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Die weise Frau

Die weise Frau

Titel: Die weise Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Januar.
    »Von Eurem Cousin Charles. Er sagt, es wird neue Gesetze gegen Bettelei geben«, las Alys.
    Lord Hugh nickte. »Laß das Stück aus«, sagte er. »Du kannst es mir später erzählen.«
    »Es ist der kälteste Winter seit Menschengedenken«, las Alys vor. »Die Themse ist zugefroren, so daß die Barken nicht fahren können. Die Bootsmänner leiden sehr, viele verhungern aus Mangel an Arbeit. Einige Boote sind im Eis eingeschlossen und werden langsam zerquetscht. Man überlegt, ob man einen Winterjahrmarkt abhalten sollte.«
    Lord Hugh winkte ab. »Lies mir das später vor«, sagte er. »Irgend etwas, was den Norden betrifft? Irgendwelche neuen Steuern?«
    Alys schüttelte den Kopf. »Er schreibt über den Unfall des Königs. Ein Sturz beim Turnier.«
    »Das hab ich schon gewußt. Sonst noch etwas?«
    »Er schlägt vor, daß Ihr schriftlich Euren Anspruch auf die Klosterländereien, die an Euer Gut grenzen, untermauert«, sagte Alys. Sie fühlte, wie ihre Lippen jedes Wort exakt formten, während sie an die breiten, fruchtbaren Felder zu beiden Seiten des Flusses dachte. Mutter Hildebrande war immer vor der Heuernte durch die Wiesen spaziert, hatte den betäubenden Duft der wildwachsenden Blumen, die im Gras wucherten, eingeatmet. An Sommerabenden reichte ihr Parfüm über den Fluß bis in die Gärten und die Zimmer, ja sogar in die Kapelle. Jetzt waren diese Ländereien Kriegsbeute — gegen Höchstgebot zu haben.
    »Er schreibt: ›Ihr und Hugo werdet sehr gelobt für die Waren, die Ihr nach Süden geschickt habt, und Euren loyalen Eifer. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um den König dazu zu bringen, Eure Mühe zu belohnen. Er hat auch ein offenes Ohr für Geldangebote für das Land, Pachtverträge oder Landtausch. Sie sagen, eine Pacht von drei Leben wird sich um ein Vielfaches bezahlt machen.‹«
    Der alte Lord nickte. »Pachtverträge auf einundzwanzig Jahre«, sagte er leise. Er schüttelte den Kopf. »Mir würde das reichen. Aber was ist mit Hugo? Sonst noch etwas?«
    Alys blätterte weiter. »Preise für Korn, Kohle und Rindfleisch«, sagte sie. »Preise für Pelze und Wein.«
    »Sonst noch etwas über den Norden?«
    »Nein«, erwiderte Alys. »Aber die Gesetze für Vagabunden werden Eure Ländereien betreffen.«
    Sie schwiegen einen Augenblick lang, der alte Lord starrte ins Feuer, als könnte er darin deutlich die nahenden Veränderungen sehen.
    »Dieser andere Brief«, sagte er plötzlich. »Übersetz ihn mir. Er ist vom Sekretär des Bischofs, und er schreibt immer in Latein. Lies ihn auf englisch vor.«
    Alys nahm das Papier und zog ihren Hocker an den Tisch. In diesem Brief beschrieb der Sekretär des Bischofs die Gründe und Auslöser für die Annullierung der Ehe von Lady Catherine und Lord Hugo. Alys merkte, wie ihr ganz heiß im Gesicht wurde. Sie sah den alten Lord an, der sie fragend musterte.
    »Ich kann das zänkische Weib hinauswerfen. Unfruchtbare Vettel. Sie wegschicken und Hugo befreien.« Ein breites Lächeln wie das seines Sohnes veränderte sein ernstes Gesicht. »Ich hab es geschafft! Ich habe Hugo befreit! Jetzt kriegt er eine dralle neue Frau mit einer fetten neuen Mitgift, und ich werde lange genug leben, um meinen Erben zu sehen.«
    Alys' Miene war alles andere als erfreut. »Ihr wißt es also noch nicht?«
    »Was denn?« fragte er, und seine Miene verdüsterte sich. »Raus damit, Mädchen. Du bist meine Quelle für Weibergetratsche. Du sollst mir doch alles, was du erfährst, sofort mitteilen.«
    »Sie erwartet ein Kind. Das ändert wohl alles.«
    Einen Augenblick schien es, als hätte er sie nicht verstanden. Dann strahlte er übers ganze Gesicht. »Ein Kind!« Seine Faust knallte auf den vergessenen, jetzt überflüssigen Brief. »Endlich schwanger!« Er warf den Kopf zurück und lachte. Alys beobachtete ihn mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Endlich schwanger!« sagte er noch einmal. Dann faßte er sich. »Ist das sicher? Hast du sie untersucht? Das ist doch keine List, oder, Alys? Glaubt sie, sie kann mit einem Trick ihre Haut noch über ein paar Monate retten?«
    Alys schüttelte den Kopf. »Sie ist schwanger. Ich habe sie untersucht. Und sie hat meine Verwandte, Morach, holen lassen. Sie soll bis zur Geburt bei uns bleiben. Sie sind sich gerade handelseinig geworden.«
    »Junge oder Mädchen?« fragte der alte Mann aufgeregt. »Sag's mir, Alys. Was denkst du? Junge oder Mädchen?«
    »Ich glaube, es wird ein Junge«, sagte Alys widerwillig.
    »Hat sie es Hugo

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