Die Wasser des Mars
in der Nähe unseres Sonnensystems sind, sehe ich kaum noch Gefahren.«
Herb mag überlegen, wie er will, er mag das Für und Wider gegeneinandersetzen in jeder nur möglichen Kombination, er muß zugeben, daß Matoul recht hat. Sie haben nur diese eine Chance. Schließlich nickt er mit verdrossener Miene. »Versuchen wir es also«, sagt er, und er ist erstaunt, daß die anderen erleichtert aufatmen. »Aber ob unsere Forschungsergebnisse so wertvoll sein werden…?« setzt er zweifelnd hinzu.
Jetzt lächelt der Mathematiker tatsächlich. »Wer weiß, Herb?« sagt er und nach einem kurzen Schweigen: »Was waren das für eigenartige Spindeln, die an dem Titanen vorbeitanzten?«
Herb versteht den Zusammenhang noch nicht. »Windhosen«, antwortet er und zuckt die Schultern.
Matoul nickt versonnen. Das Lächeln ist immer noch in seinem Gesicht, einem Gesicht, das jetzt zwei Menschen zu gehören scheint, einem müden und einem fröhlichen Menschen. »Windhosen«, sagt auch er, und Herb weiß nicht, ob es eine Frage, eine Feststellung oder eine Bemerkung sein soll.
Wenige Minuten später haben sie sich in ihren Sesseln ausgestreckt. Vielleicht ist es die Gewißheit, eine, wenn auch noch so geringe Chance der Heimkehr zu haben, vielleicht ist es auch die Anspannung der letzten Stunden und Tage, jedenfalls schlafen sie so fest, daß nichts mehr für sie existiert, der Unheimliche nicht, die Gefahren der Rückkehr nicht und auch nicht die tanzenden Spindeln.
Der gleißende prismatische Block ist verschwunden, die auffälligste Erscheinung auf dem Unheimlichen ist weggewischt, als hätte es sie nie gegeben. Auch der sanfte Hang, der sich rechter Hand hoch über den Block erhob, ist nicht mehr sichtbar. Statt dessen erfassen Optik und Baronik des Titanen Hunderte der seltsamen Spindeln aus Licht und schnell rotierenden Gasen. Es ist, als gäben sie sich Mühe, das diffuse Licht der unzähligen Sterne am Himmel des Unheimlichen einzufangen und es ein Stück ihres unsteten Weges mitzunehmen, bis sie es irgendwo auf ihrer Wanderung in Reflexen versprühen. Und ihre seltsamen Wege scheinen keinem Naturgesetz unterworfen zu sein.
Die Lage des Titanen ist nicht mehr dieselbe wie nach der Landung. Der Kopf zeigt jetzt in eine völlig andere Richtung. Das ist unerklärlich, und Herb fürchtet, daß es ihnen vielleicht nie gelingen wird, den Grund dafür zu finden. Der Titan hat sich irgendwann in der Zeit, in der sie schliefen, gedreht, ohne Befehl, mit ausgefallenen Antrieben.
Herb sieht, wie Matoul die Helme wechselt. Nicht ohne Grund hatten sie sich vor Wiederaufnahme der Verbindung für die Passivhelme entschieden. Zwar vermitteln diese Geräte dem Beobachter die Sinneseindrücke des Landefahrzeuges, aber sie gestatten kein aktives Eingreifen und Steuern. Dafür erlauben sie jedoch eine Unterhaltung der Beobachter untereinander. Und das schien ihnen angesichts des gelähmten Titanen wichtiger als der Versuch von Operationen auf dem Unheimlichen.
Jetzt also greift Matoul zum Sensorhelm. Herb beobachtet ihn. Auf dem schmalen Gesicht des Mathematikers kann man die Gefühlsregungen ablesen wie in einem aufgeschlagenen Buch. Sie wechseln von Sekunde zu Sekunde. Zuerst das langsame Hinübergleiten in den Dämmer der Abstimmung, dann die plötzliche Angst, den eigenen Körper unwiederbringlich zu verlieren und schließlich das völlige Einswerden mit dem Titanen.
Nur Minuten bleibt Matouls Ich dort unten auf dem Unheimlichen, dann taucht er zurück an Bord, nimmt den Helm ab und befestigt ihn vorsichtig in den Halteklammern. Er schüttelt den Kopf. »Nichts!« sagt er, während er den Passivhelm über den Schädel stülpt. »Nach wie vor völlig funktionsunfähig!«
Herb hat nichts anderes erwartet. Es gibt keinen Grund, weshalb der Titan plötzlich wieder aufleben sollte. Aber ebenso unmöglich ist eine plötzliche Positionsveränderung, und doch hat sie stattgefunden.
Erneut konzentriert sich Herb auf das Blickfeld des Titanen. Die sanft geschwungene Ebene ist jetzt rechts von ihm. Sie funkelt wie helles Glas, in dem sich das Licht unzähliger Sterne in wechselndem Glanz widerspiegelt. Links steigt ein Hang steil und glatt in die dämmerige Höhe.
Man kann mit einiger Sicherheit annehmen, daß die jetzt links liegende Hangfläche dieselbe ist, die nach ihrer Landung auf der rechten Seite sichtbar war. Dazu paßt auch die jetzige Lage der Ebene. Das aber würde bedeuten, daß irgendeine unbekannte Kraft den Titanen um
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