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Die Weimarer Republik

Die Weimarer Republik

Titel: Die Weimarer Republik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunther Mai
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die DNVP akzeptabel. Seine Mittlerrolle zwischen den sonst unversöhnlichen Parteien gestattete es ihm, 1923–1929 die innenpolitische rechte Mehrheit mit der außenpolitischen linken Mehrheit zu verknüpfen.
    Stresemann war ein Nationalist, für den die Revision des Versailler Vertrages oberste Priorität hatte. Er war aber Realist und Ökonom genug, um zu erkennen, dass in einer weltweit verflochtenen Industriegesellschaft die traditionellen Formen nationaler Machtpolitik überlebt waren, dass eine erfolgreiche Außenpolitik nicht mehr gegen die wirtschaftlichen Interessen und Verflechtungen betrieben werden konnte, dass die Kontrolle von Märkten wichtiger war als die Annexion von Land. Dass er der Überzeugung war, ein gleichberechtigtes Deutschland werde in einem offenen Staatensystem aufgrund seiner Wirtschaftsmacht eine «natürliche» Hegemonialposition einnehmen, darf man annehmen. Doch seine Politik, die zur Konferenz von Locarno führte, entsprang keiner planenden europäischen Perspektive, sondern war eine Defensivstrategie, die «Europa» als Vehikel nationaler Macht einzusetzen suchte,auch gegen die absehbare ökonomische Abhängigkeit von den USA.
    Für diese Konsolidierung musste das Reich einen Preis zahlen, wollte es Frankreich isolieren und Vertrauen bei den anderen Mächten aufbauen. Der Preis war der Dawes-Plan vom 9. April 1924. Der brachte erhebliche wirtschaftliche Vorteile für Deutschland, aber das Reich musste seine Verpflichtung zur Zahlung der Reparationen anerkennen und alliierte Kontrollen bei seiner Durchführung akzeptieren. Für die Rechte machte das den Plan zum «zweiten Versailles», doch lagen für Stresemann die politischen Vorteile klar auf der Hand: Eine multilaterale Regelung entzog die Reparationsfrage den Franzosen als Pressionsmittel; Deutschland war im Falle konjunktureller Einbrüche von der Zahlungsverpflichtung befreit, ohne Repressalien fürchten zu müssen; das Ruhrgebiet musste binnen eines Jahres geräumt werden. Stresemann war überzeugt, dass sich dieser Plan spätestens 1927 als undurchführbar und damit als revisionsbedürftig erweisen würde. Insofern gab es für ihn kein Zögern angesichts der Frage, ob das Reich die «ihm auferlegten Lasten und die Beschränkungen der wirtschaftlichen und finanziellen Freiheit höher schätzt als die politische Freiheit, die mit Hilfe dieser Leistungen erreicht werden soll. Letzten Endes geht es nicht um wirtschaftliche und finanzielle Fragen, sondern darum, ob wir die Einheit des Reiches wiederherstellen und damit für die Zukunft erhalten.»
    Der Dawes-Plan beruhte auf der Erkenntnis, dass eine Stabilisierung Europas ohne die Lösung der Reparationsfrage und ohne bzw. gegen Deutschland nicht möglich war. Dazu gehörte, dass die Interessengrundlage der jeweiligen Gegenseite akzeptiert wurde: von deutscher Seite die französischen Sicherheits- und Entschädigungsforderungen, von alliierter Seite der deutsche Wunsch nach Souveränität und Gleichberechtigung. Das eröffnete den Weg zur Konferenz von Locarno, wo im Oktober 1925 die europäischen Staaten über Wege zur Friedenssicherung berieten. Seine Strategie hat Stresemann in dem umstrittenen «Kronprinzen-Brief» vom 7. September 1925 dargelegt, der auch dem Ziel diente, über den Kronprinzen die DNVP zur Zustimmungzu gewinnen. Als Kernziele seiner Außenpolitik nannte Stresemann: die Lösung der Reparationsfrage «als Voraussetzung für eine Wiedererstarkung Deutschlands» und die Sicherung des allgemeinen Friedens in Europa; Schutz der 10–12 Mio. Auslandsdeutschen mithilfe des Völkerbundes; «Korrektur der Ostgrenzen», «die Wiedergewinnung von Danzig, vom polnischen Korridor und eine Korrektur der Grenze in Oberschlesien». Den Anschluss Österreichs betrachtete er mit Skepsis, auch weil der bayerisch-österreichisch-katholische wie der sozialistische Einfluss steigen würde. Den Revisionsverzicht im Westen nannte er einen «theoretischen», da «keine Möglichkeit eines Krieges gegen Frankreich besteht»; ebenso bedeute die Westbindung keinen Verzicht auf ein Optieren zwischen Ost und West, denn Optieren könne man nur, «wenn man eine militärische Macht hinter sich hat». Parität mit Frankreich sei in der Situation ein Gewinn. Insofern bedeute der Eintritt in den Völkerbund keine unwiderrufliche Bindung; er schütze vielmehr das Reich gegen Veränderungen des Status quo, bringe es in eine Vetoposition und hebe die französische Hegemonie auf.

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