Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
Pferd zu dirigieren.
»Meinetwegen«, murmelte sie.
Es ging ihr so schlecht, dass ihr im Augenblick alles gleich war. Sollte Alister doch denken, sie könne nicht reiten. Sollte man über sie lachen, sollte Caja der Triumph bleiben, dass ihre Ahnung sich bewahrheitet hatte.
Ewan führte ihr Pferd am Zügel mit, vom Sattel hingen Bogen und Köcher herab. Wenigstens das war ihr geblieben.
Am Abend saß sie auf ihrem Lager, trank voller Abscheu Cajas bitteren Kräutertrank und spürte, wie die Übelkeit langsam verging. Cajas Mittel schmeckten widerlich, aber sie halfen fast immer.
»Du hättest auf mich hören sollen.«
Rodena tat einen tiefen Atemzug, drehte die Augen zur Decke und schwieg.
»Er ist zu großen Dingen bestimmt, Rodena. Lass ihn in Ruhe, denn du bringst Unheil auf seinen Weg.«
Rodena reichte der alten Frau den geleerten Becher und strich sich vorsichtig über die Beule an ihrem Hinterkopf. Es tat höllisch weh, doch die Geräusche in ihren Ohren waren jetzt vollständig vergangen.
»Habe ich ihn mir ausgesucht? Es war Alister, der mir Ewan geschickt hat«, murrte sie.
Caja wandte sich ab, doch Rodena hatte an ihrem Gesichtsausdruck gesehen, dass sie anderer Meinung war. Sie ärgerte sich darüber. Wieso dieses Gerede darüber, dass Ewan etwas Besonderes sei? Dass er zu irgendetwas Großartigem ausersehen war? Hatte Caja das etwa in ihren Träumen gesehen?
»Wieso hast du solch einen Narren an diesem Bauern gefressen, Caja?«
Doch Caja hantierte im Hintergrund der Kemenate in einer Wandnische herum, stellte Becher und Kannen zurecht und gab Rodena keine Antwort. Als sie sich ihr endlich wieder zuwandte, glitt der Blick ihrer kleinen, hellsichtigen Augen prüfend über Rodenas Gesicht.
»Was ist wirklich geschehen?«, wollte sie wissen.
»Nichts. Ich bin vom Pferd gefallen...«
Cajas schmaler Mund formte sich zu einem Grinsen.
Dann zog sie eine kleine Dose aus ihrem Ärmel und reichte sie Rodena.
»Das ist für deine Lippen. Sie sind wund und aufgesprungen.«
Rodena starrte der Alten nach, die mit kleinen, leichten Schritten aus der Kemenate ging. Dann leckte sie mit der Zunge über ihre Lippen und stellte fest, dass Caja recht hatte. Erschrocken tastete sie über ihr Gewand und berührte ihre Brustspitzen – sie waren heiß und empfindlich, auch gab es eine Stelle auf ihrer Bauchdecke, die noch ein wenig schmerzte. War dies alles geschehen, als sie sich auf Ewans Angreifer stürzte?
Ganz sicher nicht. Sie zitterte plötzlich und schlang die Arme um den Oberkörper, als müsse sie sich schützen. Es war kein Traum gewesen! Ewan hatte sie geküsst, ihr die Kleider genommen und ihren Körper mit wilden Zärtlichkeiten überschüttet.
Zuerst war sie empört. Welch eine Dreistigkeit, ihre Ohnmacht zu solch unzüchtigen Berührungen auszunutzen! Doch gleich darauf kehrte die Erinnerung an jene wundervollen, erregenden Augenblicke zurück, sie spürte wieder seine Hände, seinen kraftvollen, drängenden Körper, sie hörte seine leise, tiefe Stimme.
»Rodena! Fee des Sees. Nie sah ich solche Schönheit!«
Oh Gott! Also war er es gewesen, der sie am See beobachtet hatte. Die Erkenntnis ließ sie vor Entsetzen auf dem Lager zurücksinken, doch sie fuhr gleich darauf mit einem schmerzvollen Aufschrei wieder hoch, denn die Beule an ihrem Hinterkopf hatte Bekanntschaft mit der harten Bettkante gemacht.
Lange hockte sie steif auf ihrem Lager, starrte vor sich hin und wusste kaum, wie sie das Durcheinander ihrer Gefühle bewältigen sollte. Doch dann gewann eine einzige, glückliche Erkenntnis die Oberhand.
»Er findet mich nicht hässlich und dürr«, flüsterte sie leise vor sich hin. »Er begehrt mich. Obgleich er es nicht zugeben will, sehnt er sich nach mir.«
Ihr Herz hämmerte so heftig, dass ihr Kopf wieder zu schmerzen begann, doch sie achtete nicht darauf, denn in diesem Augenblick begriff sie, dass sie Ewan liebte.
Sie verbrachte eine unruhige Nacht, voller Kopfschmerzen und erregender Traumbilder. Am Morgen beschloss sie, eines ihrer langen Gewänder anzuziehen und das Haar offen zu tragen, denn sie wollte ihm gefallen, und so verbrachte sie eine Zeit lang vor dem Spiegel, um sich zurechtzumachen. Schließlich ging sie, das lange Haar fiel ihr in üppigen Wellen über die Schultern, und sie trug ihr schönstes, hellblaues Kleid, die Treppe in den Hof hinunter. Bogen und Pfeile hatte sie sich unter den Arm geklemmt.
Doch von ihrem Lehrer war keine Spur zu entdecken, und als sie
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