpflanzen entdeckt wurden, da sie nur in den Gebieten mit extremen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht vorkommen. Zweifellos handelt es sich hier um Lebewesen, die den extremen Verhältnissen dieser Welt am günstigsten angepaßt sind.
So interessant diese Begegnung unter anderen Voraussetzungen gewesen wäre, bei Paolo Cortez löst sie jetzt Verbitterung aus, einfach, weil sie gezwungen sind, die Suchkamera neu zu programmieren. Sie dürfen nicht Gefahr laufen, sich ein zweites Mal narren zu lassen.
Grind faßt sich als erster. Er nimmt Cortez den Steuerkasten aus der Hand und läßt die beiden Gleiter so weit auseinanderrücken, daß das Verbindungsseil straff wird. Dadurch gerät die Kamera in ihre Reichweite, und es ist ein leichtes, sie abzunehmen. Ungleich schwieriger ist die Aufgabe, sie neu zu programmieren. Es ist bei derartigen Kameras, die nur mit einem Objektiv ausgerüstet sind, unmöglich, die dreidimensionale Form eines Menschen als Erkennungskriterium heranzuziehen, da der Sucher nur in der Lage ist, sich in zwei Dimensionen zu orientieren.
Sie verlieren mindestens eine Stunde mit den Bemühungen, ein möglichst menschenähnliches Rasterbild auf das Band zu bringen. Beide erweisen sich nicht gerade als Meister bei der Darstellung geometrisch ähnlicher Flächen.
Als Grind sich das Werk betrachtet, hält er den Kopf schief. »So müßte es eigentlich ausreichen«, erklärt er hoffnungsvoll. »Ein wenig Selektionsarbeit dürfen wir der Kamera ruhig zutrauen. Und ich meine, daß das, was wir hier gezeichnet haben, einem Menschen weit ähnlicher sieht als die Darstellung auf dem ersten Band.«
Zweifellos hat er recht. Aber Cortez’ Bedenken sind noch nicht beseitigt. Auf dem ersten Band hatten sie sich mit einem einfachen Oval begnügt, und es ist durchaus nicht sicher, daß ihre neue Darstellung einen größeren Erfolg erbringt. Um so sorgfältiger legt er das Band zwischen die Rollen, überprüft den Antrieb und läßt die Sonde auf.
Sie machen sich ernstliche Sorgen; immerhin ist Kronert seit fast zwei Tagen verschollen, und bisher fehlt noch jede Spur von ihm.
Aber auch an diesem zweiten Tag haben sie keinen Erfolg. Als die Sonne zum zweitenmal untergeht, haben sie sich den Bergen im Osten so weit genähert, daß sie hin und wieder bereits die ersten Ausläufer der flachen Felsen überqueren. Der Kompaß beweist, daß sie ihre Marschrichtung exakt beibehalten haben. Vielleicht bewegen sie sich ein wenig östlich des Leitstrahls, aber diese Abweichung ist keineswegs erheblich.
Cortez blickt hinüber zu den Gesteinsbrocken, hinter denen wieder der rötliche Dunst hängt. Diese Nebel sehen aus der Nähe weit weniger dicht aus als aus größerer Entfernung.
Grind hat das Glas vor den Augen. Meter um Meter tastet er das Gelände im Norden ab. »Es wird langsam kritisch, Paolo!« brummt er.
Cortez fühlt eine Art Erleichterung darüber, daß der andere endlich auf das Wichtigste kommt. Es wird tatsächlich Zeit, daß sie Kronert finden, und Grind hat den ganzen Tag kaum ein Wort über ihre eigentliche Aufgabe gesprochen. »Da ist was Wahres dran«, sagt er und bemüht sich um eine ruhige Stimme. »Zwei Tage in der Wüste sind keine Kleinigkeit für einen einzelnen.«
»Hoffen wir, daß er wenigstens ausreichend mit Nahrung, Atemluft und Batterien versorgt ist.«
Nachdenklich nickt Cortez. Erst jetzt kommt ihm zum Bewußtsein, wie schnell die eine oder andere
Weitere Kostenlose Bücher