Die Wassermuehle
davon. Am nächsten Morgen hatte sie eine Kurzhaarfrisur und war fröhlich wie immer.“
„Kein Wort hat sie mir davon gesagt.“
Vivienne sah ihn ernst an. „Ich will ehrlich sein: Als ich damals bei euch anrief, hatte ich die Hoffnung, über Hedi an deine Schwägerin heranzukommen. Ich brauchte dringend Geld, und dein Bruder hatte mir gesagt, dass seine Frau Kunstsammlerin ist.“
„Warum erzählst du mir das?“
„Ich möchte, dass du mir wenigstens glaubst, dass ich nie geplant habe, Hedi um ihr Erbe zu bringen. Als ich ihr zuredete, in die alte Mühle zu ziehen, stand mir das Wasser bis zum Hals, und ich war froh, irgendwo unterzukommen. Mehr wollte ich nicht. Dass sie mich ins Grundbuch eintragen ließ, war mir nicht recht. Aber was hätte ich dagegen sagen sollen? Ich bildete mir ein, es spiele ohnehin keine Rolle, und der Rest würde sich irgendwie von selbst regeln.“
„Ziemlich blauäugig, oder? Zumal du ja keine Gelegenheit ausgelassen hast, das Geld mit beiden Händen zum Fenster hinauszuwerfen.“
Vivienne trank ihr Bier leer. „Ich weiß, das ist keine Entschuldigung, aber ich musste mir nie Gedanken über finanzielle Dinge machen. Von Kindesbeinen an war Geld für mich etwas, das einfach da war, das ich mir nehmen konnte, wie, wann und wofür es mir beliebte. Auch nach dem Tod meiner Eltern änderte sich daran nichts.“
„Bis die letzten Wertpapiere versilbert waren.“
„Das Vermögen meiner Eltern war beträchtlich. Ich gab es nicht nur mit vollen Händen aus, ich war auch dumm genug, auf falsche Freunde und windige Geschäftemacher hereinzufallen. Den Ernst der Lage begriff ich nicht mal dann, als der Gerichtsvollzieher vor der Tür stand.“
„Und was sollte die Maskerade mit dieser Antoinette von Eschenberg?“
Vivienne zuckte mit den Schultern. „Es gibt nichts Schlimmeres für einen Künstler, als mit den eigenen Arbeiten Klinken zu putzen. Ich hoffte auf ein bisschen mehr Renommee, wenn ich durch eine Pariser Agentur vertreten werde.“
Klaus deutete auf die Bilder über der Couch. „Und als es mit der Kunst nicht klappte, hast du Kitsch gemacht.“
„Es war die einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen. Außer malen kann ich ja nichts.“
Er räusperte sich. „Was ist eigentlich mit diesem Ferrarikutscher aus München?“
„Was soll denn mit ihm sein?“, fragte Vivienne lächelnd.
„Hedi machte mir beim letzten Mal nicht den Eindruck, als legte sie noch großen Wert auf meinen Einzug.“
„Ich durfte nicht mal einen neuen Küchenschrank kaufen, weil sie meinte, es bliebe kein Platz mehr für eure Möbel. Sie bringt keine drei Sätze über die Lippen, ohne dich zu erwähnen. Und was Wolfgang angeht: Sie ging mit ihm essen, weil sie hoffte, dass er ein paar Bilder von mir kauft. Am nächsten Tag besuchte er sie in der Mühle, dann kamen ein paar Urlaubskarten aus Amerika. Ich glaube schon, dass er was von ihr will, aber ich bin sicher, für Hedi ist es bis jetzt nicht mehr als ein harmloser Flirt.“
„Was heißt, bitte, bis jetzt?“
„Dass es bei dir liegt, wie sich die Sache weiterentwickelt.“
„Sag mir, was ich tun kann.“
„Mit deiner Schwägerin reden.“
„Gut. Was noch?“
„Meinen Anteil an der Mühle übernehmen.“
„Ich glaube nicht, dass sich die Gläubiger auf dieses Spielchen einlassen. Ihr werdet wohl beide zu gleichen Teilen haften, zumindest, was die Renovierungskosten angeht. Und so viel Geld habe ich nicht, dass ich die Mühle kaufen und obendrein eure Schulden bezahlen könnte.“
„Das verlange ich gar nicht. Ich will dir nur klarmachen, dass deiner Frau dieses Haus sehr viel bedeutet, und dass sie nicht etwa dort wohnt, um dich zu ärgern.“
„Wir beide würden uns spätestens am zweiten Tag, den wir zusammen unter einem Dach verbringen müssten, gegenseitig den Schädel einschlagen“, sagte Klaus grinsend.
„Ich bin dabei, mir eine Arbeit zu suchen und werde so schnell wie möglich zurück in die Stadt ziehen.“
„Exzellent. Und mich willst du fürs Landleben begeistern?“
„Nach allem, was Hedi über dich erzählt hat, könnte ich mir vorstellen, dass es dir da draußen gar nicht schlecht gefiele, vorausgesetzt, du redest dir nicht länger ein, dass du mit einem Umzug in eurem kleinen Machtkampf der Verlierer sein würdest.“
„Mhm.“
„Hedis größter Wunsch ist ein Offenbacher Möbelwagen auf dem Hof.“
„Und warum sagt sie mir das nicht selbst?“
„Weil sie genauso stur ist wie du.“
Klaus
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