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Die Wasser des Mars

Die Wasser des Mars

Titel: Die Wasser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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Unheimlichen kontinuierlich zum Raumschiff übertragen, treffen Informationen in ununterbrochenem Strom bei den vier Menschen ein.
    Der Drehantrieb des Turmes arbeitet, auch wenn bereits jetzt abzusehen ist, daß auch er in kurzer Zeit ausfallen wird. Das zum Richten erforderliche Drehmoment liegt schon nach wenigen Versuchen weit über dem Normalwert, ein Zeichen dafür, daß auch dieses System unter dem Einfluß der Gravitation deformiert wird. »Wir werden sehr sparsam mit den Richtbewegungen des Kopfes umgehen müssen.« Herb versucht sich zu beruhigen, aber für ihn wird der Erfolg dieser Landung noch fragwürdiger.
     

    Untereinander nennen sie den Turm des Titanen häufig den »Kopf«, weil sich auf ihm sämtliche Sensorsysteme konzentrieren. Und dieser Kopf mit seinen elektrischen Anlagen ist zur Zeit die einzige Baugruppe des Titanen, die nach wie vor funktionsfähig ist. Aber wie lange noch?
    Als Herb nach einem erneuten Einsatz als Pilot den Helm absetzt, ist sein Gesicht blaß und die Stirn feucht von Schweiß. Minutenlang liegt er völlig bewegungslos in seinem Sessel, erst dann hat er sich so weit erholt, daß er die neben ihm sitzende Ruuth beobachten kann. Sie hat sich unter dem Helm nach vorn geneigt. Zusammengekrümmt hockt sie mit dem Oberkörper über dem Pult, die Hände in die Sessellehnen gekrallt, ihr Mund ist zu einem schmalen Strich geworden, in ihrem Gesicht zuckt es. Herb sieht, daß die Eindrücke des Unheimlichen auf sie einstürmen wie eine erschreckende Phantasmagorie. Mehrmals öffnet sie den Mund zu einem Schrei, aber sie bleibt stumm, nur ihr Atem geht pfeifend.
    Dann fühlt Herb, wie er selbst ruhiger wird, wie die Erregung, die ihn ergriffen hat, langsam abklingt.
    Nach einer halben Stunde ist er so weit, daß er sich wieder in das Geschehen dort unten auf dem Unheimlichen einschalten könnte. Aber noch zögert er. Er sieht, daß Ruuths Gesicht zu einer Maske erstarrt ist. Und dann reißt sie sich mit einer einzigen Handbewegung den Helm vom Kopf und schleudert ihn auf das Pult. Sie stützt die Ellbogen auf die schräge Platte und legt das Kinn in die Hände. Ihre Augen bleiben geschlossen, als blicke sie den Bildern nach, die sie eben noch gesehen hat, Herb fragt nicht nach ihren Eindrücken. Er setzt den Helm auf und stimmt sich wieder ein.
     
    Der unheimliche Stern ist grau. Seine Atmosphäre ist grau, leuchtend und strahlend grau; so paradox es klingen mag, das Grau strahlt. Auch die Felsen und das Eis sind grau. Und auch sie strahlen.
    Zum zweitenmal stellt Herb fest, daß es sich um ein faszinierendes, um ein lebendiges Grau handelt. Links von ihm verliert sich eine schimmernde Ebene in weiter Ferne. Lange Wellen von Eis oder Fels geben ihr das Gepräge eines vor undenklichen Zeiten erstarrten Meeres. Und doch scheint auch diese erstarrte Ebene von einem geheimnisvollen Leben erfüllt. Die schnell ziehenden Wolken vor einem mattleuchtenden Himmel, der mit unzähligen Sternen übersät ist, tauchen sie in ein flatterndes, unwirkliches Licht, schaffen die Illusion ständiger Bewegung.
    Unmittelbar vor der Optik des Titanen funkelt und gleißt ein prismatischer Block mit einer Kantenlänge von mehreren Metern in allen Tönen der Grauskala, vom reinsten Weiß bis zum stumpfen Schwarz. Das diffuse Licht verleiht auch ihm Leben, läßt ihn in der einen Sekunde aufflammen und in der nächsten zurücksinken in matten Dämmer. Ringsum spielen Schauer von Licht und Schatten über scharfkantige Grate und sanfte Hänge, durch tief eingeschnittene Täler und über weich gerundete Hügel.
    Von irgendwo wehen spindelförmige Sturmböen herbei. Wild um sich selbst kreisend kommt die erste heran, streift leicht die geneigte Flanke des Blocks. Flirrender Staub steigt auf. Es ist eine Bewegung, die nicht in das Fließen des Lichtes ringsum paßt. Herb stockt der Atem, so ungewöhnlich, so fremd ist diese flimmernde Spindel aus Sturm und lichtem Staub.
    Mehr von diesen Spindeln tauchen auf, eine zweite, dritte und vierte. Wie Schemen kommen sie aus der Fülle diffusen Lichtes, gleiten heran und schwinden aus Herbs Gesichtskreis.
    Die eigene Bewegungslosigkeit lastet auf ihm wie ein Alp; langsam und vorsichtig führt er die Baronik einer der Spindeln nach, bis ein häßliches Knirschen aufklingt.
    Der Kopf steht still, ist für alle Zeiten fest, der Drehantrieb versagt seinen Dienst. Der Titan ist gelähmt. Und um ihn herum tanzen die flimmernden Spindeln, als feierten sie den Sieg des

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